IHK Berlin

Berliner Konjunktur zwischen Hoffen und Bangen

Die Wirtschaft in der Hauptstadt wird in den kommenden Monaten voraussichtlich stagnieren oder allenfalls leicht wachsen. Das ergeben die Daten der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Berlin unter mehr als 500 repräsentativ ausgewählten Mitgliedsunternehmen. Demnach sorgen sinkende Energiepreise und wiederhergestellte Lieferketten zwar für Entspannung beispielsweise in der Industrie. Auf der anderen Seite bremsen die außen- und sicherheitspolitische Lage sowie die hohe Inflationsrate, steigende Zinsen und eine schwächelnde Nachfrage die Investitionsbereitschaft. Gleichzeitig steht die Berliner Wirtschaft nach Corona und Energiekrise weiter unter hohem Anpassungsdruck, der durch die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit in den Produktions- und Geschäftsprozessen noch erhöht wird. Im Ergebnis liegt der Berliner Konjunkturklima-Index, also das Mittel aus aktueller Lage und geschäftlichen Erwartungen, bei 112 Punkten und damit sieben Punkte unter dem Vorjahreswert.
Allerdings zeigt der Blick in die einzelnen Branchen auch Unterschiede, und zwar sowohl bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage als auch bei den Erwartungen. So verbessert sich in der Industrie der Lage-Indikator auf aktuell 26 Punkte, der beste Wert seit dem russischen Angriff auf die Ukraine (23 Punkte in 2022). Auch der Handel und vor allem das Gastgewerbe bewerten die aktuelle Lage mit 13 bzw. 26 Punkten deutlich besser als noch zu Jahresbeginn nach vier bzw. drei Punkten. Die hohen Zinsen dagegen machen z.B. den Finanzdienstleistern zu schaffen, sie bewerten die aktuelle Lage schlechter als noch zum Jahresbeginn.
Auch bei den Geschäftserwartungen finden sich Unterschiede zwischen den Branchen. Während die Industrie erstmals seit einem Jahr mit zwölf Punkten wieder im optimistischen Bereich ist – d.h. mehr Unternehmen rechnen mit einer guten als mit einer schlechteren Geschäftsentwicklung – haben sich die Erwartungen im Dienstleistungssektor eingetrübt. Dass es besser wird, glauben hier 17 Prozent, sieben Prozentpunkte weniger als zum Jahresbeginn.
Auch im Baugewerbe blicken die Unternehmen weiterhin mehrheitlich skeptisch in die Zukunft, hier liegt der Wert liegt bei minus 15. Allerdings rechnen weniger Unternehmen mit sich verschlechternden Geschäften als noch zu Jahresbeginn (minus 29).  Über alle Branchen hinweg sorgt dieses wechselhafte Konjunkturklima für eine eher vorsichtige Personalpolitik bei den Unternehmen. Zwar rechnen wie noch zu Jahresbeginn 28 Prozent der Befragten mit steigenden Beschäftigtenzahlen, doch nimmt die Zahl der Skeptiker zu. Gingen im Januar noch 14 Prozent der Unternehmen von sinkenden Beschäftigtenzahlen aus, sind es aktuell 17 Prozent.
Auch die Investitionsdynamik bleibt vergleichsweise schwach. Allein die Industrieunternehmen wollen ihre Investitionsdynamik steigern. Im Gastgewerbe bleibt der Indikator mit einem Rückgang von nur einem Punkt nahezu stabil. Im Handel fällt der Wert dagegen um fünf, bei den Dienstleistern um sechs Punkte.
Die Risikolage der Unternehmen bleibt angespannt. Zwar lassen die Sorgen bezüglich der Rohstoff- und insbesondere der Energiepreise zum Teil deutlich nach, sind aber längst nicht auf dem Vorkrisen-Niveau. Gleichzeitig steigen andere Risikoeinschätzungen wieder an. Hier werden vor allem die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und die Entwicklung der Arbeitskosten genannt. 
Sebastian Stietzel, Präsident der IHK Berlin:
„Die Berliner Wirtschaft hat sich - auch auf Grund seiner besonderen Wirtschaftsstruktur - in den Krisen der letzten Jahre als resilient erwiesen. Doch auch wenn Berlin im Bundesvergleich gut durch die schwierigen Zeiten gekommen ist, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass der permanente Anpassungsdruck an der Substanz vieler Unternehmen zehrt. Um an die Wachstumsraten der Vor-Krisenzeit anknüpfen zu können, ist es umso wichtiger, dass der neue Senat mit den richtigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen den Wirtschaftsstandort Berlin stärkt. Dazu gehören eine leistungsfähige Verwaltung, eine pragmatische Stadtentwicklung genauso wie eine Fachkräftepolitik, die Zuwanderung ermöglicht und Aus- und Weiterbildung fördert.“
Den ausführlichen Konjunkturbericht finden Sie auf unserer Webseite www.ihk.de/berlin/konjunktur