IHK Berlin

Corona-Umfrage der IHK: Zweiter Lockdown trifft die Betriebe hart

Die Berliner Wirtschaft ist im verschärften Krisenmodus: Jedes zweite Unternehmen kämpft mit geringer Nachfrage, jedes vierte sieht sich von Insolvenz bedroht. Zwei von drei Unternehmen erhalten inzwischen staatliche Unterstützungen oder planen diese zu beantragen. Mit der Dauer der Krise ist die Eigenkapitaldecke in der Hälfte der Unternehmen erheblich geschrumpft und vier von zehn Betrieben sehen sich mit Liquiditätsengpässen konfrontiert. Investitionsrückstellungen und Personalabbau sollen die Belastungen in den kommenden Monaten mindern. 
Der zweite Lockdown trifft die Berliner Wirtschaft nach mehr als einem halben Jahr Dauerkrise. Staatliche Unterstützung und die erhebliche Anpassungsleistung vieler Unternehmen haben die Konjunktur in den letzten Monaten stabilisiert. Doch zunehmend geht die Krise an die Substanz: 78 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, im laufenden Jahr einen Umsatzrückgang im zweistelligen Prozentbereich verzeichnen zu müssen. 
Mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes eingebüßt haben 59 Prozent der Unternehmen im Gastgewerbe, in der Reisewirtschaft sind es 92 Prozent. Im Einzelhandel leidet das stationäre Geschäft erheblich, jeder vierte Händler rechnet ebenfalls mit einem Umsatzrückgang von über 50 Prozent. Zwar entlasten staatliche Programme die Ausgabenseite der Unternehmen, doch angesichts monatelanger Umsatzeinbrüche kommt es in immer mehr Firmen zu Zahlungsschwierigkeiten: Im Gastgewerbe bei 53 Prozent der Unternehmen, in der Kreativ- und Kulturwirtschaft bei 45 Prozent, in Groß- und Einzelhandel bei 44 bzw. 41 Prozent. 
In der Not regiert immer öfter der Rotstift: Im Gastgewerbe planen sechs von zehn Unternehmen Personal abzubauen, im Großhandel jedes dritte und der Kreativwirtschaft jedes vierte. Drei von zehn Einzelhandelsunternehmen wollen sich von Mitarbeitern trennen, ebenso hoch ist der Anteil in der Industrie. Noch deutlicher werden die Investitionskosten gedrückt, über alle Branchen hinweg planen 50 bis 70 Prozent der Unternehmen Investitionen zu verschieben oder zu stornieren. Ausnahme ist das Baugewerbe, wo nur einer von drei Betrieben weniger investieren will – unter den gegebenen Umständen ein guter Wert.
Inzwischen sind 67 Prozent der Unternehmen gezwungen staatliche Unterstützung in der ein oder anderen Form zu beziehen oder demnächst zu beantragen. Im Gastgewerbe und dem verwandten Reisegewerbe sind es deutlich über 90 Prozent der Betriebe, in der Kultur- und Kreativwirtschaft 81 Prozent, im Verkehrsgerbe 70 und im Einzelhandel 56 Prozent. Allein im Baugewerbe und der Finanzwirtschaft liegen die Zahlen im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. Etwa die Hälfte der Unternehmen nutzt Maßnahmen wie das Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfen II; im Gastgewerbe werden 88 Prozent der Befragten die Novemberhilfe beantragen.
Die weiteren Erwartungen der Wirtschaft an die Politik sind klar: Jeder zweite Betrieb fordert weniger Belastung durch Bürokratie, jedes dritte Unternehmen die Ausweitung des Verlustrücktrags und ein weiteres Konjunkturprogramm. Vier von zehn Unternehmen benötigen weitere finanzielle Hilfen.  Einem Fünftel der Unternehmen ist es zudem wichtig, dass Behörden sich endlich digitalisieren.

Beatrice Kramm, Präsidentin der IHK Berlin
Je länger die Corona-Krise anhält, umso schwerer fällt es den Unternehmerinnen und Unternehmern, den Optimismus zu bewahren, dass sie diese Herausforderung bewältigen können. Die Planungssicherheit angesichts des sogenannten „Lockdowns light“ fehlt und so verwundert es kaum, dass über alle Branchen hinweg eine Mehrheit der Betriebe ihre Investitionen verschiebt oder gar storniert. Das ist verheerend für die Wachstumsdynamik und wird unweigerlich die Krisenbewältigung verlängern. Die Politik ist deshalb jetzt in mehrfacher Hinsicht in der Pflicht. Der Bund muss dafür sorgen, dass die versprochenen Novemberhilfen jetzt auch schnell bei den betroffenen Unternehmen ankommen. Sie warten seit mehr als drei Wochen darauf, überhaupt nur den Antrag stellen zu können. Mindestens ebenso wichtig es, über die Auflage eines Konjunkturprogramms nachzudenken. Wir dürfen nicht immer nur auf die nächsten Wochen gucken. In Berlin müssen zudem bürokratische Hemmnisse in den Verwaltungen abgebaut werden. Schon vor der Krise haben die Unternehmen regelmäßig die Verwaltungsorganisation in Berlin als Standortnachteil identifiziert. Jetzt rächt sich, dass hier in der Vergangenheit nicht entschieden genug die Modernisierung der Verwaltung durchgesetzt wurde. Das hilft nicht nur der Berliner Wirtschaft aus der Krise, sondern ganz Berlin.
 
Die detaillierte Auswertung der 5. Corona-Umfrage der IHK Berlin finden Sie unter 
www.ihk-berlin.de/wiz-aktuell