Funktionierende Stadtverwaltung
Eine leistungsfähige Verwaltung ist eines der Topthemen im politischen Berlin und essentiell dafür, dass die Berliner Wirtschaft ihr volles Potential entfalten kann. Die Verwaltungsmodernisierung wurde nach der Wiederholungswahl zur Chefsache erklärt und in der Senatskanzlei angesiedelt – und hat damit im Jahr 2024 endlich einigen Schwung erfahren. Der aktuelle Spardruck hinterlässt allerdings in vielen Bereichen Spuren – unter anderem bei der Verwaltungsdigitalisierung drohen drastische Einschnitte.
Fortschritte bei der Verwaltungsreform
Zum Jahresende 2024 erreichte die Politik einen Meilenstein des Reformprozesses. Auf seiner letzten Sitzung des Jahres beschloss der Senat in erster Lesung Entwürfe des neuen Landesorganisationsgesetzes (LOG) bzw. einer Berliner Verfassungsänderung. Beide Gesetze zielen auf die Leistungssteigerung der öffentlichen Verwaltung ab. Das LOG soll die undurchsichtigen Zuständigkeiten zwischen Landes- und Bezirksebene klären und das berüchtigte Behörden-Pingpong beenden, unter dem Berlinerinnen und Berliner sowie Unternehmen leiden. Ergänzend dazu soll eine Änderung der Landesverfassung die gesamtstädtischen Durchgriffsmöglichkeiten verbessern und gleichzeitig die Handlungsfähigkeit der Bezirke stärken – unter anderem durch die Einführung des Konnexitätsprinzips. Demnach muss das Land, weist es den Bezirken neue Aufgaben zu, auch die notwendigen Ressourcen zur Erledigung dieser Aufgaben zur Verfügung stellen.
Der IHK-Ausschuss „Funktionierende Stadtverwaltung“ und das Hauptamt haben den Reformprozess inhaltlich begleitet und den intensiven Austausch mit Politik und Verwaltung fortgesetzt. Außerdem erarbeitete der Ausschuss ein Positions- und Maßnahmenpapier zum Bürokratieabbau, um das Thema auf Landesebene zu beleben. Unter anderem fordert die Wirtschaft darin, untergesetzliche Regelungen zeitlich zu befristen, die Einrichtung eines Landesnormenkontrollrats zu prüfen und neue Gesetzgebungsprozesse standardmäßig mit einem Bürokratie-Check zu verbinden.
Gemeinsam mit den Senatsfachabteilungen haben wir unsere Begleitung laufender Digitalisierungsprojekte für unternehmensrelevante Verfahren in der Verwaltung fortgesetzt. Mit Blick auf neue und digitale Verfahren, z. B. in der Bearbeitung von Genehmigungsanträgen, haben wir die wirtschaftliche Nutzerperspektive eingebracht und mögliche Fokusgruppen aus ausgewählten Unternehmen festgelegt, um die Praxisorientierung weiter zu steigern.
Innovationsfördernde Vergabe mit Luft nach oben
Mit dem Ziel, die öffentliche Beschaffungs- und Vergabepraxis auch für den innovativen Mittelstand und Start-ups zu öffnen, hat die IHK den Austausch mit der operativen Führungsebene der Verwaltung intensiviert. Im Rahmen von zwei Workshops haben wir mit Unterstützung von erfahrenen Unternehmen die Anforderungen und Erwartungen der Wirtschaft an eine bürokratiearme, wirtschaftsfreundliche und innovationsfördernde Vergabe in die Diskussion mit Vertretern zentraler Vergabestellen eingebracht. Darüber hinaus haben wir die Erstellung des neuen Vergabeberichts des Landes inhaltlich begleitet und gemeinsam mit Unternehmen die kritische Sichtweise der Wirtschaft auf Basis ihrer praktischen Erfahrungen in Fokusinterviews dargelegt.
IHK lädt zu erstem „Berliner Open Source Tag“ ein
Unter dem Motto „Gemeinsam digital & souverän“ loteten im Juni 2024 knapp 120 Gäste aus Verwaltung und Wirtschaft beim ersten „Berliner Open Source Tag“ im Ludwig Erhard Haus die Chancen quelloffener Software für die Verwaltungs-IT von Berlin aus. Mit Vorträgen der Technologiestiftung, dem IT-Dienstleistungszentrum Berlin (ITDZ), der Open Source Business Alliance sowie mit Best-Practice-Beispielen zu Einsatzfeldern von Open Source aus anderen Bundesländern bot das ganztägige Programm den Teilnehmern und Teilnehmerinnen einen Überblick und verdeutlichte eindrucksvoll, was mit Open Source bereits alles möglich ist. Zugleich wurden Impulse für die landeseigene Open-Source-Strategie gesetzt, die der Senat entwickeln und damit die digitale Souveränität in der Berliner Landes-IT stärken will.
Haushaltseinsparungen belasten Standort
Im Jahr 2024 hat die IHK die Diskussion um den Berliner Landeshaushalt kritisch verfolgt und sich aktiv für standortrelevante Investitionen eingesetzt. Die monatelang undefinierten Sparvorgaben und die intransparente Diskussion über deren Auflösung sorgten für enorme Unsicherheit bei Unternehmen, sozialen Trägern und dem Innovationsökosystem. Mit Blick auf die letztlich beschlossenen Sparmaßnahmen kritisierte die IHK Kürzungen bei Investitionen in Verkehr, Wissenschaft, Digitalisierung und Wirtschaftsförderung. Für den Doppelhaushalt 2026/27 fordert die IHK eine klare Priorisierung standortrelevanter und zukunftsorientierter Investitionen, den Verzicht auf pauschale undefinierte Sparauflagen sowie Anreize für privatwirtschaftliche Investitionen, zum Beispiel im Bausektor, anstatt landeseigene Unternehmen durch zusätzliche Verschuldung weiter zu belasten.
Eckpunkte der neuen Grundsteuer beschlossen
Alle Berliner Unternehmen zahlen – direkt als Eigentümer oder indirekt als Mieter – Grundsteuer und sind somit von der Grundsteuerreform betroffen. Nach der Hauptfeststellung wurden im Jahr 2024 die Eckwerte für die neue, im Jahr 2025 in Kraft tretende Grundsteuer bekannt gegeben. Die IHK Berlin hatte sich im Vorfeld für eine aufkommens- und belastungsneutrale Umsetzung der Reform eingesetzt und fordert zudem eine Ausweitung der Härtefallregelung für gewerblich genutzte Grundstücke.