Jahresbericht 2023

Funktionierende Stadtverwaltung

Der Wirtschaftsstandort Berlin hat viele Facetten – von der Stadtentwicklung zur Mobilität, hin zu Bildung und Nachhaltigkeit. Um in allen das volle Potenzial abzurufen, müssen die Grundlagen stimmen. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Verwaltung, deren Reform auch der neue Senat beschlossen hat. Ebenso wichtig ist ein klug ausgestalteter Doppelhaushalt, der an den richtigen Stellen angemessene Investitionsspielräume ermöglicht. Investitionspolitik hört nicht bei Geld auf, sondern geht bei öffentlicher Vergabe weiter, die endlich als Innovationsinstrument und Hebel gegen den Investitionsstau verstanden werden muss.

Neuer Anlauf zur Verwaltungsreform

Eines der ältesten und schwierigsten Themen landete auch beim neuen Senat auf der To-do-Liste – die Reform der Berliner Verwaltung. Nachdem das Thema im Wahlkampf Hochkonjunktur hatte, ließ der Regierende Bürgermeister Kai Wegner Taten folgen und machte die Verwaltung zur „Chefsache“ für die in der Senatskanzlei die neue Staatssekretärin und Chief Digital Officer (CDO), Martina Klement, zuständig ist. Wie bei den Reformeckpunkten des Vorgängersenats hat sich die IHK Berlin auch in die Schwerpunktsetzung des neuen Reformplans eingebracht. Ein regelmäßiger Jour Fixe zwischen IHK-Präsident und CDO wurde etabliert, um den konstruktiven Austausch zu vertiefen und zu verstetigen. 
Auch der IHK-Ausschuss Funktionierende Stadtverwaltung hat den intensiven Austausch mit Abgeordnetenhaus und Senat gesucht, um die Erfahrungen und Anregungen der Wirtschaft mit Blick auf die Performance der Verwaltung zu diskutieren. Dabei standen sowohl Fragen zum „Behörden-Pingpong“ als auch zur Digitalisierung, zur Personalgewinnung sowie zur innovativen öffentlichen Beschaffung im Fokus. 
Gemeinsam mit den Fachabteilungen der Senatsverwaltungen haben wir außerdem unsere Begleitung laufender Digitalisierungsprojekte für unternehmensrelevante Fachverfahren in der Verwaltung fortgesetzt. Mit Blick auf neue und digitale Verfahren, z.B. in der Bearbeitung von Genehmigungsanträgen oder der Gestaltung von Beratungsterminen, haben wir die wirtschaftliche Nutzerperspektive eingebracht und mögliche Fokusgruppen aus ausgewählten Unternehmen vereinbart, um diese Praxisorientierung weiter zu steigern.

Öffentliche Vergabe als Innovationstreiber in Stadt und Verwaltung 

Beim letzten „Stadtgespräch Mittelstand – Auf ein Wort mit dem IHK-Präsidenten“ vor der Wiederholungswahl in Berlin diskutierten der damalige Wirtschaftssenator, Stephan Schwarz, und der erste CDO der Stadt, Dr. Ralf Kleindiek, mit ausgewählten Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Vertretern der Verwaltung über die Modernisierung der Beschaffungs- und Vergabepraxis des Landes. Man war sich einig, dass es Aufgabe der Politik sei, einen Mentalitätswechsel in der Beschaffungspolitik zugunsten innovativer Lösungsangebote aus der Wirtschaft auf den Weg zu bringen und der Verwaltung zur Umsetzung die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Ziel muss es sein, mehr junge und innovative Unternehmen für Aufträge der öffentlichen Hand zu interessieren, damit die Stadt und Verwaltung von der Innovationskraft der Wirtschaft profitieren können. Als unmittelbares Ergebnis des Stadtgesprächs haben die Politiker ein Schreiben an alle Vergabestellen auf Landes- und Bezirksebene aufgesetzt, das für den verstärkten Einsatz von innovativen Vergabeverfahren wirbt.
Darüber hinaus hat die IHK Berlin in Kooperation mit dem CityLAB einen Workshop unter Beteiligung von vergabeerfahrenen Unternehmen sowie Vertreterinnen und Vertretern mehrerer Vergabestellen organisiert. Der Austausch bezog sich konkret auf qualitative Kriterien des Ausschreibungsprozess, wie die Leistungsbeschreibung oder die in der Regel hohe Gewichtung des Anschaffungspreises zu Lasten von Qualität und Nachhaltigkeit. Die Teilnehmer sprachen sich für regelmäßige Austauschformate zwischen Wirtschaft und Verwaltung aus, um das gegenseitiges Verständnis zu fördern und das Know-how der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter im Hinblick auf Markt- und Technologieentwicklungen zu heben. Ein Serviceteam Innovative Beschaffung, wie es der IHK-Businessplanes Funktionierende Stadt (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 545 KB)  empfiehlt, erachten die Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung als sinnvolle Anlaufstelle für die flankierende Unterstützung bei anspruchsvollen Beschaffungen mit Fokus auf Qualität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Auch hier ist nun die Berliner Landespolitik am Zuge.

Verabschiedung des Berliner Doppelhaushalts 2024/25

Das zweite Halbjahr 2023 stand im Zeichen der Verhandlungen zum Berliner Doppelhaushalt für die Jahre 2024 und 2025. Der neue Berliner Senat stellte damit seinen ersten Doppelhaushalt und daraus abgeleitete Maßnahmen für die kommenden beiden Jahre zur Diskussion. Angesichts multipler Krisen, einem Umfeld anhaltender Inflation und steigender Zinsen sowie eingetrübter Konjunkturprognosen standen Senat und Abgeordnetenhaus vor der großen Herausforderung, mit dem neuen Doppelhaushalt eine Balance zwischen Zukunftsinvestitionen und nachhaltiger Haushaltsführung zu finden.
Die IHK Berlin begleitete die Haushaltsberatungen im Interesse der Wirtschaft und setzte sich in Gesprächen mit der Politik sowie medial für standort- und damit zukunftsrelevante Investitionen, vor allem in die Bildung als Zukunftsmotor der Stadt ein, für die adäquate Ausstattung der Verwaltung und in eine Infrastruktur, die den Bedürfnissen einer Metropole gerecht wird. 
Positive Maßnahmen des im Dezember 2023 verabschiedeten Haushalts, für die sich die IHK im Zuge der Haushaltsberatungen eingesetzt hat, waren u. a. die personelle Aufstockung des Landesamtes für Einwanderung und der Aufbau eines digitalen Bürgeramtes. Angesichts der enormen Sparvorgaben, die der Haushalt für die Jahre 2024 und 2025 mit sich bringt, ist aber auch klar, dass „Berlin lernen muss, mit weniger Geld besser zu funktionieren“, wie Finanzsenator Evers zur Verabschiedung des Doppelhaushalts im Dezember verkündete.