IHK Berlin
Funktionierende Stadtverwaltung
Die politische Aufmerksamkeit für die Berliner Verwaltungsmodernisierung war im Jahr 2022 zunächst gering. Zwar waren die Coronamaßnahmen weitgehend aufgehoben worden, doch die Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine beanspruchten auch in Berlin erhebliche politische Kapazitäten, so dass andere Themen zurückstanden. Die IHK hat sich dafür eingesetzt, die Verwaltungsreform auf der politischen Agenda zu halten und hat die im zweiten Halbjahr einsetzende politische Dynamik engmaschig begleitet.
- Ein „Businessplan“ für Berlin
- CDO zu Gast im IHK-Stadtgespräch
- Verwaltungsreform – diesmal wirklich!?
- Wirtschaftskonferenz in der Hauptstadtregion
- Haushaltsberatungen politisch und medial begleitet
- Finanzsenator zu Gast beim Wirtschaftspolitischen Frühstück
- Umsetzung der Grundsteuer-Reform hat begonnen
Ein „Businessplan“ für Berlin
Das Expertenteam „Funktionierende Stadt“, eine Initiative des IHK-Präsidiums, bündelte als temporäres Gremium Kompetenzen aus verschiedenen Bereichen der Stadtgesellschaft, um die erforderliche Weiterentwicklung der Berliner Verwaltung zu einem leistungsstarken Partner von Wirtschaft und Bürgern mit konkreten Produkt- und Umsetzungsvorschlägen zu beschleunigen. In diesem Kontext hat das Expertenteam im Frühjahr 2022 den Businessplan „Funktionierende Stadt“ (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 545 KB) entwickelt.
Orientiert an der klassischen Struktur eines Businessplans, lag der Fokus nicht auf der Problembeschreibung, sondern auf konkreten Bedarfen und „Produkten“ sowie den für die Umsetzung erforderlichen Ressourcen, Stakeholdern und Operationalisierungsschritten. Der Businessplan schlägt Produkte aus den Bereichen Strukturoptimierung, Digitalisierung und Personal vor, die möglichst kurzfristig realisierbar sind und einen starken Effekt auf die Leistungs- und Innovationsfähigkeit der Verwaltung entfalten können.
Konkret vorgeschlagen wird:
- eine „Ressortübergreifende Flex Force“ für temporäre Beratung und Umsetzungsunterstützung bei Großvorhaben und besonderen ressortübergreifenden Projekten,
- ein „Digitales Bürgeramt“ als Innovationszentrum für die medienbruchfreie Gestaltung von Fachverfahren,
- ein „Serviceteam innovative Beschaffung“ für die beratende Begleitung von komplexen Beschaffungsvorhaben,
- die Abschaffung überholter Vergütungsstrukturen sowie Einstellungs- und Laufbahnkriterien, damit Berlin wieder attraktiver Arbeitgeber wird, und
- die Entschärfung von Kapazitätsengpässen, indem externe Ressourcen intensiver genutzt werden.
Mittelfristig können Vorschläge im Rahmen einer Fortschreibung des Businessplans um weitere Modernisierungsvorschläge bzw. Produkte ergänzt und erweitert werden. Unser gemeinsamer Anspruch ist es, konkrete Umsetzungsszenarien für die Lösung lange bekannter Defizite Berlins im Hinblick auf die grundlegende Funktionsfähigkeit der Stadt anzubieten und unter Mitwirkung der Wirtschaft die erforderlichen Stakeholder für die Realisierung des Plans zu gewinnen und auf ein gemeinsames Ziel und Vorgehen auszurichten.
CDO zu Gast im IHK-Stadtgespräch
Rund sechs Monate nach Amtsantritt war der Inhaber der neu geschaffenen Chief-Digital-Officer-Position zu Gast im „Stadtgespräch Mittelstand – Auf ein Wort mit dem IHK-Präsidenten“. In seiner Verantwortung für die gesamte Verwaltungsmodernisierung sowie den darüberhinausgehenden Digitalisierungsfortschritt in Berlin stellte sich Dr. Ralf Kleindiek den Fragen der anwesenden Unternehmer und Unternehmerinnen. Diese nutzten den Austausch, um ihre Forderungen bezüglich einer zügigen Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Serviceorientierung der Verwaltung direkt zu platzieren. Damit einhergehend wurde auch die Notwendigkeit betont, die Beschaffungs- und Vergabepraxis des Landes besser auf kleine und mittlere Unternehmen mit Fokus auf qualitativ hochwertige, innovative Produkte auszurichten, damit die Stadt auch von den Vergaben profitieren könne.
Verwaltungsreform – diesmal wirklich!?
Der im Herbst 2022 vom Chief Digital Officer des Senats (CDO) gestartete Prozess zur Entwicklung konkreter Eckpunkte der Verwaltungsreform wurde von Anfang an eng von der IHK begleitet. Im Fokus unseres Inputs standen zum einen Forderungen nach einer serviceorientierten, schlanken und digitalen Verwaltung. Zum anderen haben wir alle Beteiligten aufgerufen, sich ihrer Verantwortung für die Berliner Verwaltungsreform bewusst zu werden und Reformerfolge vor Parteipolitik zu stellen. Bei keinem Thema warten Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft so lange auf Verbesserung wie bei der Performance der Verwaltung. Wir haben daran mitgewirkt, ein Zeitfenster festzulegen, damit sowohl die gesetzlichen als auch die verfassungsrechtlichen Stellschrauben angezogen werden. Berlin braucht klare Zuständigkeiten zwischen Senat und Bezirken, die Stärkung beider Verwaltungsebenen sowie Antworten auf Personalengpässe und Digitalisierungsbedarf. Wichtige Instrumente liegen nun auf dem Tisch, und wir werden ihren Einsatz weiterhin einfordern und begleiten.
Wirtschaftskonferenz in der Hauptstadtregion
Zusammen mit der Regierenden Bürgermeisterin von Berlin Franziska Giffey, dem Ministerpräsidenten von Brandenburg Dietmar Woidke, dem Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach und Berlins Wirtschaftsstaatssekretär Michael Biel eröffneten die Präsidenten der IHK Berlin und IHK Ostbrandenburg die Veranstaltungsreihe „Wirtschaftskonferenzen der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg“. Nachdem beide Länder durch die Krisen der letzten Jahre eng beisammenstehen und ihre Schritte miteinander abwägen mussten, steht jetzt die Fortsetzung der engen Zusammenarbeit für den Erfolg der gesamten Region, auch jenseits der Krisen, im Fokus. Von Seiten der Landesspitzen wurde einstimmig die bereits gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern betont. Die Verantwortlichen aus den Wirtschaftsverwaltungen hoben dabei deutlich die bereits vorhandene Nähe zwischen den Verwaltungen bevor. Um über die persönliche Ebene hinaus eine strukturell dauerhafte Zusammenarbeit zu schaffen, fordern die vier Kammern aus Berlin und Brandenburg die Einrichtung eines Metropolraummanagements.
Zum Abschluss der Veranstaltung erarbeiteten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in drei Workshops Ideen für die Weiterentwicklung der Region. Themenschwerpunkte waren die Nachhaltigkeitsstrategien in Berlin und Brandenburg, die Pläne zur Innovationsachse Berlin-Lausitz und die Wirtschaftsförderung in der Hauptstadtregion.
Haushaltsberatungen politisch und medial begleitet
Das erste Halbjahr 2022 stand im Zeichen der Verhandlungen zum Berliner Doppelhaushalt für die Jahre 2022/23. Die IHK Berlin hat die Aufstellung des neuen Haushalts im Interesse der Wirtschaft fachlich, politisch und medial begleitet, um zentrale Anliegen der Wirtschaft im Haushalt zu verankern und ein „Sparen an der falschen Stelle" zu vermeiden.
Besonderes Augenmerk bei der Bewertung des neuen Etats lag auf den Themen Arbeitsmarkt und Fachkräfte, Ausbildung, Digitalisierung und Verwaltung, Schule und Kita, Stadtentwicklung, Verkehr sowie Wissenschaft und Innovation.
Positive Schwerpunkte des im Juni 2022 verabschiedeten Haushalts, für die sich die IHK im Zuge der Haushaltsberatungen eingesetzt hat, waren u. a. der Neustart der Digitalprämie, die Beibehaltung des Verfügungsfonds für Schulen, die Stärkung des Landesamtes für Einwanderung sowie die Budgetaufstockung für die Berliner Hochschulen, der soziale Wohnungsbau und der ÖPNV.
Finanzsenator zu Gast beim Wirtschaftspolitischen Frühstück
Rund acht Monate nach seinem Amtsantritt war Daniel Wesener, erster grüner Finanzsenator der Hauptstadt, Ende August 2022 zu Gast beim Wirtschaftspolitischen Frühstück der IHK Berlin. Dort diskutierte er mit dem Hauptgeschäftsführer und rund 130 Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus der Wirtschaft über die aktuellen Herausforderungen der Finanzpolitik in Zeiten multipler Krisen.
Die Diskussion machte deutlich, dass der Druck auf den Landeshaushalt hoch ist: Die Coronapandemie, der Ukraine-Krieg sowie die Klimakrise haben zu einem Rekordhoch an Schulden, einer Kostenexplosion auf der Ausgabenseite und einem massiven Finanzierungsbedarf für die nachhaltige Transformation der Stadt geführt.
Finanzsenator Wesener unterstrich, dass er diesen Herausforderungen mit dem Grundsatz „Transformieren und Priorisieren" begegnen will. Er verwies dabei wiederholt auf den steigenden Anteil der Investitionen am Haushalt und die positive Entwicklung des Personalwachstums im öffentlichen Dienst. Zudem versprach er den anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmern, die Vergabe von Steuernummern zu beschleunigen.
Umsetzung der Grundsteuer-Reform hat begonnen
Berlin hat sich bei der Reform der Grundsteuer für die Anwendung des wertorientierten Bundesmodells entschieden. Im Jahr 2022 ging die Reform mit dem Beginn der Hauptfeststellung in die nächste Runde. Die IHK Berlin begleitete die Vorbereitungen zur Hauptfeststellung im Interesse der Berliner Wirtschaft und wies bereits im Vorfeld darauf hin, dass die Reform weder zu indirekten Steuererhöhungen noch zu einer systematischen Lastenverschiebung hin zu Geschäftsgrundstücken führen darf. Auch machte sich die IHK-Organisation für eine Verlängerung der Abgabefrist stark.
Um Mitgliedsunternehmen frühzeitig über die anstehende Hauptfeststellung zu informieren, führte die IHK Berlin in Zusammenarbeit mit der Berliner Senatsverwaltung für Finanzen bereits im Frühjahr eine digitale Informationsveranstaltung durch, an der rund 1.000 interessierte Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft teilnahmen. Dabei wurde über die nächsten Schritte der Reform informiert sowie auf Fragen der Wirtschaft eingegangen.