Agenda

Wasser trägt die Wirtschaft

Die Grundwasserressourcen nehmen ab, während die Bedarfe steigen – eine aktuelle Umfrage der IHKs in der Metropolregion zeigt die Handlungsfelder auf.
Die Metropolregion Berlin-Brandenburg erlebt den fünften Dürre-Sommer in Folge. Umweltsenatorin Manja Schreiner kündigte Anfang Juni 2023 eine mögliche Rationierung des Wasserverbrauchs an, sollte zukünftig anhaltende Trockenheit zu einer Wasserknappheit führen. Die Ressource Wasser und der damit verbundene effiziente Umgang werden nicht nur durch die zunehmenden Wetter-extreme, sondern auch durch das Bevölkerungswachstum und den Strukturwandel in der Lausitz für die Metropolregion Berlin-Brandenburg immer bedeutsamer. In Zeiten steigender Wasserbedarfe und abnehmender Grundwasserressourcen ist daher die Versorgungssicherheit eine wichtige Grundlage für die wirtschaftliche Zukunft Berlin-Brandenburgs.
Um den Wirtschaftsstandort der Metropolregion zu sichern und zu stärken, müssen negative Auswirkungen klimatischer und struktureller Veränderungen auf die Wirtschaft so gering wie möglich gehalten werden. Die Industrie- und Handelskammern Berlin und Brandenburgs haben sich deshalb zusammengeschlossen, um gegenüber der Politik stärker auf die Bedarfe und Herausforderungen der Wirtschaft aufmerksam zu machen und Unternehmen für das Thema mehr zu sensibilisieren.
Am 28. Juni tauschten sich die vier Kammern aus Berlin, Potsdam, Cottbus und Ostbrandenburg daher gemeinsam mit zehn parlamentarischen Abgeordneten und neun Unternehmensvertretern aus. Während einer Bootsfahrt auf der Spree diskutierten sie die aktuelle wasserwirtschaftliche Lage. Angesprochen wurden vorhandene Ungewissheiten und mögliche Konfliktsituationen, für die es Lösungen zu finden gilt.
Vorgestellt wurde zum einen das Forderungspapier, das Handlungsfelder für die Politik aufschließt, um negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Standort abzuwenden. Nach Ansicht der Unternehmerschaft muss die Ressource Wasser als Wirtschaftsfaktor begriffen, länderübergreifende Trägerstrukturen etabliert und Entwicklungen vor Ort stärker gefördert werden.
Sebastian Stietzel, Präsident der IHK Berlin, erklärt: „Wir dürfen die Herausforderungen einer zuverlässigen Sicherstellung der Wasserversorgung nicht unterschätzen. Viele halten es leider für eine Selbstverständlichkeit, dass immer ausreichend Wasser zur Verfügung steht. Dabei müssen wir jetzt handeln, damit wir auch übermorgen genügend Wasser haben.“ Wie Stietzel auch betont, seien hierfür länderübergreifende Trägerstrukturen zwingend notwendig, die eng verzahnt Lösungsansätze für komplexe Verfahren entwickeln. „Dazu braucht es neben einem ganzheitlichen Denkansatz auch finanzielle und personelle Ressourcen“, so der Präsident.
Laut der länderübergreifenden IHK-Umfrage unter rund 1.700 Betrieben sind vor allem das Tourismusgewerbe und wasserintensive Industrien auf eine ausreichende Menge und Güte von Wasser angewiesen. „Für 90 Prozent der Unternehmen im Berlin-Brandenburger Gastgewerbe hat die Ressource Wasser als Standortfaktor eine hohe Bedeutung für ihren Geschäftsbetrieb, danach folgt die Industrie mit 36 Prozent. Trinkwasserversorgung und wirtschaftliche Wassernutzungen dürfen demnach nicht gegeneinander ausgespielt werden“, so Jens Warnken, Präsident der IHK Cottbus, federführend für die brandenburgischen Industrie- und Handelskammern.
Deutlich wird in der Unternehmensbefragung auch, dass es eine stärkere Sensibilisierung und Investitionsförderung fürs Wassersparen braucht sowie mehr Austausch und Vernetzung mit der Wissenschaft und in der Unternehmerschaft selbst. Mehr als ein Drittel der Befragten bindet die Mitarbeitenden bereits aktiv in Wassersparmaßnahmen ein. Ein Viertel hat bereits Optimierungen bei Heizung, Sanitär und Klima vorgenommen, 21 Prozent planen dies noch. Weniger Potenzial gibt es laut Unternehmensangaben bei der Optimierung von Produktionsprozessen (sieben Prozent).
In einer gemeinsamen Umfrage der IHKs und des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) bei 78 Wasserversorgern in der Metropolregion mit einer Rückmeldequote von 50 Prozent zeigt sich, dass es dringenden Handlungsbedarf bei der Vorhaltung ausreichender Wasserrechte gibt. Über die Hälfte der befragten Wasserversorger hält sie für derzeit unzureichend. 43 Prozent schöpfen sie bereits über die kritische Grenze von 80 Prozent hinaus aus.
Als größte Unsicherheit wird eine ungenügende Datengrundlage bei der künftigen Wirtschaftsentwicklung aufgeführt. Für 69 Prozent ist es wichtig, jetzt mit Politik und Verwaltung Konzepte zum Umgang mit anstehenden Wassernutzungskonflikten zu erarbeiten. Eine frühzeitige Einbindung der Wasserverbände bei Ansiedlungsplänen ist nach Ansicht der Wasserversorger daher dringend notwendig.
von Larissa Scheu