Sound für das Sphere

Auch Wochen nach dem großen Event ist Roman Sick, Geschäftsführer der Holoplot GmbH, die Euphorie noch anzumerken. Am 29. September 2023 eröffnete in Las Vegas mit „Sphere at The Venetian Resort“ eine Eventarena der Superlative. Rund zwei Milliarden US-Dollar investierte der Entertainment-Konzern Madison Square Garden Company (MSG) in das weltgrößte kugelförmige Gebäude, das die irische Band U2 eröffnete. Dass die 18.000 Zuschauer das Konzert nicht nur auf einer superhochauflösenden LED-Anzeige von der Größe zweier Fußballfelder, sondern auch mit einem einzigartigen Sound erleben konnten, daran war auch das Berliner Unternehmen mit Sitz und Produktionsstätten in Tempelhof beteiligt.

Was Holoplot mit seiner 3D-Akustik geleistet hat, adelte das renommierte Musikmagazin „Rolling Stone“ mit einer Kritik, die besser nicht hätte sein können. „Und der Sound war nicht der schlammige, akustische Angriff, den man normalerweise bei einem Arena- oder Stadionkonzert bekommt. Er ist klar, knackig und makellos, sodass Ohrstöpsel völlig unnötig sind. Wie angekündigt, war dies ein Quantensprung nach vorne für Konzerte.“

Sieben Jahre hat Sick gebraucht, um Bedenken von Außenstehenden aus dem Weg zu räumen. Auch er selbst war sich seiner Sache keinesfalls sicher. „Als ich 2016 mit einer Handvoll, ehrlich gesagt, verrückter Ingenieure in einer stinkenden alten Militärkaserne außerhalb Berlins saß und auf eine Holzkiste mit Gaffer-Klebeband auf der Rückseite schaute, hatte ich sicherlich Momente des Zweifels. Ein Erfolg war eher unwahrscheinlich als wahrscheinlich“, erzählt Sick. Heute kann der 36-Jährige seinen Kundinnen und Kunden ein einmaliges Hörerlebnis anbieten, das Kopfhörerqualität für jeden Zuschauer verspricht.

In Las Vegas verbaute Holoplot in der Decke hinter dem LED-Bildschirm dafür mehr als 1.500 Lautsprechermodule. Ein Modul besteht aus mehreren Lautsprechern, Treiber genannt. Insgesamt wurden 167.000 Treiber installiert. „Ein von uns entwickelter Algorithmus berechnet die perfekte Schallwellenform, sodass der Schall nur dort ankommt, wo er soll, aber dann gleichmäßig ohne großen Lautstärkenverlust für alle Zuhörer“, erklärt Sick.

Vor der Premiere im US-Bundesstaat Nevada hatte Holoplot bereits bei diversen Kunden demonstriert, welches Potenzial in der Technologie steckt. Angefangen von der Deutschen Bahn, deren Ansagen an den Gleisen via Lautsprecher genau die Fahrgäste erreichten, für die die Information relevant war. Die akustischen Einsätze sind vielseitig: In London läuft aktuell in einem umgebauten Theater ein Projekt namens „Lightroom“, in dem der britische Künstler David Hockney Kunstwerke virtuell inszeniert. Von Dezember 2023 bis April 2024 folgt das Programm „The Moonwalkers: A Journey with Tom Hanks“, Hommage an den Film-Klassiker „Apollo 13“ mit dem Schauspieler in der Hauptrolle.

Neben den USA ist der Mittlere Osten aktuell der wichtigste Markt. In Kairo stattete Holoplot die größte Moschee Afrikas aus. Das Projekt, das Mitarbeitende mit guten Kontakten in Nahost akquirierten, hatte es in sich: Der 10.000 Quadratmeter große Raum besteht komplett aus Marmor und ist damit sehr hallend. Die Lautsprecher wurden unsichtbar verbaut. Die Sprachqualität habe sich gegenüber früher um 50 Prozent verbessert, während Kosten für Integration und Raumakustik gesenkt wurden, so Sick.

„In den unterschiedlichen Marktsegmenten versuchen wir immer, mit dem stärksten Marktteilnehmer zusammenzuarbeiten, um nach dem erfolgreichen Einstieg in die Breite zu gehen, bis eines Tages zur Stadthalle in Kleinweilersheim“, beschreibt Sick seine Vertriebsstrategie. „Zuletzt hatten wir auch Aufträge in Spanien, und künftig werden Asien und Deutschland wichtiger.“ In Marbella etwa sorgten die Produkte bei einem mehrmonatigen Outdoor-Festival mit internatio-nalen Stars für den optimalen Sound.

„Mit der gelungenen Premiere in Las Vegas haben wir die nächste Stufe des Entertainments gezündet. Ähnliche Konzepte werden folgen“, ist Sick überzeugt. Aktuell führe man zahlreiche Gespräche auch mit Betreibern traditioneller Event-Locations. MSG, die an Holoplot beteiligt sind, plane zudem weitere Arenen nach dem amerikanischen Vorbild, unter anderem in London, wo bereits ein Grundstück erworben wurde. Das Unternehmen, das heute rund 140 Mitarbeitende beschäftigt und laut „Handelsblatt“ im Jahr 2023 mit mehr als 30 Millionen Euro Umsatz rechnet, hatte Sick 2016 mit vier Beschäftigten kurz vor der drohenden Insolvenz übernommen.

Die zwei Menschen, die von Anfang an die Holoplot-Story unterstützt und an deren Erfolg geglaubt haben, saßen am 29. September neben Sick im Sphere in Las Vegas: seine Eltern.

Von Eli Hamacher