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Klares Nein ­zu Antisemitismus

Zeichen setzen: In einer gemeinsamen Veranstaltung von IHK und Deutsch-Israelischer Gesellschaft bekräftigte die Wirtschaft ihre Solidarität mit Israel.
Seit dem Terroranschlag der Hamas auf Israel hat auch in Berlin der Antisemitismus spürbar zugenommen. Schmierereien auf dem Schaufenster, gezielt in die Timeline der Social-Media-Kanäle gespülte Hasspropaganda, Angst, die Kinder in die Schule zu schicken: Das sind einige der Erfahrungen aus den vergangenen Wochen, die jüdische Unternehmerinnen und Unternehmer auf der Veranstaltung „Wirtschaft gegen Antisemitismus“ schilderten, zu der die IHK Berlin gemeinsam mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg Anfang November eingeladen hatte. Er wisse, dass die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner Antisemitismus verurteile, so ein Unternehmer. „Aber eine Mehrheit, die schweigt, überlässt der lautstarken Minderheit zu viel Raum“, setzte er hinzu.
Auch deshalb wollte die IHK mit der Veranstaltung ein sichtbares Zeichen setzen. „Die IHK Berlin steht für mehr als 300.000 Mitgliedsunternehmen, und wir werden alles dafür tun, jüdische Unternehmen, ihre Beschäftigten und Familien gegen jede Form von Diskriminierung, Hass und Gewalt zu schützen“, erklärte IHK-Vizepräsidentin Sonja Jost zu Beginn der Veranstaltung. „In Berlin ist kein Platz für Hass. Wir sind die Stadt der Vielfalt, und wir appellieren an jeden Einzelnen in dieser Stadt, Gesicht zu zeigen: gegen Antisemitismus, Hass und Gewalt.“

AHK Israel zeigt sich zuversichtlich

Ziel der Veranstaltung war neben dem Erfahrungsaustausch, jüdischen und israelischen Unternehmen ein Forum zu bieten, um sich über die wirtschaftliche Lage sowohl hier in Berlin als auch in Israel auszutauschen. Denn der 7. Oktober war auch eine tiefe Zäsur zum Beispiel für das zuvor boomende Start-up-Ökosystem in Tel Aviv. So berichteten Unternehmensvertreter von einem Einbruch beim Venture Capital für israelische Start-ups, aber auch davon, dass Beschäftigte als Reservisten eingezogen wurden, und von den Herausforderungen durch die steigende Inflation. Charme Rykower, die stellvertretende Geschäftsführerin der AHK Israel und ebenfalls Gast der IHK-Veranstaltung, zeigte sich jedoch überzeugt, dass der aktuelle wirtschaftliche Einbruch vorübergehend sei. „Das bedeutet nicht das Ende der israelischen Wirtschaft, die sich in der Vergangenheit mehrfach als krisenresistent und widerstandsfähig erwiesen hat.“
Eine der Mitorganisatorinnen des Abends war ­Viktoria Kanar, Co-Founder und CEO von Re- Fresh Global, einem Start-up für das Upcycling von Textilien. Nach dem Studium in Deutschland war sie nach Israel gegangen, erst seit 2021 lebt sie wieder in Berlin und fühlte sich – anders als während der 2000er-Jahre – erstmals als Jüdin akzeptiert. „Aufgrund der Internationalisierung Berlins schien es auf einmal auch möglich, Deutsch-Israelin zu sein, Jüdin, die so leben kann, wie sie es möchte. Vor allem in der Start-up-Szene haben wir diese Akzeptanz schnell gefühlt“, so die positiven Erfahrungen der Unternehmerin. Doch der 7. Oktober habe alles verändert „oder vielleicht auch nur offengelegt, was nie anders war. Das Schweigen in der Berliner – doch so liberalen – VC- und Gründerszene tut jedenfalls weh. Ich bin sehr enttäuscht und frage mich, wie sich das weiterentwickelt“. Ihre Hoffnung ist nun, dass sich aus diesem Abend mehr entwickelt, ein solidarisches Netzwerk, das konkrete Unterstützung bieten kann, ist für sie das Ziel.

Veranstaltung zur richtigen Zeit

Ähnlich sieht es auch Ester Elias, die Gesandte für Wirtschaft und Handel der Botschaft des Staates Israel. Sie fasst ihre Eindrücke des Abends so zusammen: „Die Veranstaltung war für mich in verschiedener Hinsicht etwas Besonderes: Einen Monat nach den Gräueltaten hatten wir das Gefühl, dass es der richtige Zeitpunkt ist, die Stimme der Wirtschaft hier in Berlin zu erheben.“ 
Die IHK Berlin hat nach dem Terroranschlag vom 7. Oktober mit mehr als 20 weiteren Verbänden, Kammern und Institutionen in einer gemeinsame Erklärung jede Form von Anti­semitismusauf das Schärfste verurteilt.
Von Alexandra Sulzmaier