BW 06/2021 – Branchen

Wo die Reise hingeht

Die Corona-Pandemie hat die Weltwirtschaft in eine beschleunigte Umbruchphase befördert, und viele Unternehmen mussten ihr Auslandsgeschäft neu ausrichten. Gut ein Jahr nach dem Pandemie-Ausbruch hat die IHK Berlin eine Umfrage mit 145 international tätigen Unternehmen vor allem aus Industrie, Dienstleistungsbranchen sowie Informations- und Kommunikationstechnik durchgeführt, um den Status quo und die Perspektiven der Berliner Außenwirtschaft zu evaluieren.
Nach dem jahrelangen kontinuierlichen Wachstum haben den Berliner Außenhandel insbesondere Reiseeinschränkungen, Absagen von Messen und Veranstaltungen sowie weltweite Probleme in Liefer- und Logistikketten belastet. Insgesamt zeigte die Berliner Außenwirtschaft jedoch Resilienz im Corona-Jahr 2020 und war mit einem Exportrückgang von 5,5 Prozent stabiler als der Bund.
Mit jeweils rund 70 Prozent bescheinigen Berliner Unternehmen vor allem Nordamerika und Asien hervorragende Wirtschaftsaussichten. Insbesondere Chinas Konjunktur wird aktuell überdurchschnittlich gut bewertet. 58 Prozent der in Europa aktiven Befragten sehen dort mittelfristig Potenzial für Auslandsgeschäfte. In Polen wird die wirtschaftliche Perspektive sehr gut bewertet, die Geschäfte in der Schweiz laufen aktuell sogar überdurchschnittlich gut. Russland bleibt wichtiger Zielmarkt, hier erwartet aber nur etwa jedes dritte Unternehmen eine positive Wirtschaftsentwicklung. Auf dem „Chancenkontinent Afrika“ ist nur jedes zehnte Unternehmen aktiv.
Nach dem Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU und der Zollunion haben sich für ein Drittel der Berliner Unternehmen die Geschäfte verschlechtert oder stark verschlechtert. Größtes Hindernis sind die erschwerten Export-Bedingungen: 67 Prozent gaben die entstandene Zollbürokratie als problematisch an. Jeweils 55 Prozent bereiten Logistikprobleme und rechtliche Unsicherheiten Schwierigkeiten. Das Ergebnis: Fast jedes zehnte Unternehmen hat seine Wirtschaftsbeziehungen zum Vereinigten Königreich eingestellt. Immerhin haben seit dem Brexit acht von zehn Unternehmen keine Investitionen aus UK ins Ausland verlagert. Mittelfristig beurteilt die Mehrheit der Befragten die Wirtschaftsentwicklung des Landes negativer als in anderen europäischen Märkten.
Fördermöglichkeiten könnten an vielen Stellen gerade jetzt das Geschäft erleichtern. Jedoch sind das Förderprogramm für Internationalisierung vom Land Berlin und die Berliner Wirtschaftsbüros im Ausland fast 80 bzw. 70 Prozent der Befragten nicht bekannt. Lediglich drei von zehn Unternehmen, die von der Wirtschaftsförderung wissen, greifen darauf zurück. Die Berliner Wirtschaftsbüros in Peking, China und New York, USA wurden von den befragten Unternehmen, die darüber Kenntnis haben, in weniger als zwei von zehn Fällen genutzt. Informationen zu den Programmen erhalten interessierte Unternehmen bei der IHK Berlin.
von Melanie Schindler
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