Ja zur Ausbildung. Nein zur Ausbildungsplatzumlage.
Sog. Ausbildungsplatzumlage - Wovon sprechen wir?
Die Pläne einer möglichen sog. Ausbildungsplatzumlage gehen auf den Berliner Koalitionsvertrag 2023-26 zurück. Aktuell plant das Land die Einführung einer solchen Strafabgabe, falls die Wirtschaft zwischen Ende 2023 und 2025 keine 2.000 zusätzlichen Ausbildungsverhältnisse schafft.
Wer ist davon betroffen?
Alle Berliner Unternehmen mit Mitarbeitenden in Berlin, unabhängig davon, ob diese geringfügig oder sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.
Welche Kosten kommen auf Unternehmen zu? Hinweis: Die Berechnung beruht auf dem derzeit vorliegenden Referentenentwurf des Gesetzes und erfolgt unter Vorbehalt. Änderungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren sowie etwaige inhaltliche oder rechnerische Abweichungen sind möglich.
- Bruttolohnsumme x Umlagesatz % (bis zu 0,5%) = Belastung pro Jahr
- Anzahl der Azubis x Pauschale anteilig auf Grundlage der durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütung im Land Berlin in € = Rückerstattung pro Jahr
Ab wann kommt die sog. Ausbildungsplatzumlage?
- Sofern bis zum 31.12.2025 nicht 2.000 zusätzliche Ausbildungsverträge abgeschlossen sind: Ab dem 1. Januar 2027
Wie hoch könnte Ihre Strafabgabe sein?
Vorbehaltlich des aktuellen Referentenentwurfs wird die Strafabgabe in Berlin nach folgender Formel berechnet:
(Bruttolohnsumme € * bis zu 0,5%) - (Pauschale auf Basis der durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütung im Land Berlin in € * Anzahl der Auszubildenden) = Umlagebetrag
Zur Bruttolohnsumme zählen die gesamten Bruttoarbeitslöhne aller sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten Ihres Unternehmens.*
Anhand dieses Rechners können Sie abschätzen, wie hoch die Belastung durch die Strafabgabe wäre.
Rechner zur Abschätzung möglicher Belastungen durch sog. Ausbildungsplatzumlage
Sie möchten den Rechner mit anderen Werten testen? Dann starten Sie die Berechnung erneut mit Klick auf den folgenden Button:
Berechnung neu starten
Dem Rechner liegen folgende Annahmen zugrunde (in Anlehnung an die aktuellen Gesetzespläne zur Einrichtung eines Ausbildungsfonds im Land Berlin, Stand 21.07.2025):
- Die Mediangehalte in der Rechnung beziehen sich noch auf den Stand von 2023.
- Der Umlagesatz liegt bei 0,5 %. (Nach dem aktuellen Entwurf zum Gesetz liegt der maximale Abgabesatz bei 0,5 %.)
- Pauschale von 50 % anteilig der durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütung. (Die Pauschale wird von der Arbeitsverwaltung durch eine Rechtsverordnung festgelegt – eine solche Verordnung liegt bisher nicht vor. Die durchschnittliche tarifliche Ausbildungsvergütung richtet sich in der Berechnung nach Zahlen des BIBB, Tarifliche Ausbildungsvergütungen 2024 in Deutschland insgesamt, Stand 1. Oktober 2024)
- Der Prüfungsbonus wird unter der Annahme betrachtet, dass er sich auf den Ausbildungskostenausgleich bezieht, der im dritten Ausbildungsjahr gezahlt wurde. (Im Entwurf zum Gesetz ist unklar, ob sich der Prüfungsbonus auf den Ausbildungskostenausgleich im letzten Ausbildungsjahr oder auf den gesamten gewährten Ausbildungskostenausgleich bezieht.)
- 4. Ausbildungsjahr wird analog zum 3. Ausbildungsjahr mit einem Viertel des Ausbildungskostenausgleichs berücksichtigt. (Im Entwurf zum Gesetz werden keine Angaben zum 4. Ausbildungsjahr gemacht. Deshalb ist derzeit unklar, ob dieses Ausbildungsjahr bei der Rückzahlung Berücksichtigung findet.)
- Eine Bagatellgrenze bleibt unberücksichtigt. (Im Entwurf zum Gesetz wird auf eine Bagatellgrenze verwiesen, jedoch fehlen weiteren Angaben zur Höhe der Bagatellgrenze).
Warum die sog. Ausbildungsplatzumlage an den Bedarfen vorbeigeht
- Sie schafft keine zusätzlichen Ausbildungsverträge, wenn Passungs- und Matching-Probleme weiterhin ungelöst bleiben.
- Sie belastet Unternehmen und bestraft jene, die ausbilden wollen, aber keine Bewerberinnen und Bewerber finden. Es droht die Gefahr der Umverteilung zugunsten größerer Unternehmen.
- Ihr Anreiz verpufft in Anbetracht der Gesamtkosten von Ausbildung.
- Sie löst nicht das Problem des Abwerbens von Azubis bzw. Absolvent/innen.
- Sie schafft einen immensen Verwaltungsapparat und Personalkosten.
- Sie verschweigt, dass die betrieblichen Ausbildungsplätze immer mehr von schulischen Ausbildungsplätzen verdrängt werden.

Das sagen Berliner Betriebe zur sog. Ausbildungsumlage
Klicken Sie sich durch unsere Ausklappliste und erfahren Sie mehr zur Meinung der Berliner Wirtschaft zur sogenannten Ausbildungsplatzumlage.
- B. Braun SE | Stefan Rohde
Aus unserer Sicht als Familienunternehmen der Medizintechnologie, das seit vielen Jahren erfolgreich Fachkräfte für den eigenen Bedarf ausbildet, ist eine Ausbildungsabgabe bzw. Ausbildungsumlage nicht das richtige Instrument, um die Ausbildungslandschaft in Berlin zu verbessern. Im Gegenteil. Sie führt stattdessen zu zusätzlichen bürokratischen Anforderungen für Unternehmen, ohne dass ein einziger zusätzlicher Ausbildungsplatz geschaffen wird, und bestraft diejenigen, die bereits soziale Verantwortung für junge Menschen übernehmen und einen wertvollen Beitrag leisten. Langfristig könnte eine Umlage sogar abschreckend wirken. Wir bilden immer mit dem primären Ziel aus, die Nachwuchskräfte im Anschluss zu übernehmen und weiterzuentwickeln.Seit einigen Jahren haben wir allerdings große Probleme, unsere angebotenen 50 Ausbildungsplätze adäquat zu besetzen. Um Qualität und Quantität in der Ausbildung zu erhöhen, wäre es ein besserer Weg, die bereits aktiv ausbildenden Unternehmen zu unterstützen. Wir appellieren daher an die Verantwortlichen, die geplante Ausbildungsumlage zu überdenken und stattdessen Maßnahmen zu ergreifen, die Unternehmen in ihrer Ausbildungsbereitschaft fördern. Der Fokus muss darauf liegen, junge Menschen in der Berufsorientierung mehr zu unterstützen und wieder einen besseren Match von Ausbildungsplätzen und Bewerber*innen zu fördern, indem auch die duale Ausbildung im Vergleich zur akademischen Laufbahn aufgewertet wird.Stefan Rohde, Personalleiter / Director HR Standorte Berlin, B. Braun SE
Zum Unternehmen
Die B. Braun SE ist einer der größten Medizintechnologie-Unternehmen in Berlin und beschäftigt über 1.100 Mitarbeitenden an drei Standorten.Seit 1978 ist B. Braun mit einem Produktionsstandort für Arzneimittel in Berlin-Neukölln mit ca. 800 Mitarbeitenden präsent. In diesem Betrieb werden sterile Injektionslösungen, sogenannte kleinvolumige Parenteralia, in Kunststoffampullen, Glasampullen und Vials hergestellt. Ausbildung ist fest in der Unternehmenskultur verankert – sie ist Teil der DNA des Unternehmens. Aktuell werden in Berlin mehr als 40 Auszubildende in kaufmännischen, gewerblichen und naturwissenschaftlichen Berufen qualifiziert. - Frisch & Faust Tiefbau GmbH | Dieter Mießen
Ich lehne diese branchenübergreifende Ausbildungsplatzumlage ab. Dabei ist uns in der Baubranche das Umlagesystem nicht unbekannt. Wir haben bereits eine Ausbildungsumlage – allerdings auf tariflicher Grundlage. Die Umlage im Baugewerbe beruht auf dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren (VTV). Sie ist also keine gesetzliche Strafabgabe, sondern ein von den Tarifparteien ausgehandeltes Modell, das flexibel angepasst oder beendet werden kann. Diese tarifliche Umlage dient dazu, die Ausbildungskosten fair zu verteilen – sie hilft dabei, den Mehraufwand einer mehrjährigen Ausbildung abzufedern. Aber sie schafft keinen einzigen zusätzlichen Ausbildungsplatz. Die Entscheidung, ob ein Unternehmen ausbildet, hängt von Faktoren wie Auftragslage, Fachkräftebedarf und personeller Kapazität ab – nicht von einer finanziellen Belastung.
Trotz der bestehenden Umlage gelingt es uns oft nicht, alle angebotenen Ausbildungsplätze zu besetzen. Das liegt nicht am mangelnden Engagement der Betriebe – sondern an strukturellen Problemen, für die die Politik Verantwortung trägt. Wenn Jahr für Jahr zahlreiche Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen, wenn die Jugendberufsagenturen nicht einmal verlässlich erfassen, wer tatsächlich unversorgt ist und Jugendliche keine umfassende Berufsorientierung erhalten – dann ist das nicht das Versagen der Wirtschaft. Wir als Betriebe stehen bereit, aber wir können die Probleme des Bildungssystems nicht allein ausgleichen.Dieter Mießen, Kaufmännischer Leiter, Frisch & Faust Tiefbau GmbHZum Unternehmen
Frisch & Faust Tiefbau GmbH ist ein deutschlandweit tätiges Bauunternehmen mit Sitz in Berlin. Es wurde 1991 von den Bauingenieuren Thomas Frisch und Dirk Faust gegründet und steht seit 2007 unter der Leitung von Thomas Frisch. Das Unternehmen beschäftigt rund 160 Mitarbeitende und ist auf gesteuerten Rohrvortrieb, offenen Kanalbau, Kanalsanierung und Rohrleitungsbau spezialisiert. Frisch & Faust ist zudem ein anerkannter Ausbildungsbetrieb und kooperiert mit verschiedenen Hochschulen im Rahmen dualer Studiengänge. - Moll Marzipan GmbH | Marcus Butt
Unsere Fachkräfte bilden wir im eigenen Haus aus. Doch in der Nachwuchsgewinnung stehen wir im Wettbewerb mit bekannten Marken und müssen viel investieren, um überhaupt wahrgenommen zuwerden. Die geplante Ausbildungsumlage bedeutet für uns vor allem mehr Bürokratie – und geht am Kern des Problems vorbei. Auch wenn wir finanziell davon profitieren könnten, hilft das nicht weiter. Was wir wirklich brauchen, sind eine frühzeitige und bessere Berufsorientierung, mehr Praktikumsmöglichkeiten während der Schulzeit und eine stärkere gesellschaftliche Wertschätzung der Dualen Ausbildung.Marcus Butt, Geschäftsführer Produktion & Technik, Moll Marzipan GmbH
Zum Unternehmen
Die Moll Marzipan GmbH blickt auf eine über 160-jährige Unternehmensgeschichte zurück. Gegründet wurde sie 1860 vom Lübecker Konditormeister Rudolf Moll als „Berliner Marzipanmassenfabrik“. Heute zählt Moll Marzipan zu den ältesten Betrieben Berlins und beschäftigt rund 100 Mitarbeitende sowie sechs Auszubildende. Trotz dieser beeindruckenden Tradition kämpft das Unternehmen zunehmend um Sichtbarkeit bei jungen Menschen. Ausbildungsplätze, etwa zur Fachkraft für Lebensmitteltechnik, bleiben unbesetzt. - ABB Asea Brown Boveri Ltd | Gerd Woweries
In Berlin sind genügend Ausbildungsplätze für ausbildungswillige Jugendliche vorhanden. Mehrere Tausend Ausbildungsplätze konnten im vergangenen Jahr nicht besetzt werden. Es wird unnötigerweise ein neues Bürokratiemonster entstehen. Jährlich sollen Betriebe ihre Bruttolohnsumme melden, Beiträge eingezogen und ausgezahlt und die Kriterien ständig neu festgelegt werden – das verursacht einen enormen Verwaltungsaufwand.Davon abgesehen: Ein Ausbildungsplatz in den technischen Berufen kostet in der Realität ca. 100.000 Euro pro Azubi und mehr. Die geplanten Rückflüsse decken diese Kosten bei Weitem nicht. Die Aussage, dass ausbildende Unternehmen nicht belastet würden, ist daher nicht haltbar. Statt neuer Abgaben braucht es gezielte Maßnahmen: bessere Berufsorientierung an allen Schulformen, passgenauere Vermittlung durch die Arbeitsagenturen, modern ausgestattete Schulen, mehr Berufsschullehrkräfte, bezahlbaren Wohnraum für Azubis und vor allem mehr Wertschätzung für die duale Ausbildung und die Ausbildungsbetriebe.Gerd Woweries, Geschäftsführer, ABB Asea Brown Boveri Ltd
Zum Unternehmen
Das ABB Ausbildungszentrum Berlin ist ein etablierter Bildungsdienstleister mit über 65 Jahren Erfahrung in der dualen Ausbildung im Bereich Metall- und Elektrotechnik. Als Partner für Unternehmen und ABB-Gesellschaften übernimmt das Zentrum die Grundausbildung von Auszubildenden und begleitet sie auf ihrem Weg zur Fachkraft. Aktuell werden über alle Ausbildungsjahrgänge hinweg mehr als 1.200 Jugendliche und junge Erwachsene ausgebildet – davon rund 800 im Rahmen der Verbundausbildung für etwa 250 Partnerunternehmen.
Berliner Wirtschaft wehrt sich gegen die Ausbildungsplatzumlage
Am 16. Juli diskutierten wir mit Senatorin Cansel Kiziltepe, Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung, und anderen Unternehmerinnen und Unternehmern über unternehmerische Verantwortung, wirtschaftliche Realität und die Auswirkungen einer möglichen sogenannten Ausbildungsplatzumlage.
Wie können Sie nun aktiv werden?
- Jeder Ausbildungsplatz zählt! – Helfen Sie, indem Sie ihre eigenen Ausbildungsplätze aufstocken! (IHK-Unterstützung: 030 31510-213, ausbildungsberatung@berlin.ihk.de)
- Streuen Sie die Information zur Strafabgabe an weitere Unternehmen und Netzwerke!
Weitere Rückmeldungen können Sie an: neinzurumlage@berlin.ihk.de senden.