„Ideen haben Kraft“ von Eva Moser, Bayerisches Wirtschaftsarchiv

Geschichte der bayerischen Industrie- und Handelskammern

In seiner Sommerresidenz zu Berchtesgaden erließ der bayerische König Ludwig I. am 19. September 1842 seine „Allerhöchste Verordnung, die Einrichtung von Handelskammern betreffend“. Nach Paragraph 12 sollten sie „die Regierung in der Förderung des Gewerbefleißes und in der Beseitigung der ihrem Aufblühen entgegenstehenden Hindernisse durch ihren Rath und ihre Mitwirkung unterstützen“.  
Die Vorarbeit hatte Innenminister Karl von Abel einiges an Mühe gekostet. Zwar waren schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den damals französisch besetzten Gebieten links des Rheins die ersten Handelskammern errichtet worden. Und auch in Bayern diskutierte man um 1830 die Einrichtung einer eigenständigen Interessenvertretung von Gewerbe und Handel. Doch der Monarch zögerte, er war misstrauisch. Eine Beratung der Staatsverwaltung in wirtschaftlichen Angelegenheiten schien überflüssig. Außerdem fürchtete Ludwig I. zu viel Liberalität. Doch mit Beginn der 1840er Jahre ging allmählich die vorindustrielle Epoche in Deutschland zu Ende. Der Eisenbahnbau begann, in der Textil-, später auch in der Eisen- und Maschinenindustrie entstanden große Fabriken. Die Wirtschaft wurde zu einem immer wichtigeren Faktor im Staat. Dem konnte sich auch der König nicht mehr verschließen. 1843 ging er noch einen Schritt weiter und genehmigte die Bildung von sechs Handelskammern, darunter am 19. Mai für den Regierungsbezirk Unterfranken und Aschaffenburg mit Sitz in Würzburg. Zugleich ernannte er 12 prominente Vertreter aus dem „Handels-, Fabrikanten- und Gewerbsstande“ als Mitglieder. Aschaffenburg wurde durch den Unternehmer Carl Dessauer vertreten, der für die von seinem Vater gegründete Aschaffenburger Buntpapierfabrik tätig war.  
Ludwigs Verordnung machte Bayern zum eigentlichen „Vorreiter der Handelskammergesetzgebung in Deutschland“. Die Kammern sollten die gesamte gewerbliche Wirtschaft eines Bezirkes vertreten, ihre Zuständigkeit entsprach den Grenzen der jeweiligen Kreisregierung. Außerdem hatten sie den Auftrag, die Regierung bis hin zum König zu beraten. Ihr offizieller Charakter lässt sich daran ablesen, dass die Mitglieder nicht gewählt, sondern vom König berufen wurden. Die Anfänge in Unterfranken waren freilich noch bescheiden: Anfangs tagte das Gremium alle zwei Monate. Die Stadt Würzburg stellte dafür ein Sitzungszimmer zur Verfügung und übernahm die Kosten für Kanzleiarbeiten. Schon bei der ersten gemeinsamen Sitzung ging es darum, die Staatsregierung zur Einführung eines allgemeinen Handelsgesetzbuches zu bewegen. Weitere Themen waren das kaufmännische Bildungswesen, Missstände im Münzwesen und die Beseitigung der Schifffahrtszölle auf dem Main. 
In den 1850er Jahren festigte sich nach und nach der organisatorische Aufbau der Handelskammern in Bayern. Sie verfassten Jahresberichte zur wirtschaftlichen Lage in ihrem Bezirk und legten umfangreiche Verbesserungsvorschläge vor. 1857 reichte die unterfränkische Kammer ihren ersten Bericht ein, in dem es unter anderem um Zollerleichterungen beim Maschinenbezug für Fabrikanlagen ging. 
Es war König Ludwig II., der 1868 mit einer Verordnung wichtige Neuerungen für die Kammern brachte: die dauerhafte Einrichtung mit einem fachwissenschaftlich gebildeten Sekretär, die direkte Wahl der Kammerrepräsentanten und die Beitragserhebung bei den Wahlberechtigten, beschränkt allerdings auf die Unternehmer am jeweiligen Kammersitz. Die wirtschaftliche Struktur der Region begann sich damals nachhaltig zu verändern. Aschaffenburg wandte sich in seiner industriellen Entwicklung verstärkt der Konsumgüterbranche zu. Von der Reichsgründung 1871 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs bestimmten vor allem vier Themenbereiche die Tätigkeit der bayerischen Kammern. Dabei ging es um die Folgen der inneren Reichseinheit wie die Vereinheitlichung des Währungswesens sowie der Maße und Gewichte und die Einführung einer verbindlichen Einheitszeit. Ein weiteres wichtiges Anliegen war der Ausbau des Eisenbahnnetzes. Darüber hinaus lag ein besonderes Augenmerk auf der Handelspolitik. Die Kammern beschäftigten sich aber auch mit der Sozialen Frage und den damit verbundenen gesetzlichen Regelungen wie Kranken- und Unfallversicherung. Neben den Themen von gesamtdeutscher Bedeutung ging es aber immer auch um die lokalen Belange des eigenen Bezirks. 
1908 wurden in Bayern als dem letzten deutschen Staat die dem Handwerk angehörenden Gewerbetreibenden aus den Kammern ausgegliedert. Sie erhielten mit den Handwerkskammern ihre eigene Vertretung. Die Handelskammern empfingen die Rechte einer juristischen Person und führten ein Siegel mit dem Herzschild des bayerischen Staatswappens. Sie konnten von da an dem Handelsverkehr dienende Bescheinigungen und Zeugnisse ausstellen. Darüber hinaus durften sie Einrichtungen für die technische und geschäftliche Ausbildung von Gehilfen und Lehrlingen gründen und unterhalten. Damit waren die Weichen für das später so wichtige Tätigkeitsfeld der Berufsausbildung gestellt. Auf der Grundlage dieser Verordnung trat 1909 erstmals der Bayerische Handelskammertag als Gemeinschaftseinrichtung der bayerischen Kammern zusammen. 
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurden die Kammern gleichgeschaltet. Seit 1934 unterstanden sie der Aufsicht des Reichswirtschaftsministers, der die Kammerpräsidenten ernannte. Anstelle der gewählten Vollversammlung trat ein vom Präsidenten berufener Beirat, der lediglich beratende Funktion hatte. 1937 wurde die Beitragszahlung der sog. Kleingewerbetreibenden - also der nicht im Handelsregister eingetragenen kleinen selbständigen Unternehmer - und die Erhebung der Kammerbeiträge nach dem Maßstab der Gewerbesteuer zur Pflicht. 1943 erfolgte in Bayern die Überführung der Kammern – soweit nicht aufgelöst – zusammen mit den Handwerkskammern in die neue Organisationsform der Gauwirtschaftskammern. Die Kammer Würzburg ging in der „Gauwirtschaftskammer Mainfranken“ auf. 
Nach dem Zusammenbruch 1945 löste eine Direktive der US-Militärregierung im August die Gauwirtschaftskammern auf. Wenige Monate später ließ das bayerische Wirtschaftsministerium zunächst sechs, später zehn bayerische Industrie- und Handelskammern, darunter auch Würzburg, zu, allerdings auf der Rechtsgrundlage der freiwilligen Mitgliedschaft von Unternehmen und nur in beratender Funktion. Ihr Kammerbezirk entsprach dabei dem jeweiligen Regierungsbezirk. In Aschaffenburg hatten die Amerikaner bereits im Mai 1945 die Bildung einer provisorischen Industrie- und Handelskammer mit dem Kleiderfabrikanten Heinrich Euler an der Spitze genehmigt. Bei der ersten Sitzung dieses Gremiums in einem fensterlosen Raum des schwer zerstörten Gebäudes der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank beriet man vor allem die Auswirkungen der Einnahme durch die US-Truppen und die Wiederingangsetzung des Wirtschaftslebens. In der Folgezeit setzten sich die Befürworter der Errichtung einer eigenständigen IHK für die Region des bayerischen Untermains durch. Am 27. November 1946 fasste der Bayerische Ministerrat den Beschluss, offiziell die IHK Aschaffenburg mit der Zuständigkeit für die kreisfreie Stadt Aschaffenburg und die Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg entstehen zu lassen. 1948 wurde Heinrich Euler zum ersten Präsidenten der IHK Aschaffenburg gewählt. Es sollte noch bis Dezember 1956 dauern, bis ein einheitliches Kammergesetz für ganz Deutschland verabschiedet wurde. Mit Wirkung zum 1. Januar 1958 wurde schließlich der IHK Aschaffenburg aufgrund des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechtes der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen.