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Steuerlicher Zinssatz verfassungswidrig

Mit einem am 18. August 2021 veröffentlichten Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit monatlich 0,5 Prozent ab dem 1. Januar 2014 verfassungswidrig ist. Jedoch bleibt die bisherige Regelung für Verzinsungszeiträume bis einschließlich 2018 weiter anwendbar. Der Gesetzgeber muss bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung für alle Zeiträume ab 2019 treffen.

Warum hat das Gericht so entschieden?

Seit geraumer Zeit existieren Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Zinshöhe für Steuernachforderungen und Steuererstattungen bei der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer. Die IHK-Organisation hatte auf die offensichtliche Diskrepanz zwischen dem aktuellen Zinsniveau und dem seit dem Jahr 1961 gesetzlich festgelegten Zinssatz hingewiesen. Laut Bundesverfassungsgericht erweist sich der gesetzliche Zinssatz von jährlich sechs Prozent spätestens seit dem Jahr 2014 als evident realitätsfern, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung des Basiszinssatzes. Dieser liegt seit Januar 2013 im negativen Bereich.

Was bedeutet der Beschluss?

Für die Verzinsungszeiträume vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2018 gilt der Zinssatz von jährlich sechs Prozent weiter fort. Zu einer rückwirkenden Änderung für diesen Zeitraum ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet. Denn laut Bundesverfassungsgericht sei eine Fortgeltung bis zum 31. Dezember 2018 im Interesse einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung geboten. Eine Neuregelung würde erhebliche haushaltswirtschaftliche Unsicherheiten mit sich bringen.
Der Gesetzgeber ist jedoch verpflichtet, für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume eine Neuregelung zu treffen. Diese Neuregelung gilt dann rückwirkend und erfasst alle noch nicht bestandskräftigen Bescheide. Gerade für Unternehmen, die wegen der langen Dauer der Betriebsprüfungen erst viele Jahre nach ihrer Steuererklärung einen endgültigen Bescheid erhalten, sind die extrem hohen Nachzahlungszinsen eine erhebliche Belastung.

Neuregelung ab dem 31.Juli 2022

Für die Zeiträume an 01. Januar 2019 gilt nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 23. Juni 2022 ein Zinssatz von 0,15 Prozent pro Monat (= 1,8 Prozent pro Jahr) für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen.

Stand: Oktober 2023
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