Corona-Pandemie

Insolvenz und Kurzarbeit in der Ausbildung - Häufig gestellte Fragen (FAQ)

In diesem Überblick geben wir Antworten auf die häufigsten Fragen, die zur Kurzarbeit von Auszubildenden oder Insolvenz von Ausbildungsbetrieben gestellt werden. Bei weiteren Fragen helfen die IHK-Ausbildungsberater gern.

Kurzarbeit in Ausbildungsbetrieben

Kann Kurzarbeit für Auszubildende angeordnet werden?

Auszubildenden gegenüber kann in der Regel keine Kurzarbeit angeordnet werden. Der Ausbildungsbetrieb ist dazu verpflichtet, alle Mittel auszuschöpfen, um die Ausbildung weiter zu gewährleisten. Hierbei hat er beispielsweise folgende Möglichkeiten:
  • Umstellung des Ausbildungsplans durch Vorziehen anderer Lerninhalte
  • Versetzung in eine andere Abteilung
  • Einsatz in anderen Abteilungen/Unternehmensbereichen
  • Rückversetzung in die Lehrwerkstatt
  • Online-Schulungen (zum Beispiel Webinare)
  • Durchführung besonderer Ausbildungsveranstaltungen (Durchführung von Projektarbeiten, Nutzung von Lernplattformen, Ausarbeitungen von Handouts/Anleitungen (zum Beispiel für Office-Anwendungen, Handling von speziellen Warengruppen et cetera)
Erst, wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann Kurzarbeit auch für Auszubildende in Frage kommen. Diese Option ist allerdings restriktiv zu handhaben. Wenn die Unterbrechung der Ausbildung unvermeidlich ist – das dürfte bei einer Corona-bedingten Schließung der Fall sein – können auch Auszubildende in Kurzarbeit einbezogen werden.
Sollte Auszubildenden gegenüber Kurzarbeit angeordnet werden, haben sie zunächst Anspruch auf Zahlung der vollen Ausbildungsvergütung für mindestens sechs Wochen (§ 19 Absatz 1 Nr. 2 BBiG). Abweichend von der gesetzlichen Mindestdauer können Ausbildungs- und Tarifverträge längere Fristen vorsehen. Erst danach kann über die verantwortliche Agentur für Arbeit Kurzarbeitergeld beansprucht werden.
Kurzarbeitergeld kann nach Auskunft der Agentur für Arbeit auch für Auszubildende gezahlt werden, die nach Abschluss ihrer Berufsausbildung eine versicherungspflichtige (befristete oder unbefristete) Beschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber aufnehmen.
Weitere Informationen zur Kurzarbeit bei Arbeitnehmern finden sie in unserem FAQs zum Thema “Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld”.

Kann die Teilzeitberufsausbildung eine Alternative sein?

Eine Möglichkeit zur Reduzierung der finanziellen Belastung der Ausbildungsbetriebe durch die in voller Höhe fortzuzahlende Ausbildungsvergütung und gleichzeitig zum Erhalt des Ausbildungsplatzes für Auszubildende kann die Teilzeitberufsausbildung sein.

Mit einer Vertragsänderung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 652 KB) kann die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit um bis zu 50 Prozent verkürzt und die Vergütung entsprechend gekürzt werden. Allerdings verlängert sich das Ende der vertraglich vereinbarten Ausbildungszeit um die Zeit, welche durch die Reduzierung der Ausbildungszeit insgesamt nicht für die Vermittlung der beruflichen Handlungsfähigkeit zur Verfügung steht (§ 7a BBiG Absatz 2 BBiG).

Stellt Kurzarbeit einen Kündigungsgrund dar?

Kurzarbeit an sich rechtfertigt keine Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses durch den Ausbildungsbetrieb, es sei denn, der Ausbildungsbetrieb kommt für längere Zeit vollständig zum Erliegen. Entfällt dadurch die Ausbildung ist eine Kündigung ohne Schadensersatzanspruch möglich. Der Ausbildungsbetrieb sollte sich mit der Agentur für Arbeit rechtzeitig um einen anderen Ausbildungsbetrieb für betroffene Auszubildende zu bemühen.

Insolvenz von Ausbildungsbetrieben

Was bedeutet eine Insolvenz für das Ausbildungsverhältnis?

Eine drohende Insolvenz oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens haben keine direkten Auswirkungen auf den Ausbildungsvertrag. Aus dem Ausbildungsverhältnis resultierende Rechte und Pflichten bleiben bestehen, gehen allerdings nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über. 
Der Ausbildungsbetrieb bzw. der Insolvenzverwalter sind dazu verpflichtet, die aus dem Ausbildungsverhältnis resultierenden Pflichten weiter zu erfüllen. Hierzu zählt insbesondere die Zahlung der vereinbarten Ausbildungsvergütung. Ausbildungsbetrieb und Auszubildender können sich auf eine Kürzung der Ausbildungsvergütung einigen. Die Ausbildungsvergütung muss jedoch weiterhin angemessen und höher als die gezahlte Vergütung des vorhergehenden Jahres sein  (§ 17 Absatz 1 BBiG).
Wird im Zuge des Insolvenzverfahrens das Unternehmen, zum Beispiel durch Kauf, vollständig auf eine andere Person übertragen, tritt diese in die Rechte und Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis ein.

Unter welchen Bedingungen kann eine Kündigung erfolgen?

Eine drohende Insolvenz oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen keinen wichtigen Kündigungsgrund dar. Kann eine ordnungsgemäße Ausbildung jedoch nicht mehr sichergestellt werden, weil der Betrieb ganz oder teilweise stillgelegt wird oder die Ausbildungsberechtigung nicht mehr besteht, steht dem Ausbildungsbetrieb ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Die Kündigung kann nur unter Einhaltung einer Frist ausgesprochen werden, die nicht mehr als drei Monate umfasst.
Auszubildende können, wenn die ordnungsgemäße Ausbildung nicht mehr sichergestellt ist, ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Dieses Recht besteht auch dann, wenn der Ausbildungsbetrieb bereits gekündigt hat. Auszubildende können hier also, wenn sie einen neuen Ausbildungsplatz gefunden haben, sofort wechseln.

Haben Auszubildende ein Anrecht auf Insolvenzgeld?

Wie alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben auch Auszubildende bei Insolvenz des Arbeitgebers Anspruch auf Insolvenzgeld.
Hinweis: Die Insolvenzantragspflicht soll laut Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bei Überschuldung bis zum 31. Januar 2021 ausgesetzt werden. 
Der Antrag auf Zahlung des Insolvenzgeldes kann innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei der Agentur für Arbeit gestellt werden. Zuständig ist die Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der (ehemalige) Ausbildungsbetrieb seine Lohnabrechnungsstelle hat. Das Insolvenzgeld wird in Höhe des rückständigen Nettoentgeltes von der Agentur für Arbeit gezahlt, längstens für einen Zeitraum von drei Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Rückständiges Arbeitsentgelt, für das kein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht, kann im Rahmen des Insolvenzverfahrens als Forderung geltend gemacht werden.

Wie sollten sich Auszubildende im Falle einer Insolvenz des Ausbildungsbetriebes verhalten?

Grundsätzlich gilt: Vorschnelle Handlungen vermeiden!
Auszubildende sollten nicht von sich aus das Ausbildungsverhältnis kündigen oder einem Aufhebungsvertrag zustimmen, solange keine neue Ausbildungsstelle zur Fortsetzung der Ausbildung gefunden ist. Andernfalls könnten Rechtsansprüche verloren gehen. Aus diesem Grund sollten Auszubildende weiterhin ihre Arbeitskraft anbieten und weiter die Berufsschule besuchen, auch wenn der Betrieb ohne vorherige Kündigung des Ausbildungsverhältnisses die Zahlung der Ausbildungsvergütung einstellt.
Rat suchen: Ansprechpartner sind im Betrieb das verantwortliche Ausbildungspersonal oder die Unternehmensleitung, gegebenenfalls der Betriebsrat und die Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie außerhalb des Betriebes die Berufsberatung der Agentur für Arbeit und die IHK-Ausbildungsberatung.
Bei der Agentur für Arbeit und der IHK sollte vorsorglich nach Möglichkeiten gefragt werden, die Berufsausbildung in einem anderen Betrieb fortzuführen. Je nach Lage der Dinge im eigenen Ausbildungsbetrieb sollten auch aktive Bemühungen um eine neue Ausbildungsstelle eingeleitet werden.
Unterstützung durch die IHK:
Ist die Einstellung des Geschäftsbetriebs absehbar, sollte das insolvente Unternehmen Kontakt mit den IHK-Ausbildungsberatern aufnehmen, um die Weiterführung der Berufsausbildungsverhältnisse abzuklären. Welchen Einfluss die Betriebsstilllegung auf das Prüfungsverfahren hat, kann dann auch im Einzelfall mit der IHK-Ausbildungsberatung abgesprochen werden. Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Ausbildungsbetrieb bietet die Passgenaue Besetzung.

Zur Kündigung von Auszubildenden

Wenn das Ausbildungsverhältnis tatsächlich gekündigt oder eine Fortführung der Ausbildung praktisch nicht möglich ist, sind konkrete Schritte notwendig.
Auszubildende müssen sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos melden, um weiterhin kranken- und rentenversichert zu sein. Die Zahlung des Arbeitslosengeldes erfolgt, sofern ein Anspruch besteht, erst ab dem Tag der persönlichen Meldung.
Bei der Agentur für Arbeit können Auszubildende auch Insolvenzgeld beantragen, wenn ihnen in den letzten maximal drei Monaten keine Ausbildungsvergütung gezahlt wurde. Weitere Forderungen sind im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Auszubildende sollten sich bei der Berufsberatung der zuständigen Agentur für Arbeit melden, um Adressen für die Suche nach einer neuen Ausbildungsstelle zu erhalten und sich über Fördermöglichkeiten oder andere Einsatzmöglichkeiten beraten zu lassen.
Auszubildende sollten sich mit der IHK-Ausbildungsberatung in Verbindung setzen, um auch hier die Möglichkeit der Weiterführung des Berufsausbildungsverhältnisses in einem anderen Betrieb zu erfragen. Auszubildende im letzten Ausbildungsjahr sollten mit der IHK aber auch die Möglichkeit erörtern, anstelle einer Fortsetzung der Ausbildung in einem anderen Betrieb vorzeitig die Abschlussprüfung abzulegen.
Ist eine unmittelbare Fortsetzung der Ausbildung in einem anderen Betrieb nicht möglich, sollten betroffene Auszubildende mit der Berufsschule über die Möglichkeit sprechen, trotzdem weiter am Berufsschulunterricht teilzunehmen. Diese ist in der Regel für einen begrenzten Zeitraum gegeben. So können unnötige Leistungslücken vermieden werden.