Wie wird man Sachverständiger?

Was macht die IHK?

Die IHK Wiesbaden ist wie bundesweit alle Industrie- und Handelskammern für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen in wirtschaftlichen und technischen Bereichen zuständig (gemäß § 36 Gewerbeordnung und ergänzenden landesrechtlichen Vorschriften).
Die Anforderungen an die Sachverständigen und ihre Pflichten sind in der Sachverständigenordnung der IHK Wiesbaden (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 162 KB) geregelt.

Warum Sachverständige?

Die öffentliche Bestellung ist die Zuerkennung einer besonderen Qualifikation. Sie ist keine Zulassung zu einem Beruf und auch nicht Voraussetzung für eine Tätigkeit als Sachverständiger. Sie soll Gerichten, Behörden, der Wirtschaft und der Allgemeinheit besonders zuverlässige, glaubwürdige und auf einem bestimmten Sachgebiet überdurchschnittlich sachkundige und erfahrene Personen zu Verfügung stellen, wenn ein Bedarf dafür besteht.
Die öffentliche Bestellung erleichtert die Suche nach sachlich und persönlich besonders geeigneten Sachverständigen. Diese werden von den IHKs nach strengen Kriterien überprüft und überwacht. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung dient alleine dem Interesse der Allgemeinheit; sie ist nicht mit einer Berufsförderung für den Sachverständigen zu verwechseln.

Welche Voraussetzungen müssen zukünftige Sachverständige erfüllen?

Die öffentliche Bestellung und Vereidigung erfolgt auf Antrag. Diesem kann nur entsprochen werden, wenn
  • für das Sachgebiet, für das eine öffentliche Bestellung beantragt wird, ein öffentliches Bedürfnis an Sachverständigenleistungen besteht,
  • die Hauptniederlassung als Sachverständiger im IHK-Bezirk Wiesbaden liegt,
  • keine Bedenken gegen die persönliche Eignung bestehen,
  • überdurchschnittliche Fachkenntnisse, praktische Erfahrung und die Fähigkeit, Gutachten zu erstatten, nachgewiesen werden,
  • die zur Ausübung der Tätigkeit als öffentlich bestellter Sachverständiger erforderlichen Einrichtungen verfügbar sind,
  • geordnete wirtschaftliche Verhältnisse gegeben sind und
  • die Gewähr für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sowie für die Einhaltung der Pflichten eines öffentlich bestellten Sachverständigen geboten wird.
Persönliche Eignung
Der Bewerber soll nach seiner Persönlichkeit und seinem beruflichen und privaten Umfeld Gewähr dafür bieten, dass er seine Gutachtertätigkeit objektiv und unparteiisch ausüben wird. Wesentliche Eigenschaften der persönlichen Eignung sind
  • Zuverlässigkeit,
  • Charakterstärke,
  • Unparteilichkeit,
  • Sachlichkeit und
  • Unabhängigkeit.
  • Zur persönlichen Eignung gehören auch der Ruf und das Ansehen des Bewerbers in der Öffentlichkeit und bei seiner Berufsausübung.
  • Verbandszugehörigkeiten und bestimmte berufliche Tätigkeiten können der persönlichen Eignung entgegenstehen.

Besondere Sachkunde

Die besondere Sachkunde auf dem betreffenden Sachgebiet ist durch den Bewerber zur Überzeugung der IHK nachzuweisen. Es sind überdurchschnittliche Kenntnisse, Fähigkeiten und praktische Erfahrungen auf dem betreffenden Sachgebiet erforderlich. Die ordnungsgemäße Ausübung des Berufs ist noch kein ausreichender Nachweis besonderer Sachkunde. Eine nähere Konkretisierung enthalten die fachlichen Bestellungsvoraussetzungen, die es für eine Reihe von besonders bedeutenden Sachgebieten gibt und auf die wir besonders hinweisen (abrufbar auf der Internet-Seite des Instituts für Sachverständigenwesen (IfS) unter www.ifsforum.de).
Zur besonderen Sachkunde gehört auch und besonders die Fähigkeit, das Fachwissen in Gutachtenform so darzustellen, dass die Ergebnisse und Überlegungen nachvollziehbar sind. Nachvollziehbarkeit bedeutet, das Gutachten so aufzubauen und zu begründen, dass ein Laie (z.B. Richter) es verstehen und auf seine Plausibilität überprüfen, ein Fachmann die Gedankengänge und Argumente des Sachverständigen, die zu einem Ergebnis bzw. einer bestimmten Meinung führen, im einzelnen überprüfen kann. Ausdrucksfähigkeit ist ebenso Inhalt der besonderen Sachkunde wie die Kenntnis und Berücksichtigung der für die Gutachtertätigkeit wichtigen rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. gerichtliche Verfahren).
Die sichere Ausdrucksfähigkeit ist ebenso Voraussetzung wie die Kenntnis der für die Gutachtertätigkeit rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. Verhalten beim Ortstermin). Die Broschüre „Sachverständige“ des DIHK fasst die Mindestvoraussetzungen an Gutachten von öffentlich bestellten Sachverständigen zusammen.
Jedem Interessenten wird empfohlen, sich sorgfältig und gezielt auf die öffentliche Bestellung vorzubereiten. Dies kann in Form des Selbststudiums von Fachliteratur, Besuch von Seminaren, Fachtagungen, selbstständiger Tätigkeit als freier Sachverständiger oder Mitarbeit bei einem öffentlich bestellten Sachverständigen geschehen.

Wie läuft eine öffentliche Bestellung ab?

Das Verfahren auf öffentliche Bestellung wird durch einen schriftlichen Antrag eingeleitet, der bei der IHK einzureichen ist. In dem Antrag ist das Sachgebiet genau zu bezeichnen, für das der Antragsteller vereidigt werden will. Es empfiehlt sich, vor Antragstellung die Bezeichnung des Sachgebietes mit der IHK zu erörtern (Liste der öffentlich bestellten Sachverständigen mit den jeweiligen Sachgebieten unter www.svv.ihk.de).
Der Nachweis der besonderen Qualifikation muss durch Vorlage erstatteter Gutachten auf dem beantragten Sachgebiet und gegebenenfalls weiteren Unterlagen, wie Ausarbeitungen, Veröffentlichungen, Aufsätze durch Einholung von Referenzen erbracht werden. In den meisten Fällen wird die IHK die Einschaltung eines Fachgremiums empfehlen. Beim hierfür besonders eingerichteten unabhängiges Fachgremium wird dann durch eine schriftliche und/ oder mündliche Überprüfung der Nachweis der besonderen Sachkunde erbracht.

Antragsunterlagen

Wir empfehlen Ihnen vor der Antragstellung ein persönliches Beratungsgespräch mit uns zu führen. Der Antrag selbst ist schriftlich bei uns einzureichen und hat folgende Unterlagen zu enthalten:
Um die notwendigen Erklärungen und Informationen zu erhalten, haben wir aus Zweckmäßigkeitsgründen einen Antrag (Anlage siehe unten) und Fragebogen (Anlage siehe unten) entwickelt. Bitte geben Sie im Antrag die genaue Bezeichnung des Sachgebiets, auf dem die besondere Sachkunde vorhanden ist und die Vereidigung gewünscht wird, an. Sofern Sie ein Sachgebiet beantragen, für das es keine Bestellungsvoraussetzungen gibt, soll der Antrag eine präzise Erläuterung und Abgrenzung des Sachgebiets enthalten.
Dem Antrag müssen sie unter anderem hinzuzufügen:
  1. Der ausgefüllte Fragebogen (Anlage siehe unten).
  2. Ein ausführlicher tabellarischer Lebenslauf mit Lichtbild, der neben den Angaben zur Person, der Schul- und Berufsausbildung eine genaue Darstellung der beruflichen Tätigkeit enthält.
  3. Nachweise für alle antragsrelevanten Zeugnisse, Diplome oder sonstigen Urkunden, insbesondere über die Berechtigung zur Führung etwaiger akademischer Titel und Grade oder sonstiger Berufsbezeichnungen.
  4. Polizeiliches Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde (nicht älter als drei Monate)
  5. Referenzliste mit Angabe von fünf Personen, die Auskunft über die persönliche Eignung und die nachzuweisende „besondere Sachkunde“ geben können; bitte geben Sie auch Funktion, Adresse und Telefonnummer an.
  6. Bei Bewerbern in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis ist eine Zustimmungserklärung des Arbeitgebers gemäß § 3 Abs. 3 der Sachverständigenordnung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 162 KB) erforderlich, die auf einem gesonderten Formblatt (Anlage siehe unten) abzugeben ist
  7. Mindestens fünf selbständig erstattete gerichtsverwertbare Gutachten auf dem beantragten Sachgebiet und ggf. weitere Unterlagen wie Ausarbeitungen, Veröffentlichungen, Aufsätze, wissenschaftliche Abhandlungen oder Untersuchungen, Vorträge usw., aus denen sich die nachzuweisende „besondere Sachkunde“ und die Fähigkeit zur Gutachtenerstattung ergibt. Wenn die fachlichen Bestellvoraussetzungen weitere Vorgaben vorsehen, sind diese zu beachten.
  8. Kostenübernahmeerklärung (Anlage siehe unten).

Ablauf des Bestellungsverfahrens bis zur Entscheidung

1. Überprüfung der eingereichten Unterlagen
durch Einschalten geeigneter Fachleute
2. Überprüfung der besonderen Sachkunde
Zur Überprüfung der besonderen Sachkunde werden grundsätzlich so genannte Fachgremien/ -ausschüsse eingeschaltet, die bei den IHKs in Deutschland angesiedelt sind. Sie setzen sich aus ausgewiesenen, unabhängigen Fachleuten des jeweiligen Fachgebietes zusammen. Diese geben ihr Votum zur besonderen Sachkunde in der Regel aufgrund der vom Bewerber vorgelegten Unterlagen, einer unter Aufsicht zu fertigenden schriftlichen Aufgabenstellung und/oder einem Fachgespräch ab. Auch ein praktischer Überprüfungsteil (am Objekt) kann vorgesehen werden. In Ausnahmefällen kann auf die Einschaltung eines Fachausschusses verzichtet werden, und zwar dann, wenn die vorgelegten Gutachten und die eingeholten Referenzen die notwendige fachliche Qualifikation in so überzeugender Art erkennen lassen, dass eine weitere Überprüfung nicht erforderlich ist. Das Ergebnis der fachlichen Überprüfung wird dem Bewerber mitgeteilt.
Die öffentliche Bestellung ist zunächst auf zwei Jahre befristet und kann später auf Antrag um weitere fünf Jahre verlängert werden. Der Antrag kann von dem Bewerber jederzeit zurückgenommen werden.
Kostenhinweise
Nach der Gebührenordnung der IHK Wiesbaden beträgt die Gebühr für die Bearbeitung eines Antrages
  • für das Verfahren auf Erstbestellung als Sachverständiger 600 Euro,
  • für die Bestellung 400 Euro,
  • für die erneute Bestellung 250 Euro.
Die gegebenenfalls durch die Überprüfung des Antrages, insbesondere durch Einschaltung der Fachgremien, anfallenden besonderen Auslagen sind zusätzlich zur Gebühr zu erstatten.
Datenschutz
Die IHK und die von ihr eingeschalteten Ausschüsse und Gremien unterliegen der Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflicht. Persönliche Daten und alle vorgelegten Unterlagen werden nur im Rahmen des Antragsverfahrens und zur Entscheidungsfindung benutzt. In eingereichten Gutachten können auftraggeberbezogene Daten geschwärzt werden, soweit sie für fachliche Beurteilung unbedeutend sind.
Auskunft
In diesem Merkblatt kann nicht jede Besonderheit eines Einzelfalls berücksichtigt werden. Für ergänzende Auskünfte im Zusammenhang mit der öffentlichen Bestellung steht Ihnen die IHK Wiesbaden gerne zur Verfügung. Bevor Sie einen Antrag auf öffentliche Bestellung als Sachverständiger stellen, raten wir Ihnen, sich auf jeden Fall mit uns in Verbindung zusetzen.
Anlagen
  1. Antrag (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 27 KB)
  2. Freistellungserklärung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 23 KB)
  3. Kostenübernahmeerklärung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 67 KB)
Hinweis: Das Merkblatt ist eine Zusammenfassung der rechtlichen Grundlagen, enthält erste Hinweise und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl das Merkblatt mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.