Unternehmensbewertung

Sie wollen Ihr Unternehmen verkaufen, verpachten, Ihren Betrieb durch Kauf eines weiteren Betriebsteils erweitern oder einen neuen Gesellschafter aufnehmen? Dann benötigen Sie eine Vorstellung über den Wert des betreffenden Unternehmens. Zögern sie nicht, professionelle Hilfe bei der Bewertung Ihres Unternehmens in Anspruch zu nehmen: von einem Steuerberater, einem Unternehmensberater oder einem Sachverständigen.
Überblick über gängige Bewertungsverfahren
Diese wesentliche Bewertungsmethoden werden in der Regel bei der Veräußerung von Unternehmen angewendet. Dabei ist von Fall zu Fall zu klären, welcher Bewertungsansatz am sinnvollsten erscheint.
1. Ertragswertmethode
Hier wird davon ausgegangen, dass zukünftige Erfolge den aktuellen Wert des Unternehmens bestimmen. Der bisherige jährliche Ertrag wird als nachhaltiger Zukunftsertrag angesehen. Als Unternehmenswert wird daher der Barwert aller künftigen entnahmefähigen Erträge bestimmt.
2. Substanzwertmethode
Der Unternehmenswert wird durch Addition der Werte der einzelnen Vermögensgegenstände und Subtraktion der Summe der Verbindlichkeiten ermittelt. Die Vermögensgegenstände können mit den Verkehrswerten, den Wiederbeschaffungswerten oder den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um Abschreibungen bewertet werden. Durch die Bewertung entstandene stille Reserven sind zu berücksichtigen. Die Forderungen sind auf ihre Werthaltigkeit hin zu untersuchen. Bei diesem Verfahren finden jedoch immaterielle Vermögensgegenstände und der so genannte Geschäfts- oder Firmenwert keinen Niederschlag. Die Summe der Verkaufspreise der einzelnen Vermögensgegenstände könnte eine Preisuntergrenze für den Verkäufer des Unternehmens darstellen. Die Wiederbeschaffungskosten einen Richtwert für den Käufer abgeben.
3. Mittelwertmethode
Die Mittelwertmethode berechnet den Wertansatz aus der Addition des Ertragswertes und des Substanzwertes und dividiert die Summe durch zwei. Beide Verfahren müssen vorher durchgeführt werden und finden ihren Niederschlag.
4. Multiplikatormethode
Der um außergewöhnliche Ereignisse bereinigte Jahresertrag wird um einen kalkulatorischen Unternehmerlohn und die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals vermindert und der verbleibende Betrag mit einem Multiplikator vervielfacht. Die Festsetzung des Multiplikators erfolgt jedoch einigermaßen willkürlich.
Die Ermittlung des Ertragswertes
Im weiteren wird das Ertragswertverfahren als das in der Praxis am häufigsten angewandte erläutert. Berechnet wird der Ertragswert nach folgender Formel:

Formel zur Unternehmensbewertung

Der künftige Jahresertrag
Um die zukünftigen Erträge zu prognostizieren, greift man auf Vergangenheitswerte zurück. Dabei kann man die Durchschnittswerte der letzten drei bis fünf Jahre zugrunde legen. Diese können unterschiedlich gewichtet werden. Da es jedoch nicht unbedingt sicher ist, dass die Vorjahreswerte auch in der Zukunft erreicht werden, kann man auch nur vom Letztjahresgewinn ausgehen.
Notwendige Ergebniskorrekturen
Die Vergangenheitsergebnisse sind um außergewöhnliche, betriebs- oder periodenfremde und einmalige Ereignisse zu bereinigen, um die Zukunftserträge sicher prognostizieren zu können.
Die Erträge und Aufwendungen sind daraufhin zu prüfen, ob sie sich auch zukünftig in der bisherigen Höhe realisieren. Sie sind gegebenenfalls entsprechend anzupassen. Die Umsatzerlöse und sonstigen betrieblichen Erträge sind um solche Erträge wie zum Beispiel aus Verkäufen von Vermögensgegenständen, Entschädigungen, Zulagen und Zuschüsse, Sonderposten- und Rückstellungsauflösungen zu korrigieren. Die Personalkosten sind an gewöhnliche Verhältnisse anzupassen, solche wie Lohnfortzahlung infolge Krankheit und Mutterschutz oder Entschädigungen wegen Kündigung sind zu untersuchen. Es ist zu überlegen, ob die Personalstruktur gleich bleibt und ob alle Mitarbeiter den Betriebsübergang mitmachen. Ersatz für bisher unentgeltlich mitarbeitende Familienangehörige ist zu berücksichtigen. Miete für bisher im Eigentum stehende Geschäftsräume ist anzusetzen.
Abschreibungen sind um außerordentliche zu berichtigen, unter Umständen sind die buchmäßigen an die betriebswirtschaftlich richtigen Verhältnisse anzupassen, um die stillen Reserven zu berücksichtigen. Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen sind um solche wie ungewöhnliche Instandhaltungsaufwendungen, große Forderungsausfälle, Zuführungen zu einmaligen Rückstellungen, Schäden und ähnliche zu korrigieren. Die Zinsaufwendungen sind an die möglicherweise geänderten Finanzierungsstrukturen anzupassen. Schließlich ist
ein angemessener Unternehmerlohn zu berücksichtigen. In die Zukunftsprognose sind andere ergebnisbestimmende Faktoren wie die Branchenentwicklung, geplante Unternehmensumstrukturierungen, der Standort, die Gestaltung des Ladenlokals und der Einfluss des Inhaberwechsels einzubeziehen.
Der Kapitalisierungszinssatz
Der Ertragswert ist abhängig von der Höhe des Zinssatzes mit dem die zukünftigen Erträge auf den gegenwärtigen Zeitpunkt abgezinst werden. Je höher dieser Kapitalisierungszinssatz ist, desto niedriger wird der entsprechende Ertragswert des Unternehmens ausfallen.
Die zukünftigen Erträge sollen eine angemessene Verzinsung des als Kaufpreis eingesetzten Kapitals gewährleisten. Der Käufer will mindestens eine marktübliche Verzinsung seines als Kaufpreis eingesetzten Kapitals erreichen. Ansonsten wäre eine Anlage in festverzinslichen Wertpapieren günstiger. Für den Käufer stellt der marktübliche Zinssatz für festverzinsliche Wertpapiere also die untere Grenze für die Festsetzung des Kapitalisierungszinsfußes dar. Der Verkäufer möchte einen Kaufpreis erzielen, der zu marktüblichen Zinsen angelegt, mindestens Erträge in gleicher Höhe bringt, wie er sie bisher in seinem Unternehmen erzielte. Ansonsten wäre es für ihn lukrativer, das Unternehmen selbst weiterzubetreiben.
Aus Verkäufersicht ist der marktübliche Zinssatz also die obere Grenze für den Kapitalisierungszinsfuß. Bei der Festsetzung des Zinssatzes muss es also zu einem Interessenausgleich zwischen den Beteiligten kommen. Da aber unternehmerisches Handeln risikobehaftet ist, wird der Käufer dies auch berücksichtigt wissen wollen. Das kann als Abschlag bei der Schätzung der künftigen Jahreserträge geschehen oder als pauschaler Abschlag beim errechneten Ertragswert selbst oder als Zuschlag zum Kapitalisierungszinssatz. Der Risikozuschlag ist abhängig von der Branche, der Konkurrenzsituation, Ertragsschwankungen, der Rechtsform und ähnlichen Faktoren, auch ein Entgelt für die mangelnde Mobilität des eingesetzten Kapitals kann berücksichtigt werden.
Der Kaufpreis
Der nach dem oben geschilderten Verfahren berechnete Ertragswert bildet eine Grundlage für die zu führenden Kaufpreisverhandlungen, in die auch andere subjektive Faktoren einfließen können. Hier spielt sicher auch das Verhandlungsgeschick der Partner eine Rolle. Letztlich beruht der Kaufpreis auf einem Interessenausgleich und der Einigung der Partner.
Beispiel einer Substanzwertermittlung:
Verkehrswert Wieder-
beschaffungs-
wert
ursprüngliche
Anschaffungskosten
& Nutzungsdauer
Bilanzwert
Ladeneinrichtung 25.000 Euro 50.000 Euro 40.000 , ND 10J, 2J alt 32.000 Euro
Fahrzeug 20.000 Euro 35.000 Euro 30.000, ND 5J , 3J alt 12.000 Euro
Waren 50.000 Euro 60.000 Euro 55.000 55.000 Euro
Verbindlichkeiten 20.000 Euro 20.000 Euro 20.000 Euro
Substanzwert 75.000 Euro 125.000 Euro 79.000 Euro

Beispiel einer Ertragswertermittlung:
Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Jahresertrages durchzuführen für die letzten drei bis fünf zurückliegenden Jahre
Jahr 3
Gewinn 50.000 Euro
- Erträge aus Verkäufen nicht mehr benötigter Anlagen 3.000 Euro
- Versicherungsentschädigung auf eines Schadens 2.000 Euro
- Auflösung einer Gewährleistungsrückstellung da preiswerter erledigt 2.000 Euro
+ Reparatur eines Unfallschadens 5.000 Euro
+ Zuführung zu einer Prozesskostenrückstellung für einen laufenden Streit 4.000 Euro
= bereinigter Jahresertrag 52.000 Euro
Vorvorjahr (Jahr 2) 54.000 Euro
Vorjahr (Jahr 1) 59.000 Euro

Durchschnittlicher Jahresertrag
Variante 1 ohne Gewichtung:
Jahr 3 52.000 Euro
Vorvorjahr (2) 54.000 Euro
Vorjahr (1) 59.000 Euro
Summe 165.000 Euro
Durchschnitt 55.000 Euro
Variante 2 gewichtete Erträge:
Jahr -3 Multiplikator 1 52.000 Euro
Vorvorjahr (-2) Multiplikator 2 108.000 Euro
Vorjahr (-1) Multiplikator 3 177.000 Euro
Summe 337.000 Euro
Durchschnitt Quotient 6 56.167 Euro
Ermittlung des Kapitalisierungszinsfußes:
Zinssatz festverzinslicher langfristiger Wertpapiere 8 %
Risikozuschlag 4 %
Kapitalisierungszinssatz 12 %
Ermittlung des Ertragswertes

Formel zur Unternehmensbewertung

Ermittlung des Kaufpreises:
Liquidationserlös - untere Grenze für den Verkäufer 75.000 Euro
Ertragswert - obere Grenze für den Käufer 458.333 Euro
Verhandlungsergebnis 350.000 Euro
Beispiel einer Unternehmenswertermittlung aufgrund der Mittelwertmethode:

Formel zur Unternehmensbewertung

Beispiel einer direkten Ermittlung des Unternehmenswertes
(Multiplikator-/ Praktikermethode):
bereinigter Durchschnittsgewinn 55.000 Euro
- kalkulatorischer Unternehmerlohn 30.000 Euro
- 8 % Eigenkapitalzinsen + 2 % Risikozuschlag
Eigenkapital 200.000 Euro
20.000 Euro
Ertrag 5.000 Euro
Multiplikator 2
Firmenwert 10.000 Euro
Substanzwert 125.000 Euro
Unternehmenswert 135.000 Euro
Wesentliche Anhaltspunkte für einen aussagekräftigen Unternehmenswert
Eine Unternehmensbewertung kann mit einem sehr unterschiedlichen Detaillierungsgrad ausgeführt werden. Folgende Aspekte spielen für den Aussagegehalt eines Unternehmenswertes eine wichtige Rolle:
  • Bewertungsstichtag
    Der Wert eines Unternehmens wird für einen konkreten Zeitpunkt ermittelt. Dies bedeutet auch, dass der Unternehmenswert immer nur einen bestimmten Kenntnisstand berücksichtigen kann und folglich die für verschiedene Bewertungszeitpunkte ermittelten Unternehmenswerte nicht übereinstimmen müssen.
  • Bewertungsanlass
    Das Vorgehen bei einer Bewertung richtet sich grundsätzlich nach dem Bewertungsanlass. Dieser muss daher vom Auftraggeber der Bewertung genau definiert werden. Hierbei kann es sich im Rahmen der Nachfolgeplanung beispielsweise um Bewertungen für Verkaufszwecke oder für Zwecke der Ermittlung des Wertes einer Beteiligung bei Ausscheiden eines Gesellschafters handeln. Die Ausrichtung der Bewertung hat einen wesentlichen Einfluss auf die Wahl der Prämissen und damit auf den Wert.
  • Dokumentation der Prämissen und Vorgehensweise
    Um die Einflussgrößen auf einen Wert ausreichend transparent darzustellen, gehört zu einer ordnungsgemäßen Unternehmensbewertung immer die Dokumentation der Prämissen und der gewählten Vorgehensweise durch den Bewerter.
  • Plausibilität der eingehenden Daten, vor allem der Planung, Abgleich mit Vergangenheitsdaten
    Die in die Bewertung eingehenden Daten, insbesondere die vom Unternehmen erstellte Planung, sind auf Plausibilität zu prüfen, besonders im Hinblick auf die Vergangenheit. Beispielsweise sollte eine im Vergleich zur Vergangenheit sehr optimistische Umsatzplanung noch einmal hinterfragt werden. Hier ist ebenfalls zu fragen, ob die Unternehmensplanung vollständig ist und die Situation des zu bewertenden Unternehmens den Kenntnisstand des Bewertungsstichtages ausreichend widerspiegelt.
  • Stille Reserven (und Risiken)
    Unternehmen können stille Werte und Risiken haben. Stille Reserven sind beispielsweise in Grundstücken enthalten, die mit ihren historischen Anschaffungskosten in der Bilanz stehen und nicht betriebsnotwendig sind. Stille Lasten sind beispielsweise unterbewertete Pensionsverpflichtungen. Solche stillen Reserven und auch Risiken sind in einem Verkehrswert ausreichend zu berücksichtigen.
  • Angemessener Kapitalisierungszins
    Der Kapitalisierungszins kann einen großen Einfluss auf das Ergebnis einer Bewertung haben und muss daher sorgfältig abgeleitet werden.
  • Angemessene Bandbreite, vor allem bei Unsicherheit von Bewertungsprämissen
    Eine Unternehmensbewertung hängt entscheidend von den zugrunde gelegten Daten und Prämissen ab. Lassen die zur Verfügung stehenden Daten die Ableitung eines eindeutigen Wertes nicht zu, so kann der Bewerter eine angemessene Bandbreite für den Unternehmenswert ermitteln oder mit Hilfe einer Szenarioanalyse die Sensitivitäten des Wertes darstellen.
  • Plausibilisierung des Bewertungsergebnisses
    Das Bewertungsergebnis sollte abschließend mit anderen, vergleichbaren Werten verglichen werden, um die Größenordnung des Unternehmenswertes zu plausibilisieren.
SPRECHEN SIE ÜBER DIE BEWERTUNG EINES UNTERNEHMENS MIT EINEM STEUERBERATER.
Hinweis: Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK - nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.