IHK-Neujahresempfang 2025: Rede des Präsidenten Reinhold Braun

Meine sehr geehrten Damen, meine sehr geehrte Herren, ich freue mich sehr, Sie nach meiner ersten Zeitreise heute hier begrüßen zu dürfen. Sie vertreten die Wirtschaft und die Wissenschaft, die Politik und die Gesellschaft unserer Region. Es ist daher ein starkes Zeichen, dass Sie heute Abend hier sind. Sie zeigen, wie wichtig Ihnen die bayerisch-schwäbische Wirtschaft und ihre IHK ist. Herzlichen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie alle kennen die vielfachen Herausforderungen, denen sich unsere Unternehmen stellen müssen: Wir starten in das neue Jahr mit vielen Risiken und unnötigem Ballast. Die Konjunktur lahmt, die Planungssicherheit fehlt, und viele Unternehmen stehen vor schwierigen Entscheidungen. Dennoch liegt in dieser Situation eine große Chance – und genau darauf möchte ich heute Abend eingehen. Ich möchte mit Ihnen darüber sprechen, wie wir gerade jetzt Mut und Kraft finden. Mut und Kraft, um Bayerisch-Schwaben durch dieses Jahr zu führen. Mut und Kraft, um die Zukunft so zu gestalten, dass unsere Region aufblüht. Lassen Sie uns gemeinsam den Blick nach vorne richten und einen starken Impuls für eine Agenda 2030 geben. Ein strukturelles Reformpaket, das ich bereits vor einem Jahr gefordert habe und das die CDU nun auch in ihr Programm geschrieben hat.
Vor fast genau 20 Jahren hat Deutschland mit der Agenda 2010 unter der rot-grünen Bundesregierung von Gerhard Schröder und Joschka Fischer mutige Entscheidungen getroffen und den damaligen Reformstau aufgelöst. Mit Blick auf die gescheiterte Ampel-Regierung, die am 6. November zu einer Fußgängerampel geschrumpft ist, sind solche Schritte unvorstellbar. Die damaligen Reformen haben den Arbeitsmarkt entfesselt, Unternehmensgründungen gefördert, das Steuerrecht reformiert und die deutsche Wirtschaft so langfristig wettbewerbsfähiger gemacht. Aus dem kranken Mann Europas wurde die wirtschaftliche Lokomotive unseres Kontinents. Heute stehen wir erneut an einem Wendepunkt, ja an einer Zeitenwende, und ich glaube fest daran, dass wir diesen Moment für eine neue Agenda 2030, für eine Wirtschaftswende nutzen können – ja nutzen müssen. Und das nach einer zügigen Bildung einer stabilen Regierung ohne nervige Selfies vom Balkon.
Diese neue Agenda muss die Rahmenbedingungen für Wachstum und Wohlstand in Deutschland schaffen. Denn ohne eine funktionierende Wirtschaft geht nichts in unserem Land – auch wenn das manche anscheinend vergessen haben. Wir wissen, dass unsere Region einen entscheidenden Beitrag zur wirtschaftlichen Stärke und Innovationskraft in Deutschland leistet. Das haben wir in den letzten Jahrzehnten bewiesen, und das werden wir auch in Zukunft beweisen – aber nur, wenn wir gemeinsam anpacken. Denn eines ist klar: So wie bisher kann es nicht weitergehen. Mit Nachhaltigkeitsberichten alleine kann kein Unternehmen Geld verdienen, und von einem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zahlt niemand Löhne und Gehälter. Wir Unternehmer hatten von den Regierenden Rückenwind erwartet. Und was haben wir bekommen? Dokumentationspflichten, Berichtspflichten, Rechenschaftspflichten. Lassen Sie uns an Berlin und Brüssel zurückschicken, was wir nicht bestellt haben. Wir wollen nicht länger die verlängerte Werkbank eines Bürokratiemonsters sein. Wir wollen vielmehr die Leistungsträger eines Deutschlands sein, das mit ökonomischer und ökologischer Vernunft handelt. Wir wollen ein Land, das sich für Weltoffenheit, Toleranz und internationale Kooperation einsetzt.
Meine Damen und Herren, Bayerisch-Schwaben ist mehr als ein Wirtschaftsraum. Wir sind ein einzigartiges Ökosystem, das geprägt ist von generationsübergreifenden Familienbetrieben und dynamischen Start-ups, innovativen Mittelständlern und weltweit erfolgreichen Großunternehmen. Diese Vielfalt, die ich bei vielen IHK-Veranstaltungen im letzten Jahr immer wieder aufs Neue erleben durfte, ist nicht nur ein wirtschaftlicher Vorteil; sie ist die Grundlage unserer Widerstands- und Veränderungskraft. Sie macht uns deutschlandweit zur Region mit der niedrigsten Arbeitslosenquote. Lassen Sie sich das bitte auf der Zunge zergehen: 3,3 Prozent. Das ist eine Leistung, zu der Sie alle beigetragen haben. Eine Quote, über die viele Familien in der Region glücklich sind. Denn 3,3 Prozent heißt, dass wir für viele Menschen in unserer Region gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.
Als IHK Schwaben sehen wir es als unsere zentrale Aufgabe, dieses wirtschaftliche Ökosystem zu stärken und zu unterstützen. Wir sind die Standortmacher. Mit rund 140.000 Mitgliedsunternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen sind wir das branchenübergreifende Netzwerk der regionalen Wirtschaft.
Unser Engagement und damit auch unser neues Arbeitsprogramm „Wirtschaft beginnt mit WIR“ ist geprägt durch unsere drei Bs: bilden, bündeln und beraten. Ich werde nicht müde, dies immer wieder zu betonen. Über 20.000 junge Menschen in unserem Kammerbezirk absolvieren aktuell eine Ausbildung in einem IHK-Beruf. Wir begleiten sie gemeinsam mit ihren Ausbildungsbetrieben und den beruflichen Schulen beim Start in den Job. Und wir bleiben an ihrer Seite, wenn sie sich weiterentwickeln, beispielsweise zum Meister oder zur Führungskraft. Denn lebenslanges Lernen ist uns als IHK Schwaben extrem wichtig. Wir bündeln parteineutral das Gesamtinteresse unserer Mitgliedsunternehmen, mit Blick auf die im Februar stattfindende Bundestagswahl ebenso wie auf die Kommunalwahlen im nächsten Jahr. Und wir beraten unsere Mitglieder, wenn sie gründen, wenn ihre Unternehmen wachsen, und wenn sie ihre Unternehmen schließlich an die nächste Generation übergeben.
In unserem Arbeitsprogramm „Wirtschaft beginnt mit WIR“ haben wir im Mai unsere Ziele und Projekte für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in Bayerisch-Schwabens strukturiert. Es ist das Resultat intensiver Workshops und Gespräche mit den gewählten Vertreterinnen und Vertretern unseren Mitgliedsunternehmen, von denen ich Ihnen heute berichten kann. Denn wir sind überzeugt: Nur wenn wir gemeinsam handeln, können wir die Herausforderungen meistern und Bayerisch-Schwaben zukunftsfähig machen. Drei Themenbereiche sind uns dabei besonders wichtig: die Aus- und Weiterbildung, die Entwicklung unseres Wirtschaftsstandorts und die Förderung des Unternehmertums.
Lassen Sie mich unser Arbeitsprogramm am Beispiel des Unternehmertums, für das ich auch persönlich stehe, vorstellen. Bayerisch-Schwaben ist eine Region der Unternehmerinnen und Unternehmer, und wir wollen diese Stärke auch mit Blick auf den demographischen Wandel in weiter ausbauen. Dazu gehört auch, dass wir in den kommenden Jahren in rund 20.000 IHK-Mitgliedsunternehmen die Nachfolge sichern. Eine erfolgreiche Übergabe von Unternehmen an die nächste Generation ist entscheidend, um die wirtschafte Substanz zu erhalten. Darum starten wir heute die Kampagne „Mission Nachfolge“, die darauf abzielt, junge Menschen für die Übernahme eines bestehenden Unternehmens zu begeistern. Denn genau diese Menschen sind es, die den Unternehmergeist in Bayerisch-Schwaben weitertragen und weiterentwickeln können. Ich lade Sie herzlich dazu ein beim anschließendes Get-together im Foyer mehr darüber zu erfahren.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich bitte noch über die größte Chance unserer Zeit sprechen: die Künstliche Intelligenz. KI ist längst mehr als ein Zukunftsthema; sie ist die Technologie, die bereits heute in annähernd 60 Prozent unserer Mitgliedsunternehmen neue Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen ermöglicht. Sie unterstützt uns dabei, Prozesse zu automatisieren, Entscheidungen auf einer breiten Datenbasis zu treffen und Innovationen voranzutreiben. Doch Künstliche Intelligenz ist nicht nur eine technische Entwicklung. Sie stellt uns auch vor Fragen unserer Arbeitswelt von morgen, eines neuen Rechtsrahmens und des Datenschutzes. Diese Fragen unserer Mitgliedsunternehmen müssen wir ernst nehmen, wenn wir die digitale Transformation erfolgreich gestalten wollen. Daher hat sich die IHK-Vollversammlung im Dezember auch zum AI Act der Europäischen Union positioniert.
Gerade für unsere mittelständische Wirtschaft bietet KI enorme Potenziale. Sie kann uns helfen, in einem globalen Wettbewerb nicht nur mitzuhalten, sondern der Treiber zu werden. Bayerisch-Schwaben hat eine lange Tradition der Innovation. Ich bin überzeugt, dass wir mit der Anwendung der Künstlichen Intelligenz die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen deutlich steigern können.
Um diese Chancen zu nutzen, brauchen unsere Unternehmen einen starken Partner. Und genau hier setzen wir als IHK Schwaben an. Wir bieten praxisnahe Beratungen und Weiterbildungsangebote an, um die digitale Transformation und den Einsatz von KI voran zu treiben. Wir haben Netzwerke und Plattformen geschaffen, auf denen Unternehmen voneinander lernen können. Wir bieten einen kostenfreien Cyber-Security-Awareness-Test oder einen KI-Kompetenz-Check an. Oder wir unterstützen unsere Mitgliedsunternehmen bei der Beantragung öffentlicher Fördermittel. Denn digitale Transformation bedeutet Veränderung, und Veränderung gelingt nur, wenn viele Räder ineinander greifen.
In unserer Region gibt es zahlreiche Branchen, die zeigen, wie erfolgreich Digitalisierung sein kann. Denken Sie nur an die Unternehmen, die mit der Anwendung von KI ihre Produktion steigern, mit digitalen Lösungen ihren Vertrieb ankurbeln oder ihre Beschaffung effizienter machen. Wir möchten diesen Vorbildern mit der fünften Auflage unserer AI Convention Anfang Juni wieder eine Bühne geben und andere ermutigen, es ihnen gleichzutun. Denn die digitale Transformation ist eine Notwendigkeit, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass die Zukunftstechnologien unserer Zeit nicht einfach nur Werkzeuge sind. Künstliche Intelligenz ist das zentrale Thema der anschließenden Keynote von Dr. Léa Steinacker und Prof. Miriam Meckel. Sie werden uns Einblicke geben, wie KI sinnvoll und verantwortungsvoll eingesetzt wird. So wird es Sie wenig überraschen, dass auch ich bei der Entwicklung und Präsentation meiner heuten Rede auf die Zusammenarbeit mit der KI gesetzt habe.
Dass wir zwei so renommierte Expertinnen für unseren heutigen Abend gewinnen konnten, freut mich sehr. Ihre Erfahrungen und Perspektiven sind von unschätzbarem Wert, und ich bin sicher, dass ihre Impulse uns helfen werden, die Chancen der Künstlichen Intelligenz noch besser zu nutzen.
Meine Damen und Herren, Bayerisch-Schwaben ist ein Wirtschaftsstandort mit einer großen Vergangenheit und einer großen Zukunft. Wir stehen vor Herausforderungen, keine Frage. Aber ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam alles haben, was wir brauchen, um diesen Weg erfolgreich zu gehen. Das Ehren- und Hauptamt der IHK Schwaben steht bereit, diese Region zu begleiten und zu unterstützen, wo immer es notwendig ist. Lassen Sie uns die Zukunft gestalten, mit Mut, mit Innovation und mit der Überzeugung, dass Bayerisch-Schwaben als Wirtschaftsstandort eine wichtige Rolle spielt. Und mit der Hoffnung, dass sich unser Mut und unsere Bereitschaft zur Veränderung auf die Regierenden und eine Agenda 2023 überträgt, denn: Gegen schlechte wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen können auch wir auf Dauer nicht erfolgreich ankämpfen. Ebenso wenig wie gegen den Pessimismus in unserem Land.
Ich danke Ihnen für Ihr Interesse und lade Sie herzlich dazu ein, den weiteren Abend mit uns zu erleben – hier im Saal ebenso wie beim anschließenden Get-together. Denn: Wirtschaft beginnt mit WIR. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen inspirierenden Abend und uns allen eine erfolgreiche Zusammenarbeit im neuen Jahr.