19. April 2024

Außenhandel: Handelshemmnisse bremsen die Unternehmen aus Bayerisch-Schwaben aus

Nicht nur die wirtschaftlichen Folgen der Kriege im Nahen Osten oder in der Ukraine treffen die Wirtschaft in Bayerisch-Schwaben. Vor allem zunehmende Handelshemmnisse belasten das Auslandsgeschäft der heimischen Wirtschaft massiv. Das geht aus der regionalen Auswertung der IHK-Umfrage „Going International“ hervor. „Der Außenhandel unserer Unternehmen wird durch protektionistische Maßnahmen erschwert“, berichtet Jana Lovell, Leiterin der Abteilung International der IHK Schwaben. „Das hemmt den dringend erforderlichen Exportaufschwung und nimmt den Unternehmen den nötigen Spielraum, um auf die geopolitischen Herausforderungen zu reagieren.“ 
Der Außenhandel hat für die bayerisch-schwäbische Wirtschaft einen hohen Stellenwert. Rund 3.000 Unternehmen sind auf ausländischen Märkten aktiv. Fast jeden zweiten Euro verdient die heimische Industrie im Ausland. Vor allem der Maschinen- und Fahrzeugbau, die Logistik und Infrastruktur, aber auch die Lebensmittel- und Verpackungsindustrie sind stark vom internationalen Geschäft geprägt. China, die USA und der europäische Binnenmarkt sind die wichtigsten Handelsregionen. Laut statistischem Landesamt hat die bayerische Wirtschaft 2023 Waren im Wert von fast 230,8 Milliarden Euro exportiert – das sind 5,4 Prozent mehr als 2022. Dieser Zuwachs sei jedoch vor allem auf einzelne Produktgruppen wie den Kfz-Export sowie einzelne Zielmärkte wie die USA zurückzuführen. „Das vermeintlich gute Ergebnis darf nicht über die generellen Probleme unserer Unternehmen hinwegtäuschen“, so Lovell. Laut der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Schwaben gehen vom Außenhandel weiter keine Wachstumsimpulse für die bayerisch-schwäbische Wirtschaft aus. Die Industrie verzeichnete zuletzt sogar sinkende Auftragsvolumen. 
Handelsbarrieren erschweren das Geschäft zusätzlich
Wie die regionalen Ergebnisse der IHK-Umfrage „Going International“ zeigen, leiden die Unternehmen besonders unter den zunehmenden Handelshemmnissen. Fast 60 Prozent der befragten Unternehmen aus Bayerisch-Schwaben – so viele wie noch nie – gaben an, eine Zunahme von Barrieren zu spüren. Lokale Zertifizierungsanforderungen stellen für mehr als die Hälfte der Unternehmen Schwierigkeiten dar, ebenso wie Sanktionen (45 Prozent) oder verstärkte Sicherheitsanforderungen (35 Prozent). Vier von fünf Unternehmen aus Bayerisch-Schwaben beklagten zudem „hausgemachte Probleme“: etwa Hürden bei der Abwicklung durch Ausfuhrbehörden, z. B. wegen komplexer Verfahren beim Zoll, oder wegen bürokratischer Vorgaben und Unsicherheiten bei der Umsetzung von Regulierungen. „Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass den Unternehmen mit dem europäischen Lieferkettengesetz weitere bürokratische Pflichten aufgebürdet werden“, sagt Lovell. „Was wir benötigen, ist eine pragmatische Ausgestaltung der internationalen Handelspolitik, die einen Ausgleich schafft zwischen politischen Prioritäten und der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen.“ 
   
Globale Perspektive im Abwärtstrend
Laut der Umfrage geht mehr als ein Viertel der bayerisch-schwäbischen Unternehmen von einer weiteren Verschlechterung der Auslandgeschäfte im laufenden Jahr aus. „Mit Blick auf die vergangenen zehn Jahr zeigt sich, wie sich die globale Geschäftsperspektive der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft kontinuierlich verschlechtert hat. Das ist ein Alarmsignal“, so Lovell. Bei den Zielmärkten gibt es jedoch große Unterschiede. 
Mehr Investitionen in den USA, weniger in Europa
Positive Impulse kommen derzeit aus Nordamerika, wo die Unternehmen überwiegend bessere Geschäfte erwarten. Der Euroraum bleibt trotz negativer Erwartungen weiter wichtiger Markt für die bayerisch-schwäbischen Unternehmen. Laut der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage ist für mehr als die Hälfte der Unternehmen die EU weiter Hauptziel ihrer Investitionen – allerdings mit abnehmender Tendenz. Dagegen nehmen die Investitionen nach Nordamerika deutlich zu. Die Unternehmen reagieren damit auf die Vorgaben des Inflation Reduction Act (IRA), mit dem die USA die heimische Wirtschaft ankurbeln und Waren aus heimischer Produktion den Vorrang geben will. „Wenn wir die Investitionen an heimischen Standorten halten wollen, brauchen wir auch hier Investitionsanreize, ohne protektionistische Maßnahmen wie den IRA zu kopieren“, so die IHK-Expertin. Zudem sei eine Vertiefung des EU-Binnenmarkts zwingend erforderlich. Auch Handelsabkommen mit anderen Weltregionen müssten zügig vorangetrieben werden, um Hemmnisse im internationalen Geschäft abzubauen. 
Risikominimierung hat im China-Geschäft höchste Priorität
Am Engagement in China, das weiter mit konjunkturellen Problemen kämpft, will der Großteil der bayerisch-schwäbischen Unternehmen festhalten, wie die Umfrage zeigt. Mehr als 50 Prozent der Befragten gehen von gleichbleibenden Geschäftsbeziehungen aus. Allerdings rückt das Risikomanagement mehr in den Fokus. Die Unternehmen nehmen verstärkt alternative Absatzmärkte und asiatische Standorte außerhalb Chinas in den Blick.