29. November 2024
Energiegipfel Süd: IHKs setzen sich für Fortschritte in der Energiepolitik ein
Die Energie- und Planungssicherheit in Deutschland steht zunehmend unter Druck. Vertreter der Wirtschaft und Wissenschaft, darunter auch die IHK Schwaben, betonten beim Energiegipfel Süd in Ulm die Notwendigkeit dringender Maßnahmen, um die Energiewende wirtschaftlich und nachhaltig voranzubringen.
Beim Energiegipfel Süd, organisiert von den IHKs Bodensee-Oberschwaben, Ostwürttemberg, Schwaben und Ulm, diskutierten Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik die zentralen Herausforderungen der Energiewende. Im Fokus standen Lösungsansätze für eine sichere, bezahlbare und nachhaltige Energieversorgung. Dr. Sönke Voss, Hauptgeschäftsführer der IHK Bodensee-Oberschwaben, hob hervor: „Die Region der vier Kammern zählt zu den wirtschafts- und innovationsstärksten Räumen im Süden Deutschlands. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft und Politik tragfähige Lösungen zu entwickeln.“
Fünf Kernforderungen der Industrie- und Handelskammern
Voss benannte in diesem Zusammenhang die fünf Kernforderungen der Industrie- und Handelskammern für ein Gelingen der Energiewende:
- Mehr Gestaltungsspielräume für unternehmerische Verantwortung dank weniger Bürokratie.
- Versorgungssicherheit durch kluge Kraftwerksstrategie, etwa mit dem Aufbau flexibler wasserstofffähiger Kraftwerke.
- Ausbau der Infrastruktur für Energie und CO2 dank technischer Lösungen für Abtransport, Speicherung und Weiterverarbeitung von CO2.
- Vor-Ort-Lösungen für Flächenkonflikte mit einfachen Entscheidungen und schnelle Wegen.
- Schaffung eines zukunftsfähigen Energiemarkts dank technologischer Lösungen, mehr Energieangeboten und stabilen Übertragungskapazitäten.
Regionale Wirtschaft aus Bayerisch-Schwaben ist alarmiert
Andrea Thoma-Böck, Vorsitzende der IHK-Regionalversammlung Memmingen und Unterallgäu, äußerte sich alarmiert: „Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, warnt höchstpersönlich vor ‚Stress im Stromsystem‘ – längst überfällig. Die Dunkelflaute hat nun eindrücklich gezeigt, dass wir zusätzliche Kraftwerkskapazität brauchen, um die Versorgungssicherheit sicherzustellen. Die alte Regierung wäre gut beraten gewesen, frühzeitig einen parteiübergreifenden Konsens zu finden. Wir stehen kurz vor dem Kollaps. Ein halbes Jahr Stillstand bei der Kraftwerkstrategie können wir uns nun nicht mehr leisten.“
Auch Gerd Stiefel, stellvertretender Präsident der IHK Schwaben und Vorsitzender der IHK-Regionalversammlung Neu-Ulm, sieht dringenden Handlungsbedarf: „Eine Neujustierung der Energiepolitik ist die Hauptaufgabe einer künftigen Bundesregierung. Wir brauchen dazu eine Übereinkunft aller demokratischer Parteien, weil es um ein Projekt geht, das weit über eine Legislaturperiode hinausreicht, das aber existenziell für dieses Land ist und bei dem man nicht alle paar Jahre wieder die Prämissen verändern darf. Die Industrie braucht Strom zu international konkurrenzfähigen Preisen. Eine moderne und leistungsfähige Netzinfrastruktur muss künftig Vorrang vor der Schaffung weiterer Produktionskapazitäten im Inland haben, um den in Deutschland und Europa hergestellten Strom zuverlässig verteilen zu können.“
Experten: Infrastruktur und Versorgungssicherheit im Fokus
Die Redner beim Gipfel betonten, dass die Energiewende nur mit einem erheblichen Ausbau der Infrastruktur gelingen kann. Prof. Dr. Andreas Löschel von der Ruhr-Universität Bochum etwa forderte unter anderem schnellere Fortschritte bei der Netzinfrastruktur für Strom, Wasserstoff und CO2 sowie den Abbau bürokratischer Hürden. Löschel betonte: „Der starke Zuwachs der Erneuerbaren Energien ist gut und wichtig. Es ist dann aber auch zwingend notwendig, die Nachfrage nach Strom noch mehr zu flexibilisieren und die Anreize dafür richtig zu setzen.“
Wirtschaft warnt vor Standortverlagerungen
Rainer Häring, Director Energy bei der UPM GmbH, brachte die Sorgen der Unternehmen während der Podiumsdiskussion auf den Punkt: „Die Energiewende kann und darf so nicht weitergehen. Wo stehen wir aktuell im energiepolitischen Zieldreieck? Ist eine Dekarbonisierung durch Produktionsverlagerungen wirklich unser Ziel?“