Strukturprobleme ungelöst – Krise erreicht den Arbeitsmarkt
Die Wirtschaft in Bayerisch-Schwaben steckt nun bereits im dritten Jahr in der Stagnation – und die Krise erreicht nun auch den Arbeitsmarkt. Der IHK-Konjunkturindex steigt im Herbst 2025 nur leicht auf 105 Punkte und bleibt damit deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 114 Punkten. „Die bayerisch-schwäbische Wirtschaft verharrt im Stillstand. Wir sehen keine konjunkturelle Belebung, sondern eine Erosion unserer Wettbewerbsfähigkeit. Der heimischer Wirtschaftsstandort bleibt ein Sanierungsfall“, sagt Reinhold Braun, Präsident der IHK Schwaben. „Die strukturellen Probleme sind ungelöst und schlagen nun sichtbar auf den Arbeitsmarkt durch.“
Die Hoffnung auf eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung nach dem Regierungswechsel hat sich bislang nicht erfüllt. 29 Prozent der Unternehmen melden zwar eine gute Geschäftslage, doch die Erwartungen trüben sich erneut ein. Nur 17 Prozent rechnen mit einer Verbesserung, 18 Prozent erwarten eine Verschlechterung. „Die Dauerkrise hat sich verfestigt. Viele Betriebe kämpfen mit schwacher Nachfrage, hohen Standortkosten und regulatorischen Belastungen. Der politische Reformstau ist das größte Standortrisiko“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Marc Lucassen.
Arbeitsmarkt verliert an Stabilität
Auch der Arbeitsmarkt in Bayerisch-Schwaben gerät nun unter Druck. Nur noch 14 Prozent der Unternehmen planen, neue Stellen zu schaffen, während 24 Prozent einen Personalabbau erwarten. Besonders betroffen sind Industrie, Großhandel sowie das Reise- und Gastgewerbe. „Die Krise erreicht den regionalen Arbeitsmarkt“, warnt Lucassen. „Die Unternehmen halten ihre Fachkräfte derzeit nur mit großem Kraftaufwand. Ohne klare Wachstumsimpulse droht diese Stabilität verloren zu gehen.“ Die Arbeitslosenquote liegt mit 3,8 Prozent zwar weiter auf vergleichsweise niedrigem Niveau, erreicht aber den höchsten Wert seit 2021 – ein deutliches Warnsignal für die regionale Wirtschaft. Hinzu kommt, dass neue Stellen überwiegend im öffentlichen Sektor entstehen und der demografische Wandel generell die Zahl der Erwerbstätigen und damit die Arbeitslosenquote senkt.
Industrie schwächelt, Bau trotzt dem Trend
Der Blick in die Branchen zeigt ein geteiltes Bild: Das Baugewerbe profitiert von öffentlichen Infrastrukturaufträgen und verbessert sich etwas auf 106 Punkte. Auch die unternehmensnahen Dienstleister halten sich mit 113 Punkten stabil. Dagegen bleibt die Industrie im Rückwärtsgang: Aufträge und Investitionen gehen spürbar zurück, der Branchenindex sinkt auf 98 Punkte. Der Einzelhandel leidet unter Kaufzurückhaltung, während das Reise- und Gastgewerbe nach einer starken Sommersaison nun vorsichtiger in die Zukunft blickt.
Rahmenbedingungen bremsen Investitionen
Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen bleiben aus Sicht der Betriebe das größte Risiko. 63 Prozent der Unternehmen nennen sie als Haupthindernis, gefolgt von einer schwachen Inlandsnachfrage (62 Prozent) und hohen Arbeitskosten (55 Prozent). Die hohen Energiepreise und der Fachkräftemangel zählen ebenfalls weiterhin zu den größten Hemmnissen. Lucassen mahnt: „Der Vertrauensvorschuss ist aufgebraucht. Die Unternehmen benötigen endlich eine verlässliche, wachstumsorientierte Politik anstelle weiterer Einzelmaßnahmen ohne Durchschlagskraft. Die Politik sollte verstehen: Der Standort bewirbt sich bei der Wirtschaft und nicht umgekehrt.“
Braun: Arbeitsmarkt darf nicht kippen – Reformtempo muss steigen
Auch Braun warnt vor den Folgen der anhaltenden Strukturkrise. „Wenn Beschäftigung in der privaten Wirtschaft zurückgeht, gefährdet das nicht nur den Standort, sondern auch unseren Wohlstand. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Schwächephase zur neuen Normalität wird.“ Mit Blick auf die kürzlich bekannt gewordenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung zeigt sich Braun zurückhaltend: „Einzelne Schritte gehen in die richtige Richtung – etwa bei Infrastruktur und Energie. Doch in Summe reicht das bei weitem nicht aus, um den Standort wieder international auf Kurs zu bringen.“ Die Wirtschaft brauche endlich konkrete Maßnahmen für strukturelle Reformen. Braun betont, dass sich die Wirtschaftswende nicht auf immer neue Ankündigungen beschränken dürfe. „Es braucht eine grundlegende Entlastung bei Arbeit und Energie, schnellere Genehmigungen und ein Steuer- und Abgabensystem, das Leistung belohnt und nicht bestraft. Ohne mutige Strukturreformen fällt Deutschland weiter zurück – mit spürbaren negativen Folgen auch für Bayerisch-Schwaben.“
