Selbstständig oder angestellt? Kleine Unternehmen hoffen auf Rechtssicherheit

Soloselbstständige und Kleinstunternehmen sind ein unverzichtbarer Bestandteil der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft. Ihr Anteil an den Mitgliedsunternehmen der IHK Schwaben liegt bei knapp 80 Prozent. „Sie sind damit ein wichtiger Eckpfeiler unserer regionalen Wirtschaft. Sie werden in politischen Debatten aber oft übersehen“, sagt der stellvertretende IHK-Präsident. Hoffnung gibt den kleinen Unternehmen nun der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung, der vor allem beim Thema Scheinselbstständigkeit für mehr Klarheit sorgen soll.
Hohe bürokratischen Anforderungen, Finanzierungshürden und realitätsferne Gesetze – Soloselbstständige und Kleinstunternehmen stehen vor zahlreichen Herausforderungen, wie beim Selbstständigentag der IHK Schwaben Ende Mai deutlich wurde. Laut einer aktuellen Umfrage der KfW treffen bürokratische Anforderungen vor allem kleine Unternehmen. Knapp 9 Prozent der Arbeitszeit wenden Soloselbstständige demnach auf, um gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden – und damit mehr als der Mittelstand im Durchschnitt.
Auch Auftraggeber geraten ins Zweifeln
Besonders das Thema Scheinselbstständigkeit sorgt für Unsicherheit und Mehrarbeit. „Die geltenden Regelungen zur Abgrenzung zwischen selbstständiger und abhängiger Beschäftigung sind derzeit zu komplex, intransparent und für viele Betroffene nicht immer nachvollziehbar“, berichtet Bettina Kräußlich, Leiterin Vertrieb und Kundenmanagement bei der IHK Schwaben. „Das führt im schlimmsten Fall dazu, dass sowohl Auftraggeber als auch Soloselbstständige aus Sorge vor rechtlichen Konsequenzen potenziell produktive Geschäftsbeziehungen nicht eingehen oder abbrechen.“
Permanente Sorge begleitet viele Soloselbstständige
Das Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung, das eigentlich für Rechtssicherheit sorgen soll, ist langwierig und führt häufig zu widersprüchlichen Entscheidungen. Betroffen sind u. a. IT-Berater, Grafikdesigner und Texter, aber auch Lehrkräfte oder Programmierer. „Viele Soloselbstständige leben in permanenter Angst, nachträglich als scheinselbstständig eingestuft zu werden – selbst wenn sie ganz bewusst unternehmerisch tätig sind“, berichtet Kräußlich. „Das bremst Innovationskraft, verhindert flexible Arbeitsformen und gefährdet wirtschaftliche Existenzen.“
Bundesregierung kündigt Reformen an
Um Soloselbstständige und Kleinstunternehmen nachhaltig zu stärken, sind eine Reform des Statusfeststellungsverfahrens und klare, praxistaugliche Kriterien erforderlich, so Kräußlich. Wichtig sind dabei gesetzlich definierte Positivkriterien für eine selbstständige Tätigkeit. „Wer unternehmerisches Risiko übernimmt, verdient Klarheit und Sicherheit“, sagt die Expertin der IHK Schwaben. „Die aktuelle Rechtslage bremst nicht nur Soloselbstständige aus, sondern schadet dem Wirtschaftsstandort insgesamt.“ In ihrem Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung angekündigt, sich dem Thema widmen zu wollen. Darin ist eine Reform des Verfahrens angekündigt. Ebenso Regelungen, um Selbstständige besser für das Alter abzusichern. „Das sind erste Signale, die zeigen, dass man der Bedeutung dieser Unternehmensgruppe Rechnung trägt“, betont der stellvertretende IHK-Präsident Gerd Stiefel.
Gemeinsame Herausforderungen verbinden
Beim Selbständigentag am 22. Mai in Augsburg bot die IHK Schwaben Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen erneut eine Plattform zum Austausch und Netzwerken. Gerade für Einzelkämpfer sind die wichtig. „Auch wenn die Unternehmen in ganz unterschiedlichen Branchen aktiv sind, verschiedene Zielgruppen bedienen oder ganz spezielle Produkte und Lösungen anbieten – sie alle stehen vor ähnlichen Herausforderungen“, so Kräußlich.