Nach 100 Tagen Trump setzt Wirtschaft in Bayerisch-Schwaben verstärkt auf Europa

Das Vertrauen in die USA als wichtiger Handelspartner ist in der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft deutlich geschrumpft. 100 Tage nach dem Amtseintritt von Präsident Donald Trump gibt nur noch jedes zehnte regionale Unternehmen an, dass man weiter auf die USA vertraue, so das Ergebnis einer BIHK-Umfrage. „Das Verhältnis zum einst wichtigen Partner ist von großer Unsicherheit geprägt“, berichtet Jana Lovell, Leiterin der Abteilung International bei der IHK Schwaben. Die Folge: Die bayerisch-schwäbischen Unternehmen richten ihren Blick stärker auf andere Regionen und investieren vermehrt im Inland. „Das kann eine große Chance für den Standort Europa sein“, so Lovell.
Noch reagieren die regionalen Unternehmen zurückhaltend auf die Entwicklungen in den USA. „Die Unternehmen beobachten die Lage derzeit kritisch“, so Lovell. „Der Zick-Zack-Kurs der US-Regierung macht langfristige Planungen extrem schwierig.“ 15 Prozent der befragten Unternehmen gaben in der BIHK-Umfrage an, ihr USA-Engagement aufgrund der Politik des neuen US-Präsidenten verändern zu wollen. Fast zwei Drittel erklärten, bei ihrer bisherigen Strategie zu bleiben. Weitere 16 Prozent sind noch unsicher. Auffällig ist, dass die heimischen Unternehmen bei Investitionen in den USA zurückhaltender werden. Noch im vergangenen Jahr lag Nordamerika, insbesondere die USA, auf Platz 2 der Destinationen, in die die meisten Auslandsinvestitionen flossen. Fast zwei Drittel der bayerisch-schwäbischen Unternehmen erklärten damals, in den USA oder Kanada zu investieren. Dazu hatten insbesondere die damals positive Entwicklung der US-Wirtschaft und die Local-Content-Strategie der Biden-Regierung beigetragen. In der aktuellen BIHK-Umfrage berichtet dagegen nur noch rund ein Viertel der Befragten von steigenden oder gleichbleibenden Investitionen in den USA.
Kräfteverhältnis im internationalen Handel verschiebt sich
Dafür gewinnen andere Regionen an Bedeutung: 75 Prozent der Unternehmen aus Bayerisch-Schwaben gaben in der Umfrage an, den Blick verstärkt auf die Eurozone zu richten. Auch die Inlandsinvestitionen nehmen wieder zu. Ebenso werden weitere europäische Länder wie Schweiz oder Norwegen (40 Prozent) sowie das Vereinigte Königreich (22 Prozent) attraktiver. Auch der Asien- und Pazifikraum (25 Prozent) und Süd- und Mittelamerika (15 Prozent) sind für die Unternehmen in Bayerisch-Schwaben zunehmend relevant. Chinas Bedeutung für die regionale Wirtschaft scheint der Umfrage zu Folge in den kommenden vier Jahren ebenfalls zuzunehmen. Mehr als 40 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass sich die Geschäftsbeziehungen aufgrund der aktuellen Entwicklungen verbessern werden.
US-Zollpolitik setzt heimischer Wirtschaft zu
„Die international eng vernetzte Wirtschaft in Bayerisch-Schwaben ist auf verlässliche Partnerschaften und faire Handelsregeln angewiesen“, sagt IHK-Expertin Lovell. Mit einer Exportquote von knapp 45 Prozent hat der Außenhandel einen hohen Stellenwert für die Wirtschaft in der Region. Die USA sind nach der Europäischen Union bisher das wichtigste Exportland. Allein aus Bayerisch-Schwaben haben 600 Unternehmen aktive Geschäftsbeziehungen in die USA. In der aktuellen Umfrage gaben fast zwei Drittel der befragten Unternehmen aus Bayerisch-Schwaben an, dass sie mit einer Verschlechterung der Geschäftsbeziehungen zu den USA in den kommenden vier Jahren rechneten. Vor allem die Zollpolitik Trumps setzt den Betrieben zu: Mehr als die Hälfte berichtet von negativen Auswirkungen auf das eigene Geschäftsmodell.
EU muss Binnenmarkt stärken und Handelsabkommen abschließen
„Es ist nun wichtig, dass wir die Handelshemmnisse auf europäischer Ebene weiter abbauen und den Binnenmarkt endlich vollenden“, sagt Lovell. Auch beim Abschluss von Handelsabkommen fordert die IHK Schwaben mehr Tempo von der EU und ihren Mitgliedsstaaten. So ist das Mercosur-Abkommen nach wie vor nicht von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert, ebenso die Abkommen mit Mexiko und Chile. Auch über engere Beziehungen etwa zu Indien, Indonesien und anderen Staaten in Südostasien, Lateinamerika sowie im arabischen Raum und Afrika wird seit geraumer Zeit verhandelt.