Arbeitszeiterfassung

Warum die Erfassung der Arbeitszeit für Ihr Unternehmen wichtig ist und welche Anforderungen Sie dabei beachten müssen, erfahren Sie in diesem Artikel.

1. BAG-Urteil

1.1 Bisherige Rechtslage

Im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gibt es aktuell keine Verpflichtung zur generellen Aufzeichnung der Arbeitszeit. Nach § 16 Abs. 2 ArbZG sind Arbeitgeber verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit nach § 3 Satz 1 ArbZG hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Es galt somit bisher schon, dass Überstunden und die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen aufgezeichnet werden müssen.
Gesonderte Aufzeichnungspflichten gelten bereits zudem u. a. für:
  • Geringfügig Beschäftigte (Minijobber), § 17 Abs. 1 Mindestlohngesetz (MiLoG)
  • Arbeitnehmer in den in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) genannten Wirtschaftsbereichen
  • Arbeitnehmer im Straßentransport, § 21a Abs. 7 ArbZG
  • Arbeitnehmer in der Fleischwirtschaft, § 6 Abs. 1 Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch)
  • bestimmte Arbeitnehmer im Anwendungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG), § 19 Abs. 1 AEntG
  • Bestimmte Leiharbeitnehmer, § 17c Abs. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)
Bislang war die überwiegende Auffassung, dass im deutschen Recht keine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung existiert. Für alle überraschend hat das BAG aber entschieden, dass bereits jetzt eine generelle Aufzeichnungspflicht besteht.
Anlass der BAG-Entscheidung war ein mitbestimmungsrechtliches Thema. Gegenstand des Verfahrens vor dem BAG war ein Rechtsstreit eines Betriebsrates mit dem Arbeitgeber, ob und inwieweit ihm im Rahmen seiner Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG ein Initiativrecht zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems zusteht. Das BAG hat entschieden, dass der Arbeitgeber bereits gesetzlich zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet ist und in soweit kein Initiativrecht des Betriebsrats besteht.

1.2 Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung leitet das BAG aus § 3 ArbSchG ab. Gemäß § 3 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Nach der unionsrechtskonformen Auslegung der Norm muss der Arbeitgeber ein System zur Erfassung der von seinen Arbeitnehmenden geleisteten täglichen Arbeitszeiten einführen. Aufgezeichnet werden muss Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeit einschließlich der Überstunden. [BAG Urteil vom 13.09.2022 – 1ABR 22/21]

1.3 Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeit

Die Pflicht zur Zeiterfassung gilt ab sofort. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit jeder Arbeitnehmerin bzw. jedes Arbeitnehmers zu erfassen, einschließlich deren geleisteter Überstunden. Das BAG fordert in seinem Entscheidungsgründen, dass die Arbeitszeit nicht nur erhoben, sondern auch so erfasst und aufgezeichnet werden muss, dass eine Kontrolle durch die zuständigen Behörden möglich ist. Nicht ausreichend ist es, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmenden lediglich ein Zeiterfassungssystem anbietet und ihnen freistellt, ob sie das System nutzen oder nicht. Arbeitgeber müssen also nachhalten, ob die Arbeitnehmenden das System nutzen und ihre Arbeitszeit erfassen.
Das BAG räumt die Möglichkeit ein, die Aufzeichnung der Arbeitszeit an die Arbeitnehmenden zu delegieren. Jedoch bleibt der Arbeitgeber für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben des Arbeitsschutzes verantwortlich.

1.4 Form der Arbeitszeiterfassung

Solange der Gesetzgeber keine konkretisierende Regelung getroffen hat, bleibt die Art und Weise der Arbeitszeiterfassung (etwa handschriftlich, über Excel-Tabellen, analoge/digitale Stechuhr, Online-Zeiterfassung über den Arbeitsplatz-PC oder -Laptop oder mobile Zeiterfassung über eine App) dem Arbeitgeber überlassen. Bei einer digitalen/elektronischen Lösung (hier gibt es kostenlose und kostenpflichtige Varianten) sollte man darauf achten, dass die Software nicht nur die Arbeitszeitdaten erfasst. Es muss eine fälschungssichere und datenschutzkonforme Software sein. Sie sollte auch verknüpfbar sein mit Systemen, die im Unternehmen bereits genutzt werden.

1.5 Vertrauensarbeitszeit

Die Vertrauensarbeitszeit ist bislang gesetzlich nicht geregelt. Darunter versteht man in der Regel, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit weitestgehend selbst bestimmen kann. Meist wird lediglich das Volumen der wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit vertraglich festgelegt. Beginn, Ende und sonstige Lage der Arbeitszeit wird vom Arbeitgeber aber nicht vorgegeben. Vielmehr vertraut der Arbeitgeber darauf, dass der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten erfüllt und die ihm aufgetragene Arbeit erledigt.
Vertrauensarbeitszeit im Sinne einer selbst bestimmten Lage der Arbeitszeit ist weiterhin möglich und wird auch künftig erhalten bleiben. Vertrauensarbeitszeit heißt jedoch nicht mehr, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit nicht aufzeichnen müssen, selbst wenn der Arbeitgeber ihnen insoweit vertraut. Auch hier müssen die Arbeitszeiten vollständig erfasst werden, was einen zusätzlichen organisatorischen Aufwand mit sich bringt. Zudem müssen nach wie vor die zwingenden Vorgaben des ArbZG beachtet werden.

1.6 To Dos für Unternehmen

Da die Erfassung der Arbeitszeit bereits heute geltendes Recht ist, sollten Arbeitgeber eine Bestandsaufnahme im Unternehmen durchführen und spätestens jetzt ein Arbeitszeiterfassungssystem etablieren. Sofern bereits ein System vorhanden ist, sollte dieses auf die Übereinstimmung mit den Vorgaben der BAG-Entscheidung geprüft werden.
Das BMAS hat im Anschluss an die BAG-Entscheidung Fragen und Antworten zur Arbeitszeiterfassung veröffentlicht, in denen auf die wichtigsten Punkte zur Arbeitszeiterfassung eingegangen wird.
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© IHK Schwaben

2. Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes

Der erste Referentenentwurf aus April 2023 zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes ist online abrufbar. Dieser wird angesichts des Scheiterns der Koalition nicht weiter verfolgt. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die neue Regierung das Vorhaben umsetzen wird.
Stand: März 2025
Hinweis:
Diese Informationen sollen nur erste Hinweise in übersichtlicher Form geben und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.