Stimmungswechsel in der Wirtschaft – die ersten 100 Tage entscheiden

Die konjunkturelle Lage im Landkreis Lindau trübt sich, im Gegensatz zum schwabenweiten Trend, im Frühjahr 2025 spürbar ein. Die Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen zeigen sich pessimistischer als noch zu Jahresbeginn. „Die Wirtschaft in der Region sendet ein klares Warnsignal. Jetzt ist es an der neuen Bundesregierung, durch wirtschaftsfreundliche Maßnahmen Vertrauen zurückzugewinnen“, betont Rolf Thomann, Vorsitzender der IHK-Regionalversammlung Lindau-Bodensee, bei der Vorstellung der aktuellen Ergebnisse.
Von 1. bis 23. April 2025 hat die IHK Schwaben einen repräsentativen Querschnitt ihrer Mitgliedsunternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen zur aktuellen Lage, den künftigen Erwartungen und den größten konjunkturellen Risiken befragt. Rund 830 Unternehmen haben geantwortet, darunter eine repräsentative Anzahl aus dem Landkreis Lindau. Die Ergebnisse stellte die IHK-Regionalversammlung Lindau-Bodensee im Rahmen eines Pressegesprächs vor.
Stärkster Rückgang in Bayerisch-Schwaben
Der IHK-Konjunkturindex für Lindau, der sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Erwartungen abbildet, sinkt im Vergleich zum Jahresbeginn um 12 Punkte auf 90 Punkte. Er liegt damit wieder unter der psychologisch wichtigen Wachstumsschwelle von 100 Punkten. Im Vergleich zum bayerisch-schwäbischen IHK-Konjunkturindex von aktuell 104 Punkten schneidet die regionale Stimmung unterdurchschnittlich ab. Auch mit Blick auf das gesamte Allgäu, dessen IHK-Konjunkturindex 102 Punkte beträgt, steht der Landkreis Lindau schlechter dar. „Für den starken Einbruch dürfte es mehrere Gründe geben. Zum einen lag die Erwartungshaltung in der Region Lindau bei der letzten Umfrage deutlich über dem Durchschnitt – wir sehen hier möglicherweise eine Korrektur. Zum anderen fließt in die wirtschaftliche Erwartungsbildung immer auch viel Psychologie ein. Es liegt nahe, dass die aktuelle Unsicherheit, insbesondere im Automotive-Sektor, sich daher spürbar auf die Stimmung in der Region ausgewirkt haben, die eng mit dieser Branche verbunden ist“, begründet IHK-Regionalgeschäftsführerin Annalena Haußer die Abweichungen.
Koju-Index
Geschäftslage verschlechtert sich, Aussichten bleiben verhalten
Die aktuelle Konjunkturumfrage der IHK Schwaben zeigt: Die wirtschaftliche Lage im Landkreis Lindau hat sich im Frühjahr 2025 spürbar verschlechtert. Während zum Jahresbeginn noch 40 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als „gut“ bewerteten, sind es aktuell nur noch 21 Prozent. Zugleich steigt der Anteil der Betriebe, die ihre Situation als lediglich „befriedigend“ einschätzen, auf 50 Prozent (zuvor: 33 Prozent).
Die Aussichten bleiben verhalten. Zwar ist der Anteil der Unternehmen, die mit einer Verbesserung der Geschäftslage rechnen, gegenüber Jahresbeginn von 12 Prozent auf 18 Prozent leicht gestiegen, doch überwiegt weiterhin die Skepsis. 29 Prozent der Betriebe gehen von einer weiteren Verschlechterung aus – ein Anstieg um neun Prozentpunkte. Die Mehrheit (53 Prozent) rechnet zumindest mit einer stabilen Entwicklung.
Industrie zwischen Hoffen und Bangen
Die Industrie ist eine tragende Säule der regionalen Wirtschaft. Die Exportquote des verarbeitenden Gewerbes, also der Anteil des Umsatzes, den die heimische Industrie im Ausland erwirtschaftet, liegt bei 44 Prozent. „Mit der Inlandsnachfrage allein können wir die Arbeitsplätze und damit den Wohlstand unserer Region nicht aufrechterhalten“, ordnet Thomann diese wichtige Kennzahl ein. Daher setzen die regionalen Unternehmen auf Verhandlungen mit der US-Regierung, auf eine Vertiefung des EU-Binnenmarktes und auf neue Handelsabkommen der Europäischen Union – lautet ein weiteres Ergebnis der IHK-Konjunkturumfrage.
Die Risiken sind noch nicht entschärft
Thomann: „In der Wirtschafts- und Energiepolitik setzt der Koalitionsvertrag von Union und SPD wichtige Impulse. Beim Arbeitskräftemangel zeigen sich sowohl positive Ansätze als auch Schwächen – das Risiko überhöhter Arbeitskosten bleibt jedoch ungelöst. Zu dieser Bewertung kommt der IHK-Regionalvorsitzende, wenn er den Koalitionsvertrag mit der Risikoeinschätzung für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der IHK-Konjunkturumfrage vergleicht. Die Unternehmen betrachten weiterhin die derzeitigen ökonomischen Rahmenbedingungen als vorrangiges Risiko: 68 Prozent bewerten diese als größte Gefahr für ihre weitere Entwicklung. Auf Rang zwei folgt die schwache Inlandsnachfrage mit 62 Prozent. Die Arbeitskosten (53 Prozent) und die Energie- und Rohstoffpreise (44 Prozent) bleiben bedeutende Risikofaktoren. Der Arbeits- und Fachkräftemangel belegt unverändert mit 41 Prozent den fünften Platz.
Koju-Verlauf
Mission Nachfolge: IHK wirbt für das Unternehmertum
Das Unternehmertum ist neben der Aus- und Weiterbildung und dem Wirtschaftsstandort ein zentrales Handlungsfeld des aktuellen IHK-Arbeitsprogramms „Wirtschaft beginnt mit WIR“. Mit Blick auf den Altersdurchschnitt der Unternehmerinnen und Unternehmer im Landkreis Lindau von 51,7 Jahren, wirbt die IHK für das Unternehmertum in der Region. „Ich befinde mich selbst gerade mitten im Übergabeprozess – daher weiß ich aus erster Hand, wie viel Potenzial, aber auch Verantwortung in der Unternehmensnachfolge steckt. Die Übernahme eines etablierten Betriebs ist eine echte Chance und eine attraktive Alternative zur Neugründung oder einer klassischen Karriere im Angestelltenverhältnis. Mit der Kampagne „Mission Nachfolge“ rücken wir das Thema in den Mittelpunkt und bieten zugleich konkrete Informations- und Beratungsangebote an“, so IHK-Vorstandsmitglied und Geschäftsführer der CheckTec GmbH, Sebastian Gruber, abschließend.