Räume schaffen – Räume entwickeln
Auch im echten Norden ist Raum nicht unbegrenzt verfügbar. Daher kommt der Entwicklung der vorhandenen Räume eine besondere Bedeutung zu: in Städten, in deren Umland und im ländlichen Raum. Für die Entwicklung braucht es gute und zielgerichtete Planungen, die in ihrer Geschwindigkeit allerdings deutlich beschleunigt werden müssen.
Planungsbeschleunigung
Schnelle und rechtssichere Planungs- und Genehmigungsverfahren für Infrastrukturvorhaben, Gewerbe- und Industrieansiedlungen sowie für Industrieanlagen sind ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein. Betriebe weisen darauf hin, dass die Dauer und Komplexität von Planungs- und Genehmigungsverfahren sie in ihrer Entwicklungsfähigkeit stark hemmt. Dementsprechend gilt es, Planungsverfahren zu straffen, die Öffentlichkeit von Anfang an mit einzubeziehen und möglichen Konflikten durch einen frühzeitigen und kontinuierlichen Dialog zu begegnen.
Die zukünftige Landesregierung sollte daher die Bundesregierung bei den im Koalitionsvertrag festgelegten Maßnahmen zur Modernisierung von Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren intensiv unterstützen, um private Investitionen schnell, effizient und zielsicher umsetzen zu können. Gemeinsames Ziel muss es sein, die Verfahrensdauern mindestens zu halbieren. Dafür müssen Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen.
- Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren
Unerlässlich für eine erfolgreiche Entwicklung ist eine effizientere und schnellere Planung und Umsetzung für Erhalt, Sanierung, Aus- und Neubau der physischen und digitalen Infrastrukturen sowie für die Ansiedlung neuer Technologieunternehmen. Das Bau- und Planungs- sowie das Genehmigungsrecht sind kritisch zu hinterfragen und für raschere Genehmigungsentscheidungen und verlässliche Planungsgrundlagen zukunftsorientiert zu novellieren.Um die Entwicklungschancen zu verbessern und im nationalen und internationalen Wettbewerb mithalten zu können, sind schnellere Planungsverfahren unabdingbar. Dazugehörige Umweltverträglichkeitsprüfungen sind schnellstmöglich, aber dennoch mit der gebotenen Sorgfalt zu bearbeiten. Gerade bei Erneuerungen (Repowering) und Kapazitätserhöhungen im Leitungsbau, die Errichtungen neuer oder Modernisierungen bestehender Energieanlagen darstellen, bedarf es Anpassungen, sofern die Anlagen vor Ort generell auf Akzeptanz stoßen beziehungsweise gestoßen sind.Auch Instanzverkürzungen (Oberverwaltungsgerichte als Erstinstanz bei Streitigkeiten in Planungs- und Genehmigungsverfahren) können einen Beitrag zu einer schnelleren Umsetzung von Vorhaben leisten. Wichtig ist, dass in allen Verfahren bestimmte Schritte und der Gesamtverlauf mit konkreten Zeitangaben hinterlegt sein müssen.
- Personalausstattung auf der öffentlichen Seite verbessern
Alle staatlichen Stellen sollen Verwaltungsverfahren so vereinfachen und verbessern, dass gerichtliche Auseinandersetzungen möglichst vermieden werden. Dazu ist es notwendig, die Planungs- und Genehmigungsbehörden sowie Gerichte personell so aufzustellen, dass sie als kompetente Partner im Sinne einer Servicestelle für die Aktivitäten der Unternehmen fungieren können. Hierzu bedarf es neben einer ausreichenden Anzahl an Personalstellen auch eines passenden Mindsets sowie einer passenden technischen Ausstattung.
- Transparentere Öffentlichkeitsbeteiligung
Auch die Öffentlichkeitsbeteiligung sollte einfacher und transparenter gestaltet werden. Sie sollte frühzeitig und in einem stärker integrierten und strukturierten Verfahren (Hauptsachverfahren) nur einmal erfolgen. Wichtig ist ein transparenter Dialog, um mögliche Konflikte frühzeitig erkennen und im Verfahren lösen zu können und die Investitionssicherheit zu erhöhen. Außerdem sollte ein Erörterungstermin im Hauptsacheverfahren nur stattfinden, wenn weitere für die Verfahrensentscheidung wesentliche Erkenntnisse aus der Diskussion zu erwarten sind. Aus Gründen der Rechtssicherheit für Unternehmen erscheint es wichtig, bei der Umsetzung der Aarhus-Konvention die Präklusion europarechtskonform wieder einzuführen und bei der nationalen Ausgestaltung die vorhandenen Spielräume zu ihrer Stärkung zu nutzen.
- Digitalisierung voranbringen
Ob Firmenansiedlungen oder Gerichtsverfahren: Die Genehmigungs- und Planungsprozesse erfolgen vielfach noch wenig digital. Zudem stehen die relevanten Unterlagen wie Planungsunterlagen, Untersuchungsberichte oder Gutachten oft nicht online zur Verfügung. Beispielsweise sind Untersuchungen von Flora und Fauna, Gewässer- oder Luftqualität und die daraus gewonnenen Daten über Umweltzustände oft nicht verwendbar oder veraltet, etwa beim Artenschutz. Durch die mangelnde Transparenz ist überdies für die Öffentlichkeit und damit auch die betroffenen Unternehmen häufig nicht nachvollziehbar, auf welcher Planungs- oder Realisierungsstufe sich das jeweilige Vorhaben gerade befindet.Die zukünftige Landesregierung sollte daher dafür sorgen, dass alle nicht vertraulichen Planungsunterlagen über zentrale Landesplattformen abrufbar sind. Die existierenden Plattformen wie BOB-SH und der schleswig-holsteinische Landwirtschafts- und Umweltatlas sollten ertüchtigt und weiter ausgebaut werden. Zudem sollten Öffentlichkeitsbeteiligungsprozesse zukünftig digital ermöglicht werden. Um Doppelerhebungen der Umweltbedingungen an Standorten zukünftig zu vermeiden, sollten die gewonnenen Daten über Flora und Fauna, Gewässer- oder Luftzustände zentral digital hinterlegt werden. So können spätere oder parallele Planungen auf diese Erkenntnisse zurückgreifen.
- Öffentlich-private Partnerschaften müssen Teil von Planungs- und Genehmigungsprozessen werden
Durch öffentlich-private Partnerschaften, konzipiert als kooperativer Ansatz zwischen der öffentlichen Seite und privatwirtschaftlichen Unternehmen, können mittelfristig die Verfahren aufgrund einer höheren Flexibilität in Bezug auf Personalbedarf und unternehmerische Effizienz beschleunigt werden.
Raumordnung
Der Landesentwicklungsplan bildet eine gute Grundlage für die Entwicklung Schleswig-Holsteins in den nächsten Jahren. Von Bedeutung ist die Umsetzung des Plans sowie die Übersetzung in weitere Fach- und Raumpläne.
- Raumordnungspläne umgehend in das abschließende Beteiligungsverfahren geben und verabschieden.
Gestiegene Bauaktivitäten und Nutzungskonflikte um Flächen können schon jetzt regional zu Versorgungsengpässen mit heimischen Rohstoffen wie Sand, Kies oder Natursteinen führen. Zunehmende Importe aus dem Ausland würden aufgrund der hohen Transportkosten zu erheblichem Mehraufwand und auch entsprechenden Verkehrsemissionen führen. Zwar kann das Recycling von mineralischen Bauabfällen den zukünftigen Bedarf an Rohstoffen teilweise decken, für manche Verwendungen ist jedoch der Einsatz von Primärrohstoffen essenziell. Deshalb ist die Erschließung zusätzlicher Rohstofflagerstätten eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Schleswig-Holstein.Neue Lagerstätten für diese Rohstoffe können bisher aufgrund der langen Planungs- und Genehmigungszeiträume nicht zeitnah erschlossen werden. Das Raumordnungsrecht spielt bei der langfristigen Sicherstellung der Versorgung der Wirtschaft mit mineralischen Rohstoffen eine zentrale Rolle. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, die planerischen Voraussetzungen für die zukünftige ortsnahe Gewinnung von Kiesen und Sanden umgehend abzuschließen.
- Das 1,3-Hektar-Flächensparziel aus dem im Jahr 2021 veröffentlichten Landesentwicklungsplan muss in der konkreten Umsetzung wirtschaftsfreundlich ausgestaltet werden.
Schleswig-Holstein ist ein Flächenbundesland, eingerahmt von die Küstenlandschaft prägenden Meeren. Neben den vielen kleinen Siedlungen, mittleren und großen Städten sowie dem Hamburger Rand als ganz besonderer Region finden sich viele weitläufige Gebiete, die überwiegend landwirtschaftlich genutzt werden. Mit Blick auf diese Konstellation müsste man eigentlich meinen, dass es uns hier oben im Norden nicht an Fläche mangelt, doch ganz so einfach ist es nicht. Bereits heute stellen wir in vielen Gebieten fest, dass zunehmend Fläche für die Erweiterung bestehender Unternehmen oder die Ansiedlung neuer Unternehmen fehlt. Vor diesem Hintergrund schaut die IHK Schleswig-Holstein mit einem kritischen Blick auf das durch den Landesentwicklungsplan festgehaltene Flächensparziel. Dabei ist unsere Kritik nicht fundamentaler Natur, sondern äußert sich in der konkreten Forderung, dass die Umsetzung dieses Zieles nicht dazu führen darf, dass Wirtschaftswachstum ausgebremst wird, indem schier die Flächen für Entwicklungen fehlen. Daher sollte die Ausgestaltung des Zieles so wirtschaftsfreundlich erfolgen, dass stets gewährleistet wird, dass der Flächenzugriff für Erweiterungen oder Ansiedlungen nicht an der quantitativen Begrenzung des politisch gesetzten Flächensparziels scheitert.
- Für die Wirtschaftsentwicklung in Schleswig-Holstein ist es enorm wichtig, dass es im Landesgebiet stets ausreichend geeignete Flächen für Neuansiedlungen und Erweiterungen von Unternehmen gibt. Das Land sollte über die Möglichkeiten der Landesplanung dieses Ziel zusammen mit der Ansiedlungsstrategie mit Konsequenz verfolgen.
Im gesamten Landesgebiet sollte darauf geachtet werden, ausreichend geeignete Flächen für Neuansiedlungen und Erweiterungsvorhaben bestehender Unternehmen vorzuhalten. Dieser Anspruch bezieht sich vor allem auf Gewerbe- und Industriegebiete, die den nachfragenden Unternehmen die nötigen Rahmenbedingungen bieten. Neben dem planungsrechtlich notwendigen Rahmen sind es auch Aspekte wie Flächengrößen und -zuschnitte, die Infrastrukturanbindung sowie teilweise die Nähe zu größeren Zentren, die zur Prüfung herangezogen werden müssen, um die Flächen als geeignet zu definieren. Regionale Kooperationen sollten weiterhin gestärkt werden, um aufbauend auf einer guten Datenbasis den gezielten Vermarktungsansatz zu forcieren. Die "Vorratshaltung" von Flächen sollte ein wesentlicher Ansatz sein, um eine flexible Ansiedlungspolitik zu ermöglichen; dabei sollte auch darauf geachtet werden, dass wertvolle Flächen nicht von Unternehmen belegt werden, die beispielsweise den planungsrechtlichen Rahmen gar nicht für die unternehmerischen Abläufe benötigen. Die vom Land aufgestellte Ansiedlungsstrategie bietet dafür einen guten Orientierungsrahmen und muss daher zügig mit Leben gefüllt und umgesetzt werden.
- Maritime Flächen sollten beschleunigt in die Nutzung überführt werden.
Nord- und Ostsee bieten große wirtschaftliche Nutzungspotenziale, aber auch begrenzte Flächen – bei heute schon vielfältigen Nutzungen durch die internationale Schifffahrt, die Energiegewinnung, die Rohstoffgewinnung, die Fischerei und den Tourismus. Auch der Naturschutz beansprucht Flächen für den Schutz der in den Meeren lebenden Arten und der Habitate. Aktuell laufen Diskussionen über die Errichtung einer Offshore-Startplattform für kleine Trägerraketen in der Nordsee. Weiterhin gibt es vielfältige Bestrebungen, maritime Flächen für Reallabore (autonomes Fahren) und Testflächen (für Seegraswiesen, nachhaltige Aquakulturen oder Muschelfarmen) zu entwickeln. Hierfür müssen durch beschleunigte Verfahren der Planung und Genehmigung Perspektiven für die Entwicklung, Erprobung und wirtschaftliche Nutzung in schleswig-holsteinischen Gewässern geschaffen werden.
Zentrenstrukturen und ihre Akteure stärken
Die gewachsenen Städte und Gemeinden mit ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Vielfalt wirken als Identifikationskerne für Menschen und Unternehmen – auch weit ins jeweilige Umland hinein. Funktionsfähige Versorgungszentren sind dabei Aushängeschild, Visitenkarte und Bezugspunkt für Einheimische und Gäste. Für eine nachhaltige Stärkung braucht es strategische Konzepte und Mut zu Neuem. Die Innenstädte Schleswig-Holsteins stehen vor erheblichen strukturellen Herausforderungen. Als Visitenkarte für attraktive Wohn- und Arbeitsorte sind sie Standortvorteil für die Gesamtheit der Wirtschaft. Auch wenn wegen ihrer Unterschiedlichkeit individuelle Ideen vor Ort gefragt sind, braucht es übergeordnet die richtigen Rahmenbedingungen, um die notwendigen Umnutzungen und Nutzungsmischungen umzusetzen. Notwendig für flexiblere Maßnahmen sind effiziente Verwaltungsprozesse sowie transparente und schnelle Kommunikationsprozesse. Zudem gilt es, die Chancen der Digitalisierung auf allen Ebenen zu nutzen.
Neben niedrigschwelligen und individuellen Maßnahmen vor Ort bedarf es auch struktureller und langfristig wirkender Instrumente, damit neue urbane Räume entstehen. Dies ist auch für die touristische Attraktivität unseres Bundeslandes von hoher Relevanz – entscheidend ist dabei die Verbindung zwischen Zentrenentwicklung, Freizeitnutzung und touristischer Vermarktung.
- Umnutzungen und Mischnutzungen vereinfachen und ermöglichen
Als Orte des urbanen Lebens und Erlebens benötigen belebte Innenstädte und zentrale Versorgungsbereiche einen attraktiven Angebotsmix aus Versorgung, öffentlichen und privaten Dienstleistungen sowie Kultur-, Gastronomie- und Freizeitangeboten mit einer hohen Aufenthaltsqualität. Dabei kommt "dritten Orten", an denen außerhalb von Berufs- und Familienleben ein Rahmen für Begegnungen kreiert wird, eine immer größere Bedeutung zu.Abzusehen ist bereits, dass sich mit zunehmender Multifunktionalität auch erhöhter Abstimmungsbedarf ergibt, um Konflikte zwischen gewerblichen, privaten und öffentlichen Nutzungen (zum Beispiel im Hinblick auf Lärm und Erreichbarkeit) zu minimieren.Bei formalen Nutzungsänderungen entstehen in der Praxis häufig verschiedene Herausforderungen und Hindernisse. Daher plädieren wir sowohl in der formalen Gestaltung als auch in der Auslegung und Anwendung auf einzelne Vorhaben für Vereinfachung, Anpassung und Flexibilisierung baurechtlicher Vorgaben und Instrumente wie die Überarbeitung der TA Lärm, Ausnahmeregelungen im Rahmen der Immissionsschutzverordnungen und der Freizeitlärmrichtlinien oder Anpassungen an die Muster-Bauordnung (zum Beispiel zur Vereinfachung des Dachgeschoss-Ausbaus). Dies ist unter anderem entscheidend für die Vermeidung von Leerstand.
- Einzelhandelskonzepte als Zentrenkonzepte zur Sicherung von zentralen Versorgungsbereichen voranbringen und regional abstimmen
Zur Festlegung der Leitlinien für die Einzelhandelsentwicklung sowie von zentralen Versorgungs- und Nahversorgungsbereichen ist die Erarbeitung und Beschließung kommunaler Einzelhandels- und Zentrenkonzepte notwendig. Die Einhaltung der Inhalte der jeweiligen Konzepte sollte im Rahmen der jeweiligen Beteiligungsverfahren bei Ansiedlungen – insbesondere des Einzelhandels – Gewichtung finden. Außerdem ist eine regionale Abstimmung von Nahversorgungs- und Einzelhandelskonzepten wünschenswert. Daneben kommt der Steuerung des (großflächigen) Einzelhandels gerade im Kontext des zunehmenden Online-Handels eine verstärkte Bedeutung zu. Hier kann die Erstellung einer begleitenden "Umsetzungshilfe" zu den Vorgaben aus dem Landesentwicklungsplan (Einzelhandel) unterstützen.
- Multimodale Erreichbarkeit von Innenstädten (zentralen Versorgungsbereichen) sichern
Entscheidend für die Lebendigkeit der Innenstädte und ihre Funktion als Austausch-, Begegnungs- und Versorgungsort ist, dass sie auch von allen gut erreicht werden können. Dabei ist absehbar, dass gerade für das Umland der Pkw auch mangels geeigneter Alternativen weiterhin das wichtigste Verkehrsmittel bleibt.Für die Umsetzung nachhaltiger Mobilitätskonzepte braucht es vor weiteren Einschränkungen der Erreichbarkeit im ersten Schritt die Schaffung attraktiver zusätzlicher Mobilitätsangebote. Eine bewusste Schlechterstellung einzelner Verkehrsträger ist abzulehnen, insbesondere wenn sie mit einem Attraktivitätsverlust der Innenstädte beziehungsweise einer höheren Umweltbelastung durch Staus sowie Ausweichverkehre einhergehen. Dabei stehen für die innerstädtischen Nutzungen die Quell- und Zielverkehre unmittelbar im Fokus. Dort, wo unnötige Durchgangsverkehre aus den Innenstädten herausgehalten werden sollen, sind zunächst geeignete Alternativen im Hinblick auf die gesamtstädtische Verkehrssituation zu schaffen.In integrierten Mobilitätskonzepten sollte deshalb die Erreichbarkeit der Innenstädte im Hinblick auf Kundenverkehre (darunter auch von Besuchern, Gästen und Touristen), Liefer- und Handwerkerverkehre, Pendlerverkehre für die Mitarbeitenden sowie bei steigenden Wohnanteilen auch auf Mobilitätsansprüche der zunehmenden Einwohnerschaft betrachtet werden. Dabei ist neben Konzepten für den öffentlichen Nahverkehr sowie den Rad- und Fußverkehr zur Verbesserung der Multimodalität auch eine qualitative Betrachtung des Parkraums und der City-Logistik einzubeziehen. Dies muss auch an den Bedarfen der innerstädtischen Wirtschaft gemessen werden, sodass die lokale Wirtschaft von Anfang an in die Mitgestaltung einbezogen ist. Dies gilt auch bei Verkehrsversuchen, die zur Erprobung dauerhaften Maßnahmen vorangestellt werden sollten.Neben der rein verkehrlichen Betrachtung sind für eine gute Erreichbarkeit aber auch begleitende Maßnahmen entscheidend. So sind beispielsweise qualitativ hochwertige, sichere und beleuchtete Parkplätze oder Abstellanlagen (wie auch deren Anbindung) ebenso entscheidend wie beispielsweise geeignete Aufbewahrungsmöglichkeiten für Einkäufe von Kunden, die zu Fuß unterwegs sind oder das Fahrrad beziehungsweise den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Auch die Schaffung geeigneter Anwohnerparkplätze kann Handels- und Versorgungslagen entlasten und die für Kundenparken notwendigen Stellplätze ermöglichen.
- Ergänzung der Städtebauförderung um niedrigschwellige, verstetigte Förderprogramme unter Berücksichtigung von Personalressourcen
In Ergänzung zur längerfristig angelegten Städtebauförderung braucht es verstetigte Landesfördermittel zur Bewältigung des Transformationsprozesses der Zentren und anderer kurzfristiger Entwicklungen. Daher plädieren wir für eine Weiterentwicklung und Verstetigung des aktuellen Innenstadtförderprogramms ("Programm zur Förderung der Innenstadtentwicklung und der Stadt- und Ortszentren"). Dabei sollte auch geprüft werden, inwiefern EU-Mittel dazu verstärkt beitragen können, beispielsweise durch ein landesweites "Kompetenzzentrum Innenstadt". Um der Erforderlichkeit der individuellen Lösungsfindung Rechnung zu tragen, sollte ermöglicht werden, dass entsprechende Zuwendungen nicht nur direkt an Kommunen, sondern auch an kooperative Ansätze fließen könnten. Insbesondere die Förderung von Personal vor Ort ist ein entscheidender Erfolgsfaktor und sollte daher gegeben sein.
- Vernetzung der Innenstadtgestalter, um kooperative Ansätze mit Gewerbe und Eigentümern weiter zu professionalisieren
Mit vielfältigeren Nutzer- und Zielgruppen und der Verschneidung der Fachplanungen werden kooperative Ansätze und Initiativen noch wichtiger als bisher. Tragfähige Lösungen können nur gemeinsam funktionieren. Dazu ist es notwendig, die Wirtschaft auf übergeordneter Ebene wie auch in die Entwicklungsprozesse vor Ort einzubinden. Als Schlüsselakteur rückt außerdem zunehmend die Immobilienwirtschaft in den Fokus; daher sehen wir Anpassungsbedarf bei den Rahmenbedingungen, um die Kommunikation der Kommunen mit Immobilieneigentümern grundsätzlich sicherzustellen.
- Einrichtung eines landesweiten einheitlichen Ansprechpartners für Stadtmarketingfragen beim Land
Die Einrichtung eines einheitlichen Ansprechpartners für Stadtmarketingfragen und für Fragen zu den Partnerschaften zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungs- und Tourismusbereichen (PACT) stärkt die lokalen Strukturen gerade in einem formal-prozessualen Umfeld und verbessert den Informationsaustausch zwischen den Kommunen und der Landesebene. Angesiedelt könnte so eine Beratungsfunktion – gerade in rechtlicher Hinsicht – beim Innenministerium oder bei einem neu zu schaffenden "Kompetenzzentrum Innenstadt" sein.
- Vereinfachung von PACT
Der kooperative Ansatz von Partnerschaften zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungs- und Tourismusbereichen (PACT) ist ein sehr sinnvolles Instrument, um Standorte mit den dortigen Akteuren weiterzuentwickeln. Allerdings zeigen sich Schwächen in der Handhabung; daher sollte dieser Ansatz attraktiver und verständlicher gestaltet werden. Hierbei spielt die bessere Kommunikation mit Eigentümern genauso eine Rolle wie Fragen zum Anwendungsbereich beziehungsweise zum Bemessungsmaßstab. Im Schulterschluss von Innenministerium, IHKs und BCSD ist außerdem die Aktualisierung eines vorhandenen Leitfadens zur Ansprache auch kommunaler Akteure in Planung. Eine Anschubfinanzierung von PACT sollte zudem ein verstetigtes Innenstadtförderprogramm ergänzen; gerade dafür ist die Beantragung durch kooperative Ansätze Voraussetzung.
- Rechtssichere Durchführung verkaufsoffener Sonntage unter Berücksichtigung der Bäderverordnung ermöglichen
An vielen Standorten in Schleswig-Holstein hat sich über die Jahre ein weitgehend einvernehmliches Miteinander der Akteure im Dialog mit Kirchen und Gewerkschaften zur Abstimmung und Gestaltung verkaufsoffener Sonntage etabliert, gerade auch weil die Akteure den rechtlichen Rahmen leben. Trotzdem bestehen immer wieder Unsicherheiten bezüglich der Rechtssicherheit bei den Gewerbetreibenden und den Stadtmarketingverantwortlichen, auch getrieben durch Vorstöße und einzelfallbezogene gerichtliche Entscheidungen aus anderen Bundesländern. Auslöser ist oftmals der Anlassbezug. Die Unternehmen wünschen sich hierfür Rechtssicherheit; dies gilt auch für die Vorgaben in Bezug auf Veranstaltungen während der Coronapandemie.
- Fortführung und Weiterentwicklung des "Runden Tisches Innenstadt"
Der "Runde Tisch Innenstadt" als Austauschplattform für die landesweiten Akteure der Innenstadtentwicklung, durchgeführt von der IHK Schleswig-Holstein unter Federführung des Landes, soll fort- und weitergeführt werden. In der zweiten Jahreshälfte 2020 haben sich verschiedene Partner mit Interesse an der Innenstadtentwicklung auf Einladung der IHKs zu einem "Runden Tisch Innenstadt" zusammengefunden. Parallele Ansätze wie Gesprächsrunden beim Innenministerium zum Innenstadtförderprogramm oder das Forum Stadt und Land zeigen, dass eine solche Austauschplattform notwendig und sinnvoll ist, um aktuelle und strukturelle Probleme zu diskutieren und Lösungen zu finden. Wir regen die Fortführung unter Federführung des Landes an.