Horizont 2023

Mut.Möglich.Machen.

Unter dem Motto „Mut.Möglich.Machen.“ feierte die IHK zu Kiel am 1. März 2023 ihren Jahresempfang „Horizont“ und beleuchtete dabei den Fachkräftemangel in vielen Facetten. IHK-Präsident Knud Hansen betonte, die Fachkräftekrise sei die wohl größte Herausforderung seit der Wiedervereinigung.  
Rund 1.000 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft waren der Einladung in den Ostseekai gefolgt, weitere 300 verfolgten das Programm auf der Bühne im Live-Stream. Hansen schilderte, dass die Vorzeichen in der schleswig-holsteinischen Wirtschaft nach dem konjunkturell schwierigen Jahr 2022 auf Erholung stünden. Allerdings wirkten sich hohe Energiekosten und mangelhafte Infrastruktur am Wirtschaftsstandort nachteilig aus. „Politik, Verwaltung und Wirtschaft müssen gemeinsam zeigen, dass Schleswig-Holstein mehr als glückliche Menschen und saubere Luft zu bieten hat. Nur so können wir auch Ansiedlungserfolge verbuchen. Dafür benötigt es insbesondere auch gut ausgebildete Fachkräfte.“
Die stellvertretende Ministerpräsidenten Monika Heinold griff das Thema Fachkräfte auf: „Fachkräftemangel ist ein Top-Thema für die Landesregierung, an dem wir gemeinsam mit der Wirtschaft arbeiten. Der Fachkräftemangel trifft Wirtschaft und Verwaltung gleichermaßen. Um junge Menschen für Leben und Arbeiten in Schleswig-Holstein zu begeistern, sind flexible und familienfreundliche Arbeitsplätze eine wichtige Stellschraube. Weitere Schlüssel sind die Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, um Arbeit in Zeiten des demografischen Wandels neu zu organisieren. Klar ist auch: Ohne Fachkräfte aus dem Ausland geht es nicht. Dazu müssen Verfahren in Deutschland einfacher und schlanker werden und es braucht mehr Chancen, dauerhaft hier bleiben zu können.“
Laut Fachkräfteprojektion werden in Schleswig-Holstein bis 2035 rund 300.000 Fachkräfte fehlen. „Aber schon heute bekommen wir diesen Engpass in fast allen Lebensbereichen zu spüren. Ich bemühe selten Superlative, aber die Fachkräftekrise ist für die Wirtschaft die wohl größte Herausforderung seit der Wiedervereinigung“, sagte Hansen. Bei der Bewältigung komme der Dualen Ausbildung die Schlüsselrolle zu. Während das Ausbildungsangebot in Schleswig-Holstein jedoch fast das Niveau von 2019 erreicht (-1,7 Prozent), liegt die Zahl der Bewerbenden im selben Zeitraum bei -24,3 Prozent. „Wer meint, dieses Ungleichgewicht mit einer staatlichen Ausbildungsplatzgarantie in den Griff zu bekommen, der verrechnet sich.“
Vor diesem Hintergrund nahm Hansen die Landesregierung in die Pflicht, den Stellenwert der Dualen Ausbildung weiter zu erhöhen und sich für die Gleichbehandlung beruflicher und akademischer Bildung einzusetzen. Ein Instrument, das Ausbildungsinteresse zu steigern, seien die „Ausbildungsbotschafter“. Dies sind Azubis, die im Berufsorientierungsunterricht in den Schulen authentische Einblicke in ihre Arbeitswelt geben. Auf Seiten der Schulen werde das Angebot noch verhalten nachgefragt, obwohl die Corona-Beschränkungen gefallen sind.
Gesucht:
Schule, die mit Ministerpräsident und IHK-Präsident Berufsorientierung macht
Passend dazu ordneten die stellvertretende Ministerpräsidentin und der IHK-Präsident beim Spiel „Heiteres Beruferaten“ Ausbildungsberufen spezifische Gegenstände zu: die Pralinengabel dem Beruf Süßwarentechnolog/in, den Zentrierwinkel der Bauzeichner/in oder die Etikettierpistole dem Kaufmann/-frau im Einzelhandel. Das Spiel ging unentschieden aus, aber beide erklärten sich willens,  in den kommenden Monaten eine Doppelstunde gemeinsam mit Azubi-Botschaftern in eine Schule / ein Gymnasium zu gehen, um die Chancen einer Dualen Ausbildung aufzuzeigen.
In der anschließenden Talk-Runde diskutierten die Gäste zur Frage, wie sich Fachkräfte finden, binden und entwickeln lassen. Julika Bleil, Gründerin und Geschäftsführerin Land & Liebe Badmöbel GmbH aus Schenefeld, sagte zum Finden von Fachkräften: „Haltung sticht Qualifikation – mutige Ausschreibungen werden belohnt!“ Neben der Lust auf Arbeit sei bei der Besetzung die Produktliebe wichtiger als Fachqualifikation. Christina Bichel-Riemer, Personalleiterin bei der Loll Feinmechanik GmbH aus Tornesch, schilderte: „Die besten Fachkräfte sind diejenigen, die man selbst ausgebildet und dann fortgebildet hat.” Nachwuchs aus den eigenen Reihen nehme einen hohen Stellenwert ein, das Unternehmen stecke viel Energie in die Ausbildung und die Bindung der Fachkräfte. Stefanie Siebken, Personalchefin der Herbert Voigt GmbH & Co. KG aus Neumünster, ergänzte zur Fachkräfteentwicklung: „Entwicklung braucht nicht Brief und Siegel.” Bezogen auf die ausländischen Erwerbspotenziale berichtete Siebken, dass überkomplexe, bürokratische Verfahren, die fehlende Digitalisierung sowie die Vielzahl an behördlichen Zuständigkeiten die Suche erschwerten.