Maritimer Tourismus in Schleswig-Holstein
Der maritime Tourismus ist ein zentraler Bestandteil der Wirtschafts- und Lebenswelt Schleswig-Holsteins. Mit mehr als 10,3 Milliarden Euro Umsatz ist der Tourismus ein Schwergewicht – und er lebt besonders an, auf und mit dem Meer. Beim 7. Maritimen Parlamentarischen Abend bringt die IHK Schleswig-Holstein Politik, Wirtschaft und Wissenschaft an einen Tisch mit dem Ziel: Schleswig-Holstein als nachhaltige und zukunftsfähige maritime Tourismusregion zu stärken.
Der maritime Tourismus lebt von intakter Natur. Gleichzeitig nutzen viele Branchen die Küstenräume wirtschaftlich. Das neue Positionspapier der IHK Schleswig-Holstein plädiert für ein stärkeres Zusammendenken dieser Interessen und konkrete, realisierbare Maßnahmen im Umwelt- und Küstenschutz. Knud Hansen, Präsident der IHK zu Kiel und Vizepräsident der IHK Schleswig-Holstein: "Unser Land lebt vom Wasser: wirtschaftlich, kulturell und emotional. Die Nord- und Ostsee sind keine Postkartenkulisse, sondern ökonomische Lebensadern, die wir mit Verantwortung nutzen müssen.“ Unternehmen und Tourismusakteure verschließen sich dem Umwelt- und Meeresschutz nicht. Im Gegenteil: Viele befürworten eine saubere Ostsee, aber klare Regeln und Anreize sind wirksamer als pauschale Verbote.“
Die Ostseeflut 2023 hat gezeigt, wie verletzlich unsere Infrastruktur ist. Naturereignisse werden künftig häufiger auftreten. Hansen: "Wir brauchen praktikable Lösungen für nicht vermeidbare Schäden und klare, einheitliche Regelungen für Nord- und Ostsee.“ Die IHK fordert, dass Projekte zur Anpassung an den Klimawandel gemeinsam mit Unternehmen, Verbänden und Wissenschaft gestaltet, evaluiert und umgesetzt werden. "Viele Zielsetzungen brauchen Zeit, aber mit einem verbindlichen Dialog, mit Plan und Verantwortung schaffen wir Vertrauen.“
Marinas, Erreichbarkeit und Infrastruktur
Schleswig-Holsteins touristische Infrastruktur ist attraktiv, aber vielerorts unter Druck. Verschlickung, bürokratische Hürden und fehlende nautische Zugänglichkeit hemmen die Entwicklung. Für die Wettbewerbsfähigkeit des maritimen Tourismus müssen Wasserstraßen, Marinas und Hinterlandanbindungen zukunftsfest aufgestellt werden. "Wir brauchen keine Leuchtturmprojekte, die nur auf dem Papier glänzen, sondern funktionierende Grundlagen: saubere Zugänge, digitale Systeme und verlässliche nautische Bedingungen. Gerade in den Marinas in den Städten und Gemeinden entscheidet sich, ob Gäste wiederkommen“, sagt Hansen.
Sport, Olympia und Events als Treiber
Sportliche Großveranstaltungen sind mehr als Entertainment. Sie sind wirtschaftlicher Motor, Imagefaktor und Impulsgeber für Infrastruktur. Die mögliche Bewerbung um die Olympischen Spiele ab dem Jahr 2036 bietet Schleswig-Holstein die Chance, wieder Austragungsort maritimer Wettbewerbe zu werden. Hansen: "1972 war Kiel Gastgeber der olympischen Segelwettbewerbe. Warum nicht 2036, 2030 oder 2044 wieder? Olympia ist nicht nur ein Sportereignis, sondern ein Entwicklungsschub. Öffentliche Investitionen von etwa einer Milliarde Euro haben bei den Olympischen Spielen in London 2012 zusätzliche private Investitionen von sieben bis neun Milliarden Euro hervorgerufen.“ Wir können zeigen, dass Meeresschutz und Großevents kein Widerspruch sind, sondern Hand in Hand gehen.“
Auch Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen betont: "Der maritime Tourismus ist ein zentraler Standortfaktor für Schleswig-Holstein. Unser Land ist aber nicht nur ein beliebtes Urlaubsziel, sondern auch ein bedeutendes Zentrum der Maritimen Wirtschaft und Wissenschaft. Zahlreiche innovative Projekte wie die Kampagne Meermachen, digitale Besucherlenkung, das Zentrum MUNIMAR sowie die Förderung resilienter Hafeninfrastruktur und Landstromausbau zeigen, wie diese Branchen voneinander profitieren. So betreiben wir Küsten- und Naturschutz, während wir zugleich wirtschaftliche Stärke sichern und unsere Zukunft nachhaltig gestalten.“
Eine nachhaltig gestaltete Zukunft für den maritimen Tourismus steht ebenso für Verena Platt-Till, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), im Mittelpunkt: "Der maritime Tourismus lebt von der Schönheit und Gesundheit unserer Meere und trägt gleichzeitig Verantwortung für ihren Erhalt. Touristische Entwicklung darf nicht zulasten sensibler Ökosysteme gehen. Gerade für Schleswig-Holstein, wo der maritime Tourismus eine zentrale wirtschaftliche Rolle spielt, wird deutlich: Meeresschutz ist keine Wachstumsbremse, sondern Voraussetzung für zukunftsfähigen Tourismus. Nur im Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft können wir gemeinsam dazu beitragen, eine intakte und lebendige Ostsee wiederherzustellen."
Für einen nachhaltig gestalteten Tourismus plädiert auch Frank Ketter, Geschäftsführer Nordsee Tourismus Service GmbH: "Die Nordsee Schleswig-Holstein ist mit dem Nationalpark und dem Weltnaturerbe Wattenmeer einer der bedeutendsten Naturräume Deutschlands und verleiht der Region eine überragende tourismuswirtschaftliche Qualität. Der Tourismus ist mit 19 Millionen Übernachtungen und 13 Millionen Tagesgästen im Jahr 2023 einer der regionalwirtschaftlich bedeutsamsten ökonomischen Sektoren. Die Kooperation zwischen Naturschutz und Tourismus ist eine wichtige Grundlage um das gemeinsame Potenzial auszuschöpfen und einen Handlungsrahmen als Grundlage für eine wertschöpfungsorientierte Tourismusentwicklung zu bilden.“
Da im maritimen Tourismus vor allem der Wassersport eine zentrale Rolle spielt, macht Philipp Mühlenhardt, Geschäftsführer der Sporthafen Kiel GmbH, klar: "Der maritime Tourismus an Schleswig-Holsteins Küsten ist ohne intakte Nord- und Ostsee undenkbar und in seiner Existenz gefährdet. Maritimer Wassersporttourismus auch und gerade im Hinblick auf Küsten- und Ostseeschutz muss aber zwingend integrativ gedacht werden. Wir brauchen abgestimmte Konzepte über die deutschen Seegrenzen hinaus. Maritimer Tourismus in den Gewässern vor unserer Haustür ist für Schleswig-Holstein ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, kann ökonomisch und ökologisch aber nur mit allen Anrainern gemeinsam erfolgreich gedacht und vermarktet werden.“
Zentrale Forderungen der IHK Schleswig-Holstein auf einen Blick:
- Anerkennung des maritimen Tourismus als eigenständiger Wirtschaftsfaktor mit systemischer Bedeutung
- Ausbau der maritimen Infrastruktur, insbesondere nautische Erreichbarkeit, Marinas, Querungsmöglichkeiten
- Stärkere Einbindung der Wirtschaft in Fragen des Küsten- und Meeresschutzes
- Bürokratieabbau bei Planungs- und Genehmigungsverfahren
- Offensive für Fachkräftesicherung durch praxisnahe Ausbildung, Wohnraumförderung und Anerkennung ausländischer Qualifikationen
- Entwicklung neuer Angebotsformate zur Saisonverlängerung und Steigerung der touristischen Vielfalt
- Förderung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit in allen Bereichen des maritimen Tourismus
- Interregionale Zusammenarbeit im Ostsee- und Nordseeraum, u.a. mit Dänemark und Südschweden
Positionen der IHK Schleswig-Holstein zum maritimen Tourismus
Die IHK Schleswig-Holstein versteht sich als starke Stimme der maritimen Wirtschaft im Land zwischen den Meeren. Mit dem aktuellen Positionspapier zum maritimen Tourismus bündelt sie die Anliegen und Perspektiven von Unternehmen, Verbänden und Institutionen entlang der Küsten und Wasserwege. Ziel ist es, den wirtschaftlichen Beitrag des maritimen Tourismus sichtbar zu machen und zukunftsfähige Rahmenbedingungen einzufordern.