Resolution der Vollversammlung der IHK zu Kiel

Für eine wettbewerbsorientierte Ausgestaltung des Wertstoffgesetzes

Ein um stoffgleiche Nichtverpackungen erweitertes Wertstoffrecycling ist trotz der im Verhältnis zum Gesamtabfallaufkommen geringen Mengen grundsätzlich sinnvoll. Ökologisch gilt dies, weil die Schließung von Stoffkreisläufen den Ressourcenverbrauch reduziert. Ökonomisch führen knappheitsbedingt steigende Rohstoffpreise dazu, dass das Recycling sich auch unmittelbar rechnet. Die erweiterte Erfassung von Wertstoffen aus Haushalten erhöht den Anteil verwertbarer Materialien und ist damit ein Beitrag zu einer nachhaltigeren Nutzung von Recycling-Rohstoffen.
Über die Neuordnung des Wertstoffrecycling herrschen in Bund und Ländern unterschiedliche Auffassungen. So zielt der Arbeitsentwurf der Bundesregierung auf eine mehr wirtschaftsgetragene Ausrichtung hin, während die Bundesländer eine kommunale Trägerschaft des Wertstoffrecyclings mit folgenden wesentlichen Eckpunkten favorisieren:
  1. Organisationsverantwortung der Kommunen für die Erfassung der Verpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen mit Kostenerstattungen nach einem einheitlichen Kostenmodell
  2. Zentrale Ausschreibung der Sortierung und Verwertung durch eine noch zu schaffende zentrale Stelle mit hoheitlichen Befugnissen
  3. Ausgliederung von Papier, Pappe und Kartonagen (PPK)
  4. Staffelung des Lizenzentgelts nach ökologischen Kriterien
  5. Mögliche Einbeziehung von Gewerbeabfällen
Erfahrungen der vergangenen Jahre belegen, dass eine wettbewerbsorientierte und effiziente Ausgestaltung der Wertstofferfassung und des Wertstoffrecyclings deutliche volkswirtschaftliche Vorteile bietet. Für die von den Bundesländern angestrebte Verstaatlichung wichtiger Teile der Recyclingwirtschaft besteht daher kein Anlass. Die in der Vergangenheit auch aufgrund unklarer rechtlicher Vorgaben aufgetretenen Probleme der privatwirtschaftlichen Erfassung von Verpackungsabfällen konnte die Wirtschaft schrittweise lösen.
Es wäre zudem missbräuchlich, zwar einerseits die Produktverantwortung der Inverkehrbringer gesetzlich festzulegen, ihnen dann aber die möglichst effiziente und für den Bürger kostengünstige Erfüllung dieser Pflicht durch Aufzwingen eines vorgegebenen Erfassungssystems unmöglich zu machen. Die Umlage des Aufwands nach einem Standardkostenmodell wird die Wertstofferfassung für den Bürger verteuern, weil ohne Wettbewerb für die Kommunen kein Anreiz besteht, das Wertstoffrecycling effizient zu organisieren.
Zum Erreichen eines für den Bürger optimierten, umweltfreundlichen und effizienten Wertstoffrecyclings fordert die IHK Schleswig-Holstein: 
  1. eine privatwirtschaftliche organisierte Erfassung, Sortierung und Verwertung von Verpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen weiterhin zu ermöglichen,
  2. eine gesetzlich zwingende Ausschreibungsverpflichtung für die Durchführung der Erfassung, Sortierung und Verwertung von Verpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen einschließlich des Altpapiers, die auch kleinen und mittelständischen Unternehmen eine Teilnahme ermöglicht (Losgröße und Vertragslaufzeiten), 
  3. dass die Organisation des Recyclings von Verpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen auch weiterhin durch die dualen Systeme erfolgt, die durch eine gemeinsame, gleichberechtigte und neutrale Organisation von Inverkehrbringern, privater Recyclingwirtschaft und Kommunen koordiniert werden,
  4. die Verwertungsquoten auch künftig nicht durch Gesetz, sondern über eine Verordnung festzulegen, um auf Marktentwicklungen (z.B. Rohstoffpreise, technischer Fortschritt) flexibel reagieren zu können,
  5. dass die Verwertung von Gewerbeabfällen weiterhin in der Verantwortung der Unternehmen verbleibt,
  6. ein Wertstoffgesetz zu verabschieden, das als Grundlage für ein wettbewerbliches und effizientes Wertstoffrecycling dient, Rechtssicherheit schafft und das Wertstoffrecycling auf Dauer sichert. 
Veröffentlicht am 10. Mai 2016