Forderungen der IHK Flensburg

Energiepolitische Positionen der IHK Flensburg

Klimaschutz und Energiewende sind für die Wirtschaft hochaktuelle Themen. Sowohl die regionalen als auch die bundesweiten IHK-Konjunkturumfragen zeigen regelmäßig, dass Energieversorgung und Energiepreise für die Unternehmen wichtige Standort- und Wachstumsfaktoren sind. 
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Die in Deutschland eingeleitete Energiewende ist daher auch eines der größten wirtschaftspolitischen Projekte unserer Zeit. Die ersten Schritte gehen bis zum Stromeinspeisungsgesetz aus dem Jahre 1990 zurück. Sie bezogen sich ausschließlich auf Strom als Energieträger. Im Jahr 2000 wurde ein erster Förderrahmen von 20 Jahren, also für die ersten Anlagen bis 2020, festgeschrieben. Damit treten wir nun in eine neue Phase ein: Die Erneuerbaren Energien übernehmen Systemverantwortung und bestimmen das Marktgeschehen.
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Gleichzeitig zeigt sich, dass die Instrumente und Regulierungen, die in der Anfangszeit der Energiewende sinnvoll waren um Entwicklungen voranzutreiben, zunehmend reformbedürftig sind. Jedes – zu seiner Zeit notwendige – Update des Systems hat dazu geführt, dass das Design des erneuerbaren Energiemarkts einerseits zu komplex für die notwendige Wachstumsdynamik geworden ist und andererseits zum Akzeptanzhemmnis zu werden droht. 
Diese Entwicklung wird durch die Politik in unterschiedlichen Geschwindigkeiten erkannt und oft nur langsam in zukunftsgerichtete Bahnen gelenkt. Immerhin markieren das Jahr 2020 wichtige Meilensteine: 
  • die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung und der EU
  • der Green Deal der EU
  • die anstehende Sektorenkopplung für Mobilität und Wärme
Hieraus entstehen vielfältige Aufgaben und neue Fragestellungen für die Politik, Verwaltung, Wissenschaft sowie für unsere Unternehmen – Erzeuger, Verbraucher, Plattformen. Schleswig-Holstein ist bei technischen Innovationen im Zuge der nachhaltigen Energieversorgung oftmals Vorreiter und stellt sich frühzeitig den Herausforderungen. Das birgt Risiken – was aber überwiegt, sind die Chancen auf regionale Wertschöpfung, die Sicherung von Fachkräften und – last but not least – das Gelingen der „nationalen Aufgabe Energiewende“.
Die Neufassung der energiepolitischen Positionen der IHK Flensburg greift dafür aktuelle und zukünftige Themen auf und gibt Vorschläge für einen politischen Rahmen zum Erreichen der Klimaziele. Die vorliegende Broschüre umfasst die 14 neu gefassten sowie, im Anhang, die unverändert geltenden Positionen.

1. Klimaschutz in den Fokus rücken 

“Nur mit einer kompletten Umstellung auf eine CO-neutrale Wirtschaft werden wir eine der größten Herausforderungen meistern können, vor der wir momentan stehen – den Schutz unseres Klimas”
- Thomas Jensen, Vorsitzender des Ausschusses, Dolleruper Windpark GmbH & Co. KG
Erste Auswirkungen des Klimawandels sind weltweit zu spüren – Starkregenereignisse, neue Rekordtemperaturen und anhaltende Trockenperioden nehmen zu. Um der fortschreitenden Erderwärmung entgegenzuwirken, müssen die Klimaziele von Paris ernst genommen werden. Die Erderwärmung soll auf deutlich unter 2 °C gehalten und zudem zusätzliche Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen. Dafür bedarf es rascher Emissionssenkungen mit dem Ziel einer CO₂-neutralen Wirtschaft im Jahr 2050. 
Auch in Schleswig-Holstein sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits heute spürbar. Im Vergleich zum Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Durchschnittstemperatur gestiegen; bis zum Jahr 2100 ist eine Erhöhung der Jahresmitteltemperatur von 2 bis 4 °C möglich. Untersuchungen zeigen, dass bei uns der Frühling mittlerweile früher beginnt und die Anzahl der Sommertage, heißen Tage und tropischen Nächte zugenommen hat – im Gegensatz zu Frost- und Eistagen, die seltener vorkommen. Die Auswirkungen auf biologische Vielfalt, Wasserhaushalt, Wasserwirtschaft, Meeresschutz, Boden, Landwirtschaft, Fortwirtschaft und Tourismuswirtschaft sind erheblich.
Klar ist, dass die Folgekosten des Klimawandels das Küstenland Schleswig-Holstein besonders hart treffen werden. Allein eine Verstärkung der Deiche zieht Investitionen in Millionenhöhe nach sich. Im Sinne der regionalen Wirtschaft im Bezirk der IHK Flensburg sind jegliche Maßnahmen des Klimaschutzes deshalb rasch einzuleiten und nachhaltig zu verankern. Dabei kommt unseren Unternehmen eine besondere Rolle zu: Sie sind zum einen vom Klimawandel direkt betroffen, zum anderen auch Teil der Lösung. Der Ausbau Erneuerbarer Energien, innovative Projekte der Sektorenkopplung mit globaler Strahlkraft und nachhaltige Infrastrukturkonzepte zeigen bereits ihre Wirkung. Initiativen und Konzepte unserer Betriebe sind als Weg aus der Klimakrise weiter zu stärken. Die Prämisse dabei sollte sein, dass sich Klimaschutz auch wirtschaftlich lohnen muss. Viele Unternehmen wollen ihren Beitrag leisten, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Wir regen an, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen sich bereits heute eine Agenda zum Klimaschutz setzen und Unterstützung dafür erhalten, bereits vor dem Jahr 2050 CO₂-neutral zu werden.
Jegliche energiepolitische Entscheidung sollte den Klimaschutz berücksichtigen. Dafür müssen wir technische Potenziale nutzen und vor allem umdenken – in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft. 

2. Energiemarktdesign reformieren

“Unser Energieversorgungssystem ändert sich maßgeblich. Viele dezentrale Erzeuger und neue Energieträger übernehmen Systemverantwortung – der Rechtsrahmen muss hier nachziehen.”
- Andreas Wulff, Stadtwerke Brunsbüttel GmbH
Das Abgaben-, Umlagen- und Steuersystem im Strom- und Energiesektor ist nur noch schwer nachzuvollziehen. Energieträger werden neben den reinen Erzeugungskosten unterschiedlich mit zusätzlichen Preiskomponenten belastet (SIP – Staatlich induzierte  Preisbestandteile). Erneuerbarer Strom wird dadurch in seiner Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu konventionellen Energieträgern im Verkehrs- und Wärmebereich deutlich benachteiligt. Diese ungleiche Behandlung verhindert derzeit, dass Strom aus Erneuerbaren Energien in weitere Sektoren durchdringt. Hinzu kommt, dass der jetzige Mechanismus nicht vollumfänglich die gesamten Kosten der jeweiligen Energieträger inklusive Klima-Folgekosten berücksichtigt. Der Markt ist verzerrt, sodass Innovationen keinen angemessenen Raum finden. Ein bloßes Nachjustieren einzelner Parameter kann jedoch zu unerwünschten Verzerrungen im Gesamtsystem führen. Als sensibles Beispiel sind Experimentierklauseln und Ausnahmeregelungen anzuführen. Sie sorgen schnell für neue Belastungen bei anderen Verbrauchern. Aus diesem Grund ist ein ganzheitlicher Reformansatz notwendig.
Eine Reform muss ein transparentes System schaffen. Es müssen flexible Übergänge zwischen den Sektoren Strom, Verkehr und Wärme gestaltet werden, die neben einer gerechten Verteilung der Be- und Entlastungen gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherstellen. Eine gewisse Planungssicherheit und die Voraussetzungen zu Innovation und Investition müssen gegeben sein. Um einen Anreiz zum flexiblen Verbrauch in Abhängigkeit der volatilen Erzeugung zu schaffen, bedarf es einer Strompreiskomponente, in der die Stromverfügbarkeit berücksichtigt wird. Mit der Reform sollten Geschäftsmodelle für die Sektorenkopplung ermöglicht werden, wofür die Erfahrungen der SINTEG-Projekte wertvollen Input liefern können. In einem weiteren Schritt für eine am Markt orientierte Reform des Strommarktdesigns kann eine konsequente CO₂-Bepreisung, deren Einnahmen direkt zur Senkung der Kosten für Grünstrom genutzt werden sollten, in allen Sektoren Abhilfe leisten. Das Doppelvermarktungsverbot muss außer Kraft gesetzt werden.
Eine marktwirtschaftliche Reform der staatlich induzierten Preisbestandteile im Strom- und im gesamten Energiesektor ist notwendig. Die wahren volkswirtschaftlichen Kosten sollten sich in allen Energieträgern wiederfinden. Die CO₂-Bepreisung muss mittelfristig in Kombination mit der Senkung der Strompreise faire Wettbewerbsbedingungen schaffen. 

3. Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzen

“Unsere Region ist geprägt von Innovationsgeist und ‘Machern’. Hürden im Planungs- und Genehmigungsbereich verzögern häufig gute Ansätze – hier wünschen wir uns schnellere Verfahren.”
- Hans-Detlef Feddersen, ee-Nord GmbH & Co. KG
- Gerrit Müller-Rüster, Treurat und Partner Unternehmensberatungsgesellschaft mbh
Die Regelungen des Investitionsbeschleunigungsgesetz betreffen überwiegend die Verkehrsinfrastruktur. Vor allem die übergreifenden Vorschläge zu Gerichtsverfahren und dem allgemeinen Verfahrensrecht werden nicht ausreichend berücksichtigt, ebenso wie der wichtige Bereich der Energie samt Infrastruktur. Doch gerade hier verlangsamen die Planungs- und Genehmigungsverfahren die Projektentwicklung erheblich und beeinträchtigen so die wirtschaftliche Umsetzung. Gründe liegen im reformbedürftigen Planungsrecht und den teilweise sehr langen Genehmigungsverfahren. Zusätzlich hemmend wirkt die teilweise mangelnde Personalausstattung der zuständigen Behörden.
Die Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen deutlich verkürzt werden. Dies erfordert die Reform der gesetzlichen Grundlagen. Es sollten daher, zumindest teilweise, der Erzeugungsanlagenbau und Maßnahmen der Netzinfrastruktur von der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung befreit werden. Gerade bei Erneuerungen (Repowering) und Kapazitätserhöhungen im Leitungsbau, die unwesentliche Errichtungen neuer oder Modernisierungen bestehender Energieanlagen darstellen, bedarf es einer Anpassung. Zudem muss die Personalausstattung der Behörden verbessert und die Möglichkeiten der Digitalisierung konsequent ausgeschöpft werden. Im Planungssicherstellungsgesetz wurde die Möglichkeit geschaffen, Bekanntmachungen und Auslegungen im Rahmen eines Planungs- oder Genehmigungsverfahrens im Internet oder auch Erörterungstermine vor Ort als Online-Konsultationen durchzuführen. Das Planungssicherstellungsgesetz umfasst eine Liste von 23 verschiedenen Gesetzen (unter anderem Verfahren nach dem Energiewirtschaftsgesetz), die von der Vereinfachung profitieren sollen. Die dort angelegte Befristung bis 31. März 2021 sollte mit dem Investitionsbeschleunigungsgesetz aufgehoben werden. Wichtig ist, dass in allen Verfahren bestimmte Schritte und der Gesamtverlauf mit konkreten Zeitangaben hinterlegt sein müssen. Außerdem sollte vermehrt die Möglichkeit der Fiktion genutzt werden und Stichtagsregelungen in Bezug auf Sach- und Rechtslage greifen. Das bedeutet, sofern Fristen in diesem Zusammengang nicht eingehalten werden, ist von Zustimmung auszugehen und die weiteren Verfahrensschritte können eingeleitet werden. Alle Verfahrensschritte – verwaltungsinterne sowie externe – sollten elektronisch bearbeitet werden.
Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau erneuerbarer Energien und Anlagen im Sinne der System- und Netzdienlichkeit sind zu beschleunigen, Klageinstanzen zu verkürzen und die Akzeptanz in der Gesellschaft durch geeignete Maßnahmen zu erhöhen. Dazu gehört auch eine Vereinfachung der gesetzlichen Regelungen im EEG. Erforderlich ist eine Entschlackung des derzeitigen Gesetzes. 

4. CO₂-Bepreisung wirken lassen 

“Effizienzmaßnahmen und CO₂-Einsparungen müssen sich lohnen. Ein gerechter CO₂-Preis wird seine Lenkungswirkung entfalten und nachhaltige Technologien fördern.” 
- Dr. Thorsten Minuth
In der EU und national hat sich Deutschland zu konkreten Klimazielen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen verpflichtet. Während die Klimaziele der Bundesregierung ambitionierter sind als die der EU, entfalten letztere eine stärkere Bindungswirkung. Um sie zu erreichen, wird sich auch die Wirtschaft anpassen müssen. Für die Unternehmen sind damit Chancen, aber auch Risiken verbunden. Die Energiewirtschaft und weite Teile der Industrie sind bereits über das EU Emissions Trading System (EU-ETS) eingebunden und leisten ihren Beitrag zur CO₂-Reduktion. Im Zuge der nationalen CO₂-Bepreisung werden die Sektoren Wärme und Verkehr zukünftig ebenfalls berücksichtigt. Die im Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung vorgeschlagene Einführung eines Festpreissystems ab 2021 und die stufenweise Erhöhung des CO₂-Preises erlaubt als marktwirtschaftliches Modell grundsätzlich, die Klimaziele kosteneffizient zu erreichen.
Die Übergangszeit von fünf Jahren zu einem nationalen Emissionshandelssystem ist dabei jedoch zu lang. Wir fordern einen schnelleren Wechsel von einem Festpreissystem hin zu einem nationalen Emissionshandelssystem. Wichtig ist, dass das europäische und das nationale System reibungslos aufeinander abgestimmt sind. Dafür bedarf es der zwingenden Einbindung in ein europäisches Emissionshandelssystem für den Nicht-ETS-Bereich. Nur so können die europäischen Reduktionsziele kosteneffizient sichergestellt werden. Die Verwendung der Mittel aus der CO₂-Bepreisung sollte neben dem Einsatz für die Senkung der EEG-Umlage langfristig möglichst zweckgebunden und für das Erreichen der Klimaschutzziele eingesetzt werden. Insgesamt dürfen Wirtschaft und Verbraucher nicht zusätzlich belastet werden.
Investitionen in Klimaschutz müssten sich langfristig lohnen – dafür fehlt allerdings der rechtliche Rahmen. Die CO₂-Bepreisung wird faire Wettbewerbsbedingungen herstellen müssen. Dabei muss sich die Umstellung auf erneuerbare Energien für die Wirtschaft positiv auswirken und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen berücksichtigt werden. 

5. Ausbau Erneuerbarer Energien stärken

“Wir haben jede Menge Möglichkeiten, den Ausbau erneuerbarer Energien national und international auf 100 Prozent in allen Sektoren weiter voranzubringen – wir müssen sie nur nutzen.”
- Christian Andresen, Solar-Energie Andresen GmbH
Die EU hat es im Green Deal verankert, die Bundesregierung im Rahmen des Klimaschutzplans: Im Jahr 2050 soll die EU bzw. Deutschland klimaneutral wirtschaften. Deutschland steht in der Verantwortung, als führende Industrienation und wirtschaftlich stärkster Mitgliedstaat der EU als Vorbild voranzugehen. Im Umkehrschluss bedeutet das selbst gesteckte Ziel, dass unsere Energieversorgung in 30 Jahren über alle Sektoren hinweg auf Erneuerbaren Energien basieren muss. Grüne Gase werden im zukünftigen Energiesystem neben der direkten erneuerbaren Stromnutzung eine entscheidende Rolle spielen.
Schleswig-Holstein konnte bereits 2018 rechnerisch eine Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Verhältnis zum Bruttostromverbrauch von ca. 150 Prozent vorweisen. Im Bundesländervergleich ist unser Land somit beim Ausbau regenerativer Energien weit oben. Im Wärmesektor dagegen lag der Anteil der Erneuerbaren mit knapp 16 Prozent nur leicht über dem Bundesdurchschnitt. Insgesamt konnte mit dem Einsatz Erneuerbarer Energien 2018 eine Treibhausgasminderung von etwa 16,5 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent erreicht werden. Fast 80 Prozent davon sind auf die Nutzung der Windenergie zurückzuführen.
Eine zunehmende Stromnachfrage, die im Zuge der Sektorenkopplung zu erwarten ist, bedarf des konsequenten Ausbaus Erneuerbarer Energien. Dies ist eine bundesweite Aufgabe. Eine Bevorteilung einzelner Regionen über eine Quotenregelung ist dabei jedoch nicht zielführend. Für den weiteren Ausbau sollten für alle die gleichen Rahmenbedingungen gelten. Wichtig dabei ist, dass der Zubau kontinuierlicher erfolgen muss als bisher, um der Wirtschaft eine angemessene Planungssicherheit zu geben. Dafür müssen technologiespezifische Ausbauziele für die jeweiligen regenerativen Energiequellen (vor allem Wind, Sonne und Biomasse) definiert werden. Es sollten flexible Mindestausbauziele festgelegt werden, damit der zunehmenden Verknüpfung mit den Sektoren Wärme und Verkehr Rechnung getragen werden kann. Wichtig ist ebenfalls, dass der produzierte Strom zu jeder Zeit dem Markt zur Verfügung gestellt werden kann. Erneutes Engpassmanagement durch Abschaltungen ist nicht nur aus volkswirtschaftlichen Gründen zu verhindern; es gefährdet auch die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Zubau.
Der Ausbau erneuerbarer Energien muss forciert werden, damit das nationale EE-Ausbauziel auf mindestens 65 Prozent des Bruttostromverbrauchs im Jahr 2023 erreicht werden kann. Anzustreben ist ein Einsatz aller Technologien, um einen ausgewogenen Energiemix auf Basis regenerativer Energiequellen zu verwirklichen. Der steigende Strombedarf für Mobilität und den Wärmemarkt aufgrund der Sektorenkopplung muss dabei zusätzlich berücksichtigt werden. 

6. Sektorenkopplung ermöglichen – grüner Wasserstoff als zentraler Baustein 

“Wir in Schleswig-Holstein haben schon jetzt die Kenntnisse und Werkzeuge, um eine CO₂-freie Wirtschaft auf regionaler, auf nationaler und auf globaler Ebene zu ermöglichen – einfach anfangen und machen!”
- Reinhard Christiansen, Energie des Nordens GmbH & Co. KG
Ziel der Sektorenkopplung ist die CO₂-Reduktion durch eine möglichst vollständige Umstellung der Energieversorgung auf Strom aus Erneuerbaren Energien. Eine Voraussetzung dafür ist die Nutzung aller Flexibilitätspotenziale der Erzeuger, Verbraucher und jeglicher Speicher von Energie sowie die Umformung temporär überschüssiger oder benötigter Energie zwischen den Sektoren. Aktuell existieren in den Sektoren traditionelle, nicht aufeinander abgestimmte Markt- und Infrastrukturen sowie Entgelt- und Abgabensysteme. Die Anpassung des Gesamtsystems im Sinne einer effizienten Sektorenkopplung ist Grundvoraussetzung für das Entstehen wettbewerblicher Geschäftsmodelle. Wichtig bei dem Umbau der Energieversorgung ist, jederzeit eine Technologieoffenheit sicherzustellen.
Schleswig-Holstein eignet sich in besonderem Maße für alle Rollen eines entstehenden Wasserstoffmarktes, was Verbraucher, Produzenten, aber auch Transport, Logistik und Speicherung einschließt. Insofern kann und sollte das Bundesland eine Pilotrolle einnehmen. Daher steht für die Wirtschaft eine umfassende Unterstützung zum Ausbau jeglicher wasserstoffgetriebener Markt- und Geschäftsmodelle im Mittelpunkt.
Vor dem Hintergrund der regionalen schleswig-holsteinischen, der norddeutschen und der nationalen Wasserstoffstrategie ist es zeitnah erforderlich, die EEG-Umlage auf Strom aus Anlagen, die der direkten Speicherung oder Umwandlung dienen, neu zu bestimmen. Wir fordern, Wettbewerbsverzerrungen abzubauen und Geschäftsmodelle für die Sektorenkopplung zu ermöglichen. Dazu müssen sektorspezifische Preiskomponenten ausgesetzt oder gemindert werden, wenn die erzeugte oder transformierte Energieform den Sektor verlässt. Zentraler Bemessungsgrad für ein Entgeltsystem kann neben anderen Komponenten ein am Primärenergieverbrauch orientierter CO₂-Preis sein.
Die Sektorenkopplung löst die traditionelle Trennung der Energiesektoren Elektrizität, Wärme- und Kälteversorgung sowie Mobilität zugunsten eines ganzheitlichen Ansatzes ab. Kern muss ein intelligentes, sektorenübergreifendes Last- und Erzeugungsmanagement sein das im Ergebnis lang- und kurzfristige Volatilität zusammenführt. Mit einer verbesserten Energieeffizienz sollte dies zu einer Senkung des Primärenergiebedarfs beitragen. 

7. Netzkosten gerechter verteilen

“Unsere Erzeugerregion spielt eine gewichtige Rolle für die nationale Energiewende – der grüne Strom kommt dem gesamten Bundesgebiet zugute. Die Last der Netzkosten muss gerechter verteilt werden.” 
- Norbert Jungjohann, Stadtwerke Husum GmbH
- Jörg Rudat, HanseWerk AG
Unter Netzentgelten versteht man die Gebühr für die Nutzung, den Erhalt und den Ausbau des Stromnetzes. Die vier verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber und etwa 900 lokale Verteilnetzbetreiber sind zuständig für den sicheren Betrieb und den weiteren Ausbau. Die dafür notwendigen Investitionskosten können die Betreiber anteilig den Stromanbietern in Rechnung stellen, die diese dem Endverbraucher dann als Netzentgelte weiterberechnen.
Schleswig-Holstein hat bundesweit die höchsten Netzentgelte. Der Grund dafür liegt zum Teil an der ländlichen, kleinteiligen Struktur unserer Region. Hinzu kommen nur geringe Absatzmengen aufgrund weniger industrieller Großverbraucher. Noch stärker ins Gewicht fällt, dass viele Erzeuger Erneuerbarer Energien dezentral an die Flächennetze angeschlossen sind und weiter angeschlossen werden. Um diesen Strom aufnehmen zu können, mussten und müssen die regionalen Netze weit über ihre frühere lieferungsorientierte Versorgungsaufgabe hinaus ausgebaut werden. Die Kosten dafür werden innerhalb der betroffenen Netzgebiete vor Ort umgelegt; der produzierte Strom jedoch wird nicht nur bei uns verbraucht, sondern fließt auch vermehrt in den Westen und Süden Deutschlands. Die Energiewende ist ein deutschlandweites Projekt. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass ausgerechnet die Region, die einen großen Beitrag zur Erfüllung der bundesweiten Klimaziele beiträgt, die höchsten Netzkosten trägt. 
Die hohen Netzentgelte können ökologische und volkswirtschaftliche Fehlanreize hervorrufen. Eine Ansiedlung verbrauchsintensiven Gewerbes bzw. Industrie ist nicht möglich; im Gegenteil könnte eher eine Abwanderung eintreten. Netzausbaukosten sind Infrastrukturkosten und damit vergleichbar der staatlichen Daseinsvorsorge im Straßen- oder Bahngüterverkehr. In der Konsequenz sollten auch Netzkosten als bundeseinheitliche Infrastrukturkosten gestaltet sein. Es bedarf somit einer Anpassung der Netzentgeltsystematik im Sinne einer verursachergerechten Kostenverteilung.
Aktuell müssen die Verbraucher im Norden und speziell in Schleswig-Holstein eine unverhältnismäßig starke Last der Netzkosten tragen. Die aus der Energiewende resultierenden Kosten für den Aus- und Umbau der Verteilnetze sollten bundesweit gerechter aufgeteilt werden. 

8. Ansiedlung energieintensiver Unternehmen forcieren

“Schleswig-Holstein hat herausragende Standortvorteile: sauberen Strom, Anbindung zur See und ein innovatives wirtschaftliches Umfeld. Wenn wir den vor Ort erzeugten Grünstrom günstig an unsere regionalen Betriebe weitergeben könnten, hätten wir beste unternehmerische Bedingungen.”
- Frank Richert, SkyWind GmbH
Die Stromgestehungskosten Erneuerbarer Energien sind zum großen Teil bereits heute günstiger als die Kosten für neu errichtete konventionelle Kraftwerke. Mit einem zunehmenden Anteil Erneuerbarer Energien fällt der Börsenstrompreis aufgrund des Merit-Order-Effektes schrittweise weiter. Die steigende Belastung mit Steuern, Abgaben und Umlagen sorgt jedoch dafür, dass die günstigen Erzeugungspreise nicht an die Endkunden weitergegeben werden können. Deutschland hat somit im internationalen Vergleich mit die höchsten Strompreise.
In Schleswig-Holstein kommen erschwerend die bundesweit höchsten Netzentgeltkosten hinzu: Ausgerechnet die Region, die einen Großteil zum deutschlandweiten Projekt Energiewende beiträgt, hat mit überproportional hohen Stromkosten zu kämpfen. Dabei ist gerade hier die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energiequellen besonders wirtschaftlich – unter anderem die guten Windbedingungen an Land sorgen dafür, dass die Stromgestehungskosten gesunken sind. Doch dieser regionale Vorteil findet sich im Gegensatz zu den regional unterschiedlichen Netzentgelten nicht im Strompreis wieder. Dabei müsste ein im Überschuss vorhandenes Gut günstiger sein als in Mangelgebieten.
Die jetzigen Rahmenbedingungen eignen sich nicht dafür, energieintensive Betriebe, wie zum Beispiel Daten- oder Rechenzentren, Unternehmen der Rohstoff-, chemischen und Glas-Industrie, Papierhersteller oder Gießereien für die Ansiedlung in einer Region zu gewinnen, die grünen Strom im Überschuss bietet. Doch in der Vergangenheit haben sich Großverbraucher gerade genau dort platziert, wo Energie im hohen Maße verfügbar war. Diese Diskrepanz gilt es aufzulösen. Der Einspeisevorrang erneuerbarer Energien in Verbindung mit Herkunftsnachweisen ist eine erste Voraussetzung. So kann beispielsweise der Bezug von Ökostrom belohnt werden. Zudem können Direktliefervertäge, sogenannte PPAs (Power Purchase Agreements), zwischen Erzeugungsanlagen und Verbrauchern Abhilfe schaffen.
Mit den richtigen Weichenstellungen kann in Schleswig-Holstein ausschließlich grüner und kostengünstiger Strom sowie vorrangig regional erzeugter Wasserstoff angeboten werden. Dieser Vorteil sollte genutzt werden, um energieintensive  Betriebe in unserer Region anzusiedeln. 

9. Digitalisierung der Energieversorgung vorantreiben

“Die Energieversorgung von morgen wird sich zu einer digitalen Dienstleistung entwickeln und sich zum Nutzen des Kunden mit intelligenten Methoden und Prozessen fortlaufend dem Markt anpassen.”
- Ulla Meixner, Stadtwerke Flensburg GmbH 
Smart Grid, Smart Market, Smart Metering, Virtuelle Kraftwerke und Echtzeitdatenauswertung sind Schlagworte der Digitalisierung der Energiebranche. Die Arbeitsprozesse und die Kommunikation mit den Kunden werden zunehmend digitalisiert. Besonderes Augenmerk verdienen unter anderem bessere Prognosen von Verbrauch, Erzeugung, Netzengpässen und Lastspitzen sowie die Anlagenüberwachung und das Lastmanagement. In Zukunft können Produktion und Verbrauch Erneuerbarer Energien dank digitaler Technik besser aufeinander abgestimmt werden. Hier hilft Künstliche Intelligenz dabei, Netzkapazitäten und Erzeugungsleistungen deutlich effizienter auszulasten. Größte politische Hemmnisse für eine weitere Digitalisierung bleiben unklare Zuständigkeiten sowie zersplitterte Kompetenzen bei den Behörden, uneindeutige gesetzliche Rahmenbedingungen und aufwändige Datenschutzauflagen.
Gerade in Schleswig-Holstein und den angrenzenden Bundesländern gilt es, die Möglichkeiten regionaler Energiemärkte und die bessere Einbindung privater, digital unterstützter „Prosumer“-Haushalte zu nutzen. Dazu benötigt die Region zum Beispiel virtuelle Kraftwerke, die Einbindung der Kunden als selbstständige Marktakteure sowie automatisierte Prozesse in Energietechnik und -handel.
Administrative und gesetzliche Hürden müssen durch die Politik weiter abgebaut werden. Daneben bedarf es eines digitalen Mindsets: „Digitales Denken“ muss generell Einzug halten. Moderne digitale Verfahren und Technologien werden mit Kosten verbunden sein. Ziel sollte es sein, diesen Mehraufwand durch Vereinfachung der Prozesse und zusätzlichen Kundennutzen auszugleichen. Die Anwendung bereits existierender digitaler Technologien (einschließlich Smart Metering) sollte stärker gefördert werden und zügiger vorankommen. Um alternative Antriebskonzepte, Energiespeicher und dezentrale Energiekonzepte, insbesondere Batterien und Wasserstoff, stärker in die Netze einzubinden, bedarf es einer dynamischen integrierten Netzplanung und fortlaufender digitaler Netzsteuerung und Marktentwicklung, damit Strom-, Gas- und Wärmeinfrastrukturen immer enger zusammenwachsen können. Für die stärkere Vernetzung und das Handling der stark anwachsenden Datenmengen ist eine transparente Regelung nötig, um den Betrieb und das Agieren am Markt sicherzustellen.
Die Energiewirtschaft muss umfassend digitalisiert werden: Erneuerbare Energie wird immer dezentraler erzeugt. Zugleich muss der Volatilität der Stromproduktion durch einen anpassbaren Verbrauch unter Einbeziehung der Sektorenkopplung entsprochen werden. Dazu ist eine spartenübergreifende Vernetzung von Infrastrukturen und Marktteilnehmern notwendig. 

10. Vermarktung von Ökostrom vereinfachen 

“Die Nachfrage nach erneuerbarer Energie ist groß und wird weiter wachsen. Ein besserer Zugang unserer Unternehmen zu Ökostrom ist Voraussetzung für die weitere Dekarbonisierung unserer Wirtschaft.”
- Peter Becker, ARGE Netz GmbH & Co. KG
Erneuerbare Energien profitieren von ihrem grünen Image. Umfragen zeigen, dass die Nachfrage nach grünem Strom hoch ist und weiter steigt. Viele Unternehmen seien zudem bereit, mehr für zertifizierten deutschen bzw. regionalen Grünstrom auszugeben. Es besteht also ein erhebliches Potenzial für einen stärker nachfragegetriebenen Zubau. Aufgrund des im EEG verankerten Doppelvermarktungsverbots kann das „grüne Label“ in Form von Herkunftsnachweisen bei geförderten Anlagen jedoch nicht an den Abnehmer des Stroms weitergegeben werden. Der grüne Strom muss grau verkauft werden. Aus diesem Grund ist regionaler Grünstrom so gut wie nicht am 
Markt verfügbar. Stattdessen bilden norwegische Wasserkraftzertifikate bislang das Rückgrat der meisten Ökostromtarife hierzulande. Der Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland erfährt auf diesem Wege keinen Anreiz.
Die Gründe für die Einführung des Doppelvermarktungsverbotes sind überholt. Zum einen finanzieren sich mehr und mehr Erneuerbare-Energien-Anlagen bereits über eine geförderte Direktvermarktung und somit nicht mehr vollständig über die EEG-Umlage, die der Verbraucher zahlt. Zum anderen wird diese zukünftig teilweise durch Bundesmittel finanziert. Hinzu kommt eine wachsende Wettbewerbsverzerrung innerhalb Europas, da in anderen EU-Staaten Herkunftsnachweise für geförderte regenerative Erzeugungsanlagen ausgegeben werden dürfen. Herkunftsnachweise für grünen Strom müssen auch in Deutschland eingeführt werden. Dafür ist das Doppelvermarktungsverbot außer Kraft zu setzen.
Das Doppelvermarktungsverbot sollte abgeschafft werden. Die Gründe für die Erlassung des Verbots liegen heute nicht mehr vor. Die Eigenschaften des regionalen Grünstroms müssen erkennbar sein und ohne Umwege direkt an die Verbraucher weitergegeben werden können. 

11. Nachfolgeregelung für Post-EEG-Anlagen finden

“Unsere Erzeugungsanlagen können auch nach 20 Jahren noch zuverlässig Strom liefern. Damit die Energiewende nicht ausgebremst wird, müssen Möglichkeiten für einen wirtschaftlichen Betrieb gefunden werden.”
- Claus Marxen, MBT Marxen Bauträger GmbH
Zum Jahreswechsel 2020/2021 endet die Vergütungszeit für alle Anlagen, die im Jahr 2000 oder davor an das Stromnetz gegangen sind. Es handelt sich deutschlandweit vorwiegend um Windenergieanlagen, zudem sind Biogasanlagen und einige tausend Photovoltaik-Anlagen betroffen. Diese sind mit Blick auf ihre installierte Leistung häufig klein bis sehr klein und befinden sich in der Regel auf Hausdächern. Mit dem Auslaufen der Förderung bleibt der gesetzliche Einspeisevorrang generell bestehen. Hier ist zu beachten, dass sich die Marktsituation mit sinkenden – und auf einem niedrigen Niveau verharrenden – Börsenstrompreisen aufgrund der Coronakrise verschärft hat. Falls keine sinnvollen Nachfolgeregelungen gefunden werden, droht ein deutlich verlangsamter Anstieg der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten, was dem selbstgesteckten Ziel für 2030 widerspräche.
Insbesondere in Schleswig-Holstein läuft in den kommenden Jahren die EEG-Förderung für einen erheblichen Anteil regenerativer Erzeugungskapazitäten aus. Allein 2021 gilt dies für etwa 600 Windenergieanlagen. Viele der Anlagen stehen im Bezirk der IHK Flensburg. Neben der Windenergie ist auch die Erzeugung von Biogas und Solarenergie betroffen. Für diese Energiequellen gibt es weniger valide Daten; fest steht aber, dass die meisten der rund 840 Biogasanlagen in Schleswig-Holstein zwischen 2004 und 2008 errichtet worden sind und somit in den Jahren nach 2024 die EEG-Förderung endet.
Unter den jetzigen marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit niedrigen Börsenstrompreisen ist ein Weiterbetrieb alter Anlagen in den meisten Fällen nur schwer zu realisieren. Für funktionsfähige Anlagen, die mittelfristig zuverlässig Strom liefern können, kann eine überbrückende begrenzte Anschlussförderung zunächst Abhilfe schaffen. Vielmehr bieten solche Anlagen jedoch Möglichkeiten zur Geschäftsmodellentwicklung für Flexibilisierungsoptionen und Netzentlastung. Hierzu zählen beispielsweise die Erzeugung von Wasserstoff, weitere Power-to-X-Lösungen, Mieterstrommodelle oder auch Smart-City-Ansätze. Helfen können ebenfalls individuelle Nachnutzungsprogramme mit angepasster Rohstoffnutzung, Wärmekonzepten und Einspeisung in die Erdgasnetze, teilweise gemeinsam mit Nachbaranlagen. Dafür muss der Rahmen geschaffen werden. Der Wegfall regulatorischer Hemmnisse (wie der Streichung der EEG-Umlage) für Strom aus alten regenerativen Anlagen zur Speicherung, Veredelung und dezentraler Nutzung wäre ein erster Schritt.
Das Repowering alter Anlagen vor Ort sollte stets erste Wahl sein, da ihr Betrieb vor Ort akzeptiert und die Infrastruktur vorhanden ist. Sofern ein Repowering nicht möglich ist bedarf es adäquater Nachnutzungskonzepte für die unterschiedlichen regenerativen Erzeugungsformen, um funktionsfähige Anlagen weiterhin in der Erneuerbaren-Energie-Bilanz halten zu können. 

12. System- und Netzdienlichkeit belohnen

“Wir müssen Erzeugung und Verbrauch zusammenbringen. Unsere Unternehmen haben unzählige Lösungen für eine sichere, bezahlbare und nachhaltige Energieversorgung von morgen. Die Kopplung der Energiewende mit der Mobilitätswende bietet dabei historisch einmalige Perspektiven.”
- Marten Jensen, GreenTEC Campus GmbH
Das zukünftige Energieversorgungssystem wird nur funktionieren, wenn es deutlich anpassungsfähiger als das heutige sein wird. Es soll dabei verlässlich und bezahlbar bleiben. Zur Optimierung unserer Energieversorgung benötigen wir neben flexiblen Verbrauchern auch flexible Erzeuger, flexible Speicher und einen Ausbau der Energieversorgungsnetze. Die zukünftige Energieversorgung stellt somit unterschiedlichste Anforderungen an die Marktakteure. Strom sollte im besten Fall genau dann verbraucht werden, wenn der Wind weht und die Sonne scheint. Befindet sich viel regenerativer Strom im System, bei gleichzeitig geringer Nachfrage, sinken die Börsenstrompreise. Gerade dann könnten Verbraucher von niedrigen Preisen an der Börse profitieren. Ein Beispiel zur Förderung der Netzdienlichkeit ist die im Rahmen des SINTEG-Projekts NEW 4.0 entwickelte Flexibilitätsplattform ENKO. Sie könnte dafür sorgen, das industrielle Verbraucher, Wärmeerzeuger aber auch Betreiber von Elektrolyseuren ihre flexiblen Lastkapazitäten bereitstellen, um Netzengpässe zu vermeiden.
Bei einem besonders großen Angebot an erneuerbarem Strom und bei niedrigen Börsenstrompreisen sollte sich eine zusätzliche Nachfrage lohnen, wenn sie der Stabilisierung des Energieversorgungssystems dient. Dafür müssen die Abgaben und Umlagen auf den Strompreis angepasst werden. Beispielsweise kann dann der Strom in Form von Wärme genutzt bzw. gespeichert werden, oder die Batterien in Pkw, Lkw und Bussen reagieren flexibel und laden zum Zeitpunkt des hohen Angebots und geben diesen wieder ab, wenn er benötigt wird. Gerade die Potenziale des Wärmemarktes und der Mobilitätswende mit mobilen Batteriespeichern gilt es zu nutzen. Mittel- bis langfristig werden diese Flexibilitätsoptionen auch gleichzeitig die lokale und regionale Notstromversorgung darstellen. Diese Systemdienlichkeit zur Netzstabilisierung sollte belohnt werden. Ohne Deckung der Mehrkosten zur Bereitstellung netzdienlicher Flexibilitäten wird sich kein Verbraucher an Maßnahmen beteiligen. Voraussetzung für ein funktionierendes Gesamtsystem ist die Digitalisierung – sie macht ein intelligentes Zusammenspiel von Erzeugern, Stromnetzen, Speichern und Verbrauchern erst möglich.
Im Zuge einer Reform des Strommarktdesigns müssen die Netzstabilisierung und Systemdienlichkeit belohnt werden. Dafür bedarf es neben Flexibilitätsoptionen wie Speicher und zuschaltbaren Lasten auch einer agilen Notstromversorgung. 

13. Offshore-Windenergie stärken

“Windenergie auf See wird zu einer zentralen Säule unserer Energieversorgung. Wichtig ist, dass auch die Unternehmen unserer Region von dieser Technologie profitieren und die weiteren Entwicklungen mitgestalten können.”
- Doris Ipsen, managemen
- Manfred Lührs, 8.2 Ingenieurbüro Süderdeich
Im Mai 2020 wurde beschlossen, das Offshore-Ausbauziel in Deutschland für das Jahr 2030 von 15 auf 20 Gigawatt (GW) anzuheben. Zugleich wurde das Ausbauziel für das Jahr 2040 auf 40 GW angehoben. Die Europäische Offshore-Strategie sieht vor, die Kapazität der Offshore-Energie bis zum Jahr 2050 auf 230 bis 450 GW hochzufahren. Dies bedeutet, dass mindestens eine Verzehnfachung der aktuell in europäischen Gewässern installierten 22 GW notwendig werden wird.
Norddeutschland bietet mit seiner Anbindung an die Küste beste Bedingungen für den Ausbau der Offshore-Energie. In den Regionen der Hochseegewässer in Nord- und Ostsee befindet sich der Großteil der Offshore-Projekte in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ). Derzeit sind alle deutschen Offshore-Projekte abgeschlossen. Dies hat zur Konsequenz, dass die aktuelle Ausbauphase der Offshore-Windenergie in Deutschland zunächst endet und mittelfristig keine signifikante Steigerung der Installationszahlen zu erwarten ist. Aktuell in Planung befindliche weitere Offshore-Windparks können voraussichtlich frühestens im Jahr 2022 in Betrieb gehen.
Die neuen Ziele setzen einen beschleunigten Ausbau der Offshore-Windenergie voraus. Die notwendige Infrastruktur ist entsprechend bereitzustellen. Ein besonderes Augenmerk sollte auf die optimierte Raumplanung für die Bereitstellung von Flächen für den Ausbau und Anschluss der benötigten Windenergieanlagen gerichtet werden – dies stets unter Berücksichtigung aller anderen ökologischen und ökonomischen Belange. Eine adäquate Förderung der Offshore-Häfen ist dabei ebenso relevant wie die Herstellung von Schnittstellen zur grünen Wasserstofferzeugung.
Der Offshore-Windenergie kommt im zukünftigen Energieversorgungssystem eine besondere Bedeutung zu. Die Potenziale der Nord- und Ostsee sind unter Rücksichtnahme auf weitere Wirtschaftszweige wie Schifffahrt und Fischerei bestmöglich auszunutzen. 

14. Infrastruktur für Energieimporte zukunftsfähig ausgestalten

“Die künftige Energieversorgung hat viele Standbeine. Um damit umgehen zu können, müssen wir die Infrastruktur und Transportmöglichkeiten für nachhaltige und emissionsarme Energieträger zukunftsweisend aufstellen.”
- Kim Lorenzen, team energie GmbH & Co. KG
Die Klimaziele können nur eingehalten werden, wenn die Dekarbonisierung des Energiesektors bis 2050 umgesetzt wird. In allen Bereichen werden deshalb über kurz oder lang klimafreundliche Energieträger zum Einsatz kommen. In Deutschland werden dabei erneuerbarer Strom sowie grüne gasförmige oder flüssige Energieträger das Rückgrat der künftigen Energieversorgung bilden. Die Deckung des gesamten Energiebedarfs allein auf Basis erneuerbarer Stromerzeugung ist unter anderem aufgrund der Sektorenkopplung in Deutschland angesichts seiner geographischen Lage und der Flächenknappheit aber nicht zu realisieren. Eine Schlüsselrolle wird deshalb absehbar grüner, also aus Erneuerbaren Energien hergestellter, Wasserstoff, einnehmen. Dieser bietet den großen Vorteil, als Ausgangsstoff für Folgeprodukte zum Einsatz kommen zu können, wo aktuell noch fossile Energieträger nötig sind. Da die Herstellung von grünem Wasserstoff derzeit jedoch noch energieintensiv ist und viel erneuerbarer Strom eingesetzt werden muss, ist bereits jetzt absehbar, dass in Deutschland selbst nicht so viel grüner Wasserstoff produziert werden kann, wie benötigt würde, um den vollständigen Wegfall konventioneller fossiler Energieträger zu kompensieren. Vor diesem Hintergrund muss das Ziel sein, neben dem Aufbau und der Nutzung der heimischen Erzeugungspotenziale auch die notwendige Importinfrastruktur für Wasserstoff aufzubauen sowie verlässliche internationale Partner für die Produktion und den Transport von Wasserstoff zu finden.
Auf dem Weg ins globale Wasserstoffzeitalter stehen wir allerdings noch ganz am Anfang. Bis Wasserstoff eine tragende Säule des Energieversorgungssystems sein wird, werden daher „Brücken” benötigt. Neben Erdgas und synthetischen Kraftstoffen wird vor allem LNG (Liquefied Natural Gas) einer der „Brücken-Energieträger“ der Energiewende sein. LNG ist deutlich emissionsärmer als Erdöl und Kohle. Und kann damit einen Beitrag zur Dekarbonisierung und zugleich zur Stabilisierung der Energieversorgung leisten – letzteres, da im Zuge der Abschaltung der Atom- und Kohlekraftwerke in den kommenden Jahren übergangsweise der Bedarf an Gas als Energieträger weiter steigen wird. Auch LNG benötigt jedoch eine entsprechende Importinfrastruktur, über die Deutschland aktuell nicht verfügt und die deshalb aufgebaut werden muss. Da diese später im Wesentlichen für Wasserstoffimporte weiterverwendet werden könnte, steht der Aufbau einer LNG-Importstruktur auch nicht dem Entwicklungspfad hin zu einer wasserstoffbasierten Energieversorgung entgegen, sondern zahlt vielmehr direkt darauf ein.
Schleswig-Holstein hat viele herausragende Standortvorteile, um zur Energiedrehscheibe Deutschlands zu werden - heute für LNG, in Zukunft für Wasserstoff. Wir verfügen bereits über hohe regenerative Erzeugungskapazitäten, die noch weiter ausbaufähig sind, Kavernen zur Speicherung erneuerbarer Gase sowie maritime Unternehmen und wissenschaftliche Expertise im Bereich der Energiewirtschaft. Zudem verfügt Schleswig-Holstein mit Brunsbüttel bereits heute über einen Seehafen, der prädestiniert ist, in Zukunft mit einem Energie-Importterminal als Logistik- und Wirtschaftszentrum zu fungieren und eine zentrale Funktion für Energie-Im- und Exporte sowie die Verteilung von nachhaltigen Energieträgern ins Hinterland einzunehmen. Notwendig sind jetzt die Investitionen in die Energieimport- und Transportinfrastrukturen vor Ort.
Eine zukunftsfeste Energieversorgung braucht Vielfalt bei der Energieinfrastruktur. Neben modernen und leistungsfähigen Infrastrukturen für den Transport von grünem Strom werden deshalb auch Transportstrukturen zum Im- und Export für andere nachhaltige und möglichst emissionsarme Energieträger benötigt. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann dauerhaft Versorgungssicherheit gewährleistet werden. 

Unverändert geltende Positionen

  • Beim weiteren Ausbau der regenerativen Energien sollen bei Lokalisierung und Dimensionierung neuer Anlagen Windpotenziale optimal genutzt werden. Hierbei gilt es, neben betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Aspekten auch Fragen der  Netzstabilität und -kapazität zu berücksichtigen.
  • Die Bürgerbeteiligung bei Windparks soll auch für regionale, nicht direkt ortsansässige Interessenten möglich sein, denen entsprechende Aktivitäten im eigenen Wohnumfeld auf den Halligen, Eiderstedt etc. rechtlich verwehrt sind.
  • Der schnelle Atomausstieg und die Abschaltung der Kernkraftwerke hierzulande bedingen, dass dringend ein rechtlicher Rahmen für den Rückbau festgelegt und die Endlagerfrage geklärt wird.
  • Mit Blick auf die Zielsetzungen für die Jahre 2020/2030/2050 ist die Erzeugung aus konventionellen Energien als ein notwendiges Element innerhalb des Prozesses der Energiewende nicht außer Acht zu lassen.
  • Die CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) sowie das Fracking (Hydraulic Fracturing) werden für Schleswig-Holstein uneingeschränkt abgelehnt.
  • Die technischen Potenziale der Kraft-Wärme-Kopplung und deren Umsetzung sollen als Brückentechnologie umweltschonender Energieerzeugung stärker gefördert werden.
  • Um eine optimale Ressourcenschonung zu erreichen, muss bei der konventionellen Energieerzeugung der höchste Wirkungsgrad die zentrale Referenz für die Technologienutzung darstellen.
  • Aufgrund der schwankenden Produktion der regenerativen Energien müssen zum Ausgleichen erhebliche Netzkapazitäten vorgehalten werden. Dies sollte über wirtschaftliche Anreize attraktiver gestaltet werden, um entsprechende Dimensionen zu 
    sichern.
  • Die bestehenden Stromnetze sind heute bereits zeitweise so ausgelastet, dass Erneuerbare-Energien-Anlagen abgeschaltet werden müssen, obwohl sie ohne zusätzliche Kosten Strom produzieren könnten. Der Ausbau der Stromnetze und die Einsetzbarkeit zuschaltbarer Lasten im System müssen soweit erfolgen, dass das Einspeisemanagement auf ein Minimum reduziert werden kann.
  • Neben dem notwendigen Ausbau des Hafens Brunsbüttel müssen weitere Nordseehäfen des Landes mit der benötigten Infrastruktur für Service- und Logistikleistungen der Windindustrie zur Wartung der Offshore-Windparks ausgestattet werden.
  • Die politischen Rahmenbedingungen in Schleswig-Holstein im Offshore-Bereich müssen angepasst werden, um den Anschluss zu unseren Nachbarländern nicht zu verlieren. Dabei bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtung (Einrichtung von Servicestandorten, Entwicklung Offshore-Häfen, Investitionssicherheit, Infrastruktur, Wartungskonzepte, Schulungskonzepte, Forschung & Entwicklung), um die schleswig-holsteinische Offshore-Branche nachhaltig zu stärken.
  • Angesichts der für 2025 prognostizierten Versorgungsquote mit 300 Prozent regenerativen Energien ist für Schleswig-Holstein ein integriertes Konzept erforderlich, das neben der Energieerzeugung auch die Energiespeicherung sowie Elemente eines  intelligenten Netzes (Smart Grid) einbezieht.
  • Als flexibel einsetzbare Kraftwerksleistung für das Ausgleichen vorübergehender Schwankungen im Stromnetz ist ein Zusammenschalten dezentraler Anlagen zu einem Virtuellen Kraftwerk als Schlüsseltechnologie zu fokussieren.
  • Im Vorgriff auf die Etablierung eines intelligenten Netzes (Smart Grid) ist ein landesweiter Ausbau des Glasfasernetzes von grundlegender Bedeutung.
  • In der Energiewirtschaft sollte die kommunale Zusammenarbeit gefördert werden, um die lokalen und regionalen Energieversorger zu einem gemeinsamen starken Player zu machen.
  • Ein intelligenter und effektiver Netzausbau muss für alle Netzbetreiber-Ebenen mit Innovationsanreizen versehen und über eine förderliche Regulierung profitabel gestaltet werden, will man die angestrebten Dimensionen zügig erreichen. Die Kosten des  Ausbaus dürfen jedoch nicht die Industrie bzw. die Kunden im Lande belasten.
  • Schleswig-Holstein sollte sein Image als Land der Energiewende mit touristischen Produkten insbesondere rund um die Elektromobilität als Erlebnis für Anwohner und Gäste entwickeln, um die Akzeptanz nach innen und außen zu steigern.
  • Für einen nachhaltigen Zubau von Energiespeichern und weiterer Flexibilitätsoptionen ist es notwendig, transparente regulatorische Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Investitionssicherheit erhöhen. Es bedarf der stetigen, intensiven Forschung und Entwicklung, da gerade im Bereich der Speichertechnologien noch enorme Potentiale vorhanden sind. Die Funktion von Speichern muss zukünftig anders gedeutet werden: Da sie zur Stabilisierung und Optimierung des Netzes beitragen, sind sie als Flexibilitätsoption und nicht als Endverbraucher zu bewerten, sodass die Abgaben erst beim tatsächlichen Endverbrauch anfallen.
  • Energieberatung muss attraktiv und zielgerichtet gestaltet sein. Hierzu gilt es, Fördermöglichkeiten wie beispielsweise die BAFA Energieeffizienzberatung langfristig zu erhalten. Die darauf aufbauende Umsetzung empfohlener Maßnahmen muss über  Investitionsanreize gefördert werden.
  • Mit freiwilligem Engagement und Anreizen für Energieeffizienzmaßnahmen kann mehr erreicht werden als mit gesetzlichem Zwang. Daher sollte es für Unternehmen keine Verschärfung von Effizienzvorgaben geben.
  • Langfristiges Ziel bei Neubauten und Gebäudesanierungen im privaten und gewerblichen Bereich sollte eine CO₂-neutrale Energieversorgung sein. Dabei ist – unter Berücksichtigung von effizienten Heiztechniken, Wärmedämmung, Stromerzeugung, 
    Speichertechnologien sowie sonstigen Baumaßnahmen und Techniken aus dem Gebäudemanagement – eine ganzheitliche energetische Betrachtung des Objektes und möglicher Maßnahmen anzustreben. Entsprechende Maßnahmen sind dabei 
    zu fördern. Beim Ersatz von Anlagen, Einrichtungen und Bauweisen mit schlechter CO₂-Bilanz muss konsequenterweise über neue nachhaltige Technologien nachgedacht werden.
  • Öffentliche Einrichtungen müssen eine Vorbildfunktion übernehmen und könnten gleichzeitig ein Schaufenster der Energieeffizienztechnologien für private oder gewerbliche Interessenten sein. 
  • Information und Aufklärung sind von zentraler Bedeutung. Darum sollten Beratungsangebote wie beispielsweise das Energiecoaching der IHK im Rahmen der Energiewende fortgesetzt und ausgebaut werden.
  • Bestehende Förderprogramme im Bereich Energieeffizienz sollten entbürokratisiert und für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern geöffnet werden.
  • Es ist eine strategische Ausrichtung für Forschung und Entwicklung zu erarbeiten und anschließend mit Anreizen auszugestalten. Forschungseinrichtungen, Hochschulen und weitere Partner können in der Folge im Rahmen einer abgestimmten Hightech-Strategie des Landes benannte Themenfelder einer ebensolchen Forschungsagenda besetzen.
  • Um den Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft stetig zu verbessern, sollten Transfereinrichtungen wie das Kompetenzzentrum Erneuerbare Energien und Klimaschutz Schleswig-Holstein EEK.SH weiterhin unterstützt, die Forschungsförderung durch Bund und Länder ausgeweitet sowie die Koordination der norddeutschen Forschungseinrichtungen optimiert werden.
  • Mit Blick auf die zentralen Herausforderungen in Schleswig-Holstein muss die Forschung und Entwicklung in den innovativen Technologiebereichen Leistungselektronik, Virtuelle Kraftwerke, Batterietechnik und Wasserstoff intensiviert werden.
  • Die benötigten hochqualifizierten Arbeitskräfte können nur mit einer gezielten Standortbewerbung und einer umfassenden Attraktivitätssteigerung des Lebensumfeldes nach Schleswig-Holstein gelockt und hier gehalten werden.
  • Es müssen berufsbegleitende Studiengänge zur weiteren Professionalisierung qualifizierter Mitarbeiter sowie zusätzliche Aus- und Fortbildungslehrgänge in der beruflichen und der allgemeinen Bildung entwickelt und angeboten werden.
  • Für die Bereiche Planung, Installation und Wartung dieser Branche müssen Ingenieurstudiengänge ausgebaut und stärker vernetzt werden.
  • Um den steigenden Schulungsbedarf sowie das komplexe Thema der Arbeitssicherheit im Wind-On- und Offshore-Bereich sowie im Bereich der Solarenergie und Biomasse abzudecken, müssen Institutionen und Schulungseinrichtungen etabliert werden. Gerade Schleswig-Holstein bietet sich aufgrund der geographischen Lage und vorhandener Trägereinrichtungen als Standort an.
  • Will man in Schleswig-Holstein ernsthaft effektive Forschung und betriebliche Entwicklung betreiben, so ist eine Bündelung der Kräfte nötig. Ziel muss ein Kompetenz- und Innovationszentrum für regenerative Energien sein, das neben den Themen Forschung, Aus- und Weiterbildung, berufsbegleitende Studiengänge sowie Weiterbildungsstudiengänge auch komplementäre Themen der Standortvermarktung und querschnittliche Beratung kombiniert.
  • Für das Gelingen der Energiewende muss der Bürger strategisch in das Gesamtvorhaben eingebunden werden, wie die erfolgreiche Bürgerbeteiligung im Zuge von Einzelvorhaben beim Ausbau der regenerativen Energien deutlich vor Augen führt.
  • Für das Ausschreibungsdesign müssen der Erhalt der Akteursvielfalt und das Erreichen der Klimaschutzziele gewährleistet werden. Die starke internationale Position der deutschen Energiebranche darf dabei ebenso wenig gefährdet werden wie Bürgerenergieprojekte. Eine Wettbewerbsverzerrung zulasten der nördlichen Bundesländer gilt es zu verhindern: Windenergie (Onshore) als kosteneffizienteste Erzeugungsform und auch die besten Windstandorte dürfen nicht künstlich benachteiligt werden.
  • Unter Berücksichtigung der Zusammensetzung des Strompreises und bei Betrachtung der Komponenten der EEG-Umlage bedarf es einer fairen Berechnung der EEG-Umlage, um mehr Transparenz in die Strompreisdebatte zu bringen. Nicht einmal 50 Prozent der Kosten aus der EEG-Umlage resultieren aus der direkten Förderung der regenerativen Energien. Der andere Anteil entsteht aus den stark fallenden Strombörsenpreisen und den verschiedenen Befreiungstatbeständen. Es ist notwendig, die EEG-Umlage von den Börsenpreisen abzukoppeln.
  • Eine zentrale, bundesweit einheitliche Steuerung der Energiewende, die die jeweiligen Stärken der einzelnen Regionen nutzt, ist unverzichtbar. Zudem sollten die Clusteraktivitäten sowie die Vermarktungs- und Ansiedlungspolitik der norddeutschen Länder  enger abgestimmt werden.
  • Die Eigenversorgung von Strom und Wärme bei Neubauten und Bestandsgebäuden muss gefördert werden. Dabei bedarf es – neben der effizienten Quartiersentwicklung – eines effizienten Energiekonzeptes mit einer dezentralen Energieversorgung sowie der Nutzung von Strom- und Wärmespeichern. Dies führt letztendlich zu einer Entlastung der Netze sowie der Steigerung des Anteils Erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch.
  • Zur Gesamtsystemoptimierung sollte die Bildung eines europäischen Binnenmarktes beschleunigt werden, bspw. durch die Agentur für die Zusammenarbeit der Energie Regulierungsbehörden (ACER) oder durch den Verband der europäischen Energieregulierungsbehörden (CEER).
  • Ein Leitfaden für die Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Energiewende (wie es bei der Windenergie bereits der Fall ist) sollte entwickelt werden, um bei Regionalkonferenzen oder Bürgerdialogen konsequent das Vertrauen der Bevölkerung zu 
    erarbeiten und Kritik konstruktiv zu nutzen. Gleichwohl kann Bürgerbeteiligung gelegentliche „Fundamentalopposition“ nicht immer vermeiden. Bei allem Bemühen um Akzeptanz sind schlussendlich klare Entscheidungen erforderlich, zu denen administrativer Mut und politische Weitsicht gehören.
  • Sonder- und Ausnahmeregeln bei der EEG-Umlage sollten vereinfacht werden, um Bürokratie bei Energieversorgern und Begünstigten abzubauen und die Strompreise zu senken.
Schon gewusst?
Im Energieausschuss der IHK Flensburg arbeiten renommierte Energieexperten aus der Region zusammen. Unter dem folgenden Link finden Sie die Mitglieder auf einem Blick.
Veröffentlicht im Januar 2021