Stadtentwicklung und Einzelhandel

1. Einsatz für integrierte Stadtentwicklung

Die Ansiedlung von Einzelhandelsvorhaben erfolgt in der Regel nach dem zentralörtlichen Gliederungssystem in Schleswig-Holstein. Die IHK zu Lübeck befürwortet die Einhaltung des Zentrale-Orte-Systems für die Steuerung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben. Nach dem Zentrale-Orte-System sind großflächige Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevanten Sortimenten den jeweiligen Siedlungsschwerpunkten zuzuordnen. Sie sollen nur an integrierten Standorten innerhalb von Stadt(teil)zentren zulässig sein. Dabei dürfen großflächige Einzelhandelsbetriebe die Funktion benachbarter zentraler Orte nicht beeinträchtigen. Die IHKs in Schleswig-Holstein haben dazu in einem Positionspapier ihre Meinung formuliert.
In ländlichen Gebieten wird es zunehmend schwierig, die Grundversorgung sicher zu stellen. Eine Funktionsbündelung durch Kooperation mit zentralen Orten im ländlichen Raum kann die Versorgung gewährleisten, wenn ein regionales Denken einsetzt. Städte und Gemeinden erfüllen nicht mehr sämtliche Funktionen jeweils für sich, sondern begreifen sich als Region mit Aufgabenteilung und kooperieren miteinander.

2. Einsatz für funktionierende Innenstädte, Orts- und Stadtteilzentren

Die historisch gewachsenen Städte und Gemeinden mit ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Vielfalt sind ein erhaltenswertes Ziel. Die IHK betrachtet Innenstädte und Stadtteilzentren als Identifikationskerne für Regionen. Sie sind wichtiger Wirtschafts-, Wohn-, Freizeit-, Kultur-, Bildungs- und Arbeitsraum sowie Anbieter öffentlicher Versorgungsleistungen. Neben der Multifunktionalität der Zentren muss auch dem äußeren Erscheinungsbild Rechnung getragen werden. Sie müssen in ihrer Einzigartigkeit und ihrem Ambiente erhalten, gefördert und weiterentwickelt werden. Das jährlich von der IHK Schleswig-Holstein durchgeführte Stadtmarketingforum gibt dabei wichtige Impulse und innovative Ideen.

3. Ja zu Einzelhandelskonzepten als sinnvolles Raumordnungsinstrument

Die Handelsentwicklung lässt sich nur dann räumlich steuern, wenn Kommunen gemeinsam mit der Wirtschaft ein Handlungskonzept entwickeln und dazu integrierte Standorte festlegen. Darüber hinaus sollten sie sich mit den Nachbarkommunen auf ein regionales Einzelhandelskonzept verständigen und diesem auch Verbindlichkeit geben. Die IHK bringt hier ihr Know-how über die regionalen Einzelhandelsstrukturen ein. Gute erfolgreiche Beispiele sind u. a. das Einzelhandelsforum in der Lübecker Wirtschaftsregion (EHF), Reinbek/Bergedorf/Umland oder der PACT Schmuggelstieg (Norderstedt)/Ochsenzoll (Hamburg).

4. Offenheit gegenüber neuen Entwicklungslagen im Einzelhandel

Ausgehend von der These: „Handel ist Wandel“ ist eine Offenheit gegenüber neuen Entwicklungen im Einzelhandel gefordert. Dem wirtschaftlichen Strukturwandel und verändertem Verbraucherverhalten muss Rechnung getragen werden. Der planungsrechtliche Ordnungsrahmen darf die wirtschaftliche Dynamik und den strukturellen Wandel nicht unterbinden. Jeder Strukturwandel ist immer auch mit wirtschaftlichem und technischem Fortschritt, Effizienzsteigerungen, verbesserter Befriedigung der Verbraucherwünsche und neuen Wachstums- und Beschäftigungsperspektiven verbunden. Wirtschaftspolitisch ist es erstrebenswert, allen Branchen und Unternehmen Standort- und Entwicklungsperspektiven zu eröffnen.

5. Einfordern eines „Denken in Regionen“

Die Ausdehnung der Städte in das Umland hat stetig zugenommen. Wirtschafts- und Verkehrsräume sind längst über die kommunalen Grenzen hinausgewachsen. Der Handel wirkt über administrative Grenzen hinweg. Städte und Gemeinden müssen ihr politisches Handeln diesen Entwicklungen anpassen und ihr „Gemarkungsdenken“ abbauen. Die Akteure in den Regionen müssen Wege finden, schrittweise Kooperationen aufzubauen und zu vertiefen, die die Stadtregion in ihrer Funktionsvielfalt stärken. Gerade das Einzelhandelsforum in der Wirtschaftsregion Lübeck (EHF) hat vorgemacht, wie das Oberzentrum mit dem Umland Abstimmungsprozesse koordiniert und einvernehmlich löst.

6. Einsatz für attraktive Wohnstandorte

Die IHKs setzen sich für attraktive Wohnstandorte ein, auch in Innenstädten und Stadtteilzentren. Sie werden als wichtiger weicher Standortfaktor begriffen. Sie sind mitentscheidend für Ansiedlungsentscheidungen von Unternehmen. Wesentliche Grundlage für die Attraktivität innenstadtnaher Wohnstandorte ist eine funktionierende Nahversorgung. Außerdem prägen eine architektonisch ansprechende Gestaltung von öffentlichen Plätzen, Gebäuden, Grünanlagen, Gehwegen, Fußgängerzonen und Passagen das Erscheinungsbild der Wohnstandorte. Bei der Gestaltung ihrer Bauten ist die Wirtschaft zur Initiative aufgerufen.

7. Einsatz für kooperative Stadtentwicklung

Die IHK-Organisation initiert neue Kooperationsprojekte zur Stadtentwicklung. Z.B. die Einrichtung von Business Improvement Districts (BIDs) oder die Einrichtung von Partnerschaften zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungs- und Tourismusbereichen (PACT) in Schleswig-Holstein. Sie gehen auf eine enge Kooperation von Stadt und Wirtschaft zurück. BIDs/PACTs sind ein Erfolg versprechendes städtebauliches Instrument zur Attraktivitätssteigerung, Stärkung und Revitalisierung von Innenstädten, Stadtteilzentren, Wohnquartieren und Gewerbezentren. Es sind private Eigeninitiativen von Unternehmern vor Ort, Einzelhändlern, Grundeigentümern, Gastronomen und Dienstleistern, die sich in einer besonderen Form von Public Private Partnerships (PPP) dazu neu organisieren. Sie schließen sich als Ergebnis eines Meinungsund Abstimmungsprozesses auch mit der Stadt in einem örtlich klar begrenzten Bereich für üblicherweise 3 bis 5 Jahre zusammen und verpflichten sich alle gemeinsam die Aufwertungsmaßnahmen für den Standort zu finanzieren. Gute Beispiele sind in Flensburg, Elmshorn oder Rendsburg zu finden und die IHKs in Schleswig-Holstein unterstützen die Aktivitäten mit Informationen, Beratungen und PACT-Foren, so z. B. Ende 2011 in Eutin.

8. Nahversorgung sicherstellen

Nahversorgung ist aus Sicht der IHK-Organisation ein Grundelement funktionierender und attraktiver Wirtschaftsräume, das unter Berücksichtigung des Zentrale-Orte-Systems gewährleistet werden soll. Mit Nahversorgung ist nicht nur die Versorgung mit Lebensmitteln des kurzfristigen Bedarfs gemeint. Das nachfolgende Schaubild verdeutlicht die Bandbreite der Nahversorgung.
Es gilt seitens der Städte und Gemeinden in Zukunft verbindlich die Nahversorgung im eigenen Gemeindegebiet bzw. in interkommunaler Abstimmung sicherzustellen. Nahversorgung ist nicht nur ein Thema für den ländlichen Raum, sondern auch in scheinbar versorgten Städten gibt es zunehmen Nahversorgungsprobleme. Viele Einzelhandelsflächen werden aufgrund ihrer geringen Verkaufsfläche zusammengelegt bzw. verlagert und gerade immobile Menschen sind stark benachteiligt.
Um steuernd wirken zu können, ist es notwendig, dass jeweils Masterpläne und Konzepte für den Einzelhandel entwickelt, in die kommunale Bauleitplanung einbezogen und regionale Einzelhandels- und Nahversorgungskonzepte abgestimmt werden. Ein elementarer Bestandteil eines funktionalen Nahversorgungskonzepts ist die marktkonforme Ausgestaltung. Mit dem Nahversorgungstag der IHK Schleswig-Holstein alle zwei Jahre werden innovative und zukunftsorientierte Konzepte vorgestellt. So z. B. Lieferservices, Nachbarschaftsläden, Virtuelles Rathaus, Bibliotheks-Bus, Sparkassen-Bus, Gemeinsam genutzte Praxisräume, Kleinflächenkonzepte, Integrationsmärkte, Genossenschaftlicher Ansatz, Zusammenführung von Einrichtungen, Förderung / Subventionierung.