Recht und Steuern

Finanzrichter

Wie ist die Finanzgerichtsbarkeit aufgebaut?

Das Finanzgericht ist ein besonderes Fachgericht und im Unterschied zu den anderen Gerichtsbarkeiten, die regelmäßig einen dreistufigen Aufbau aufweisen, nur zweistufig aufgebaut. Das heißt, das Finanzgericht ist oberes Landesgericht und als solches einzige Tatsacheninstanz. Als Rechtsmittelinstanz besteht der Bundesfinanzhof (BFH) mit Sitz in München.
Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat seinen Sitz in Kiel.

Welche Angelegenheiten werden vor dem Finanzgericht verhandelt?

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht entscheidet hauptsächlich über Steuerbescheide und Kindergeldbescheide und damit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, für deren Beurteilung wirtschaftliche Sachkunde oft eine entscheidende Rolle spielt. Häufig gehen natürliche und juristische Personen im Wege der Anfechtungsklage gegen Steuerbescheide vor oder Bürger möchten den Erlass eines begehrten Kindergeldbescheides gerichtlich durchsetzen. Auf Beklagtenseite steht regelmäßig die Behörde, die den belastenden Bescheid erlassen bzw. den begehrten Bescheid versagt hat.
Dabei erfüllen die ehrenamtlichen Finanzrichter eine wichtige Aufgabe, indem sie gemeinsam mit den hauptamtlichen Richtern unmittelbar und mit gleichem Stimmrecht an der Entscheidung des Gerichts mitwirken.
Eine besondere Sachkunde in steuerrechtlichen Fragen oder entsprechende Vorkenntnisse sind aber nicht erforderlich. Finanzrichter tragen vielmehr durch ihre wirtschaftliche Expertise und Erfahrung sowie ihre Kenntnisse des allgemeinen Geschäftslebens zu sachgerechten und lebensnahen Entscheidungen der Finanz- und Steuerrechtsprechung bei.
Die Beteiligung von ehrenamtlichen Richtern ist darüber hinaus als wichtiges Element des demokratischen Rechtstaates von großer gesamtgesellschaftlicher Bedeutung und sichert durch Bürgerbeteiligung das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung.
In Schleswig-Holstein ist das Finanzgericht nicht zuständig für Zollsachen, denn auf Grundlage eines Staatsvertrages zwischen den Bundesländern Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein wurde ein zuständiger Senat beim Finanzgericht Hamburg geschaffen. Grundsätzlich nicht zuständig sind die Finanzgerichte für Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten, denn diese sind den Strafgerichten zugewiesen.

Wer kann Finanzrichter/in werden?

Zu ehrenamtlichen Finanzrichtern können nur deutsche Staatsangehörige ernannt werden. Sie sollen das 25. Lebensjahr vollendet und den Wohnsitz oder die gewerbliche oder berufliche Niederlassung innerhalb des Gerichtsbezirks haben.
Ausgeschlossen vom Amt des ehrenamtlichen Richters sind bestimmte Straftäter und Personen, die kein öffentliches Amt bekleiden dürfen sowie solche Personen, gegen die wegen einer Tat Anklage erhoben wurde, die den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge haben kann. Ebenfalls nicht ernannt werden sollen Personen, die in Vermögensverfall geraten sind.
Ferner dürfen Angehörige bestimmter Berufsgruppen nicht zu ehrenamtlichen Richtern ernannt werden, nämlich: Mitglieder des Bundestages, des Europäischen Parlaments, der gesetzgebenden Körperschaften eines Landes, der Bundesregierung oder einer Landesregierung, Richter, Beamte und Angestellte der Steuerverwaltungen des Bundes und der Länder, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Steuerberater, Vorstandsmitglieder von Steuerberatungsgesellschaften, die nicht Steuerberater sind, ferner Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Personen, die fremde Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig besorgen.

Welche Rechte und Pflichten hat ein Finanzrichter?

Finanzrichter stehen in keinem Dienstverhältnis. Sie wirken als ehrenamtlicher Richter aber mit gleichen Rechten bei der mündlichen Verhandlung und der Urteilsfindung mit wie hauptamtliche Richter, haben also gleiches Stimmrecht.
Sie sind ebenso wie Berufsrichter in gleichem Maße zu Neutralität verpflichtet und müssen nicht nur das Beratungsgeheimnis, sondern auch das Steuergeheimnis wahren. Finanzrichter sind verpflichtet, an den mündlichen Verhandlungen, zu denen sie geladen sind, teilzunehmen.
Die Aufwandsentschädigung für Finanzrichter richtet sich nach dem Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz (JVEG) und umfasst unter anderem die Erstattung von Fahrtkosten und des Verdienstausfalls, vergleiche Paragraf 15 Absatz 1 JVEG.
Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht ist in derzeit fünf Senate gegliedert, die jeweils in einer Besetzung aus drei hauptamtlichen und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden. Um den zeitlichen Aufwand für die Finanzrichter zu begrenzen, wirken allerdings nicht immer die gleichen Finanzrichter an den Entscheidungen mit. Im Jahr 2014 beispielsweise sind für die fünf Senate des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts insgesamt 60 ehrenamtliche Richter tätig.

Wie wird man Finanzrichter/in?

Finanzrichter müssen nicht nur wirtschaftlich erfahren, sondern darüber hinaus auch persönlich für dieses von hoher Verantwortung geprägte Ehrenamt geeignet sein. Entscheidend hierfür sind soziale Kompetenz, Gewissenhaftigkeit, Lebenserfahrung und nicht zuletzt auch die Bereitschaft, sich immer wieder unvoreingenommen und ergebnisoffen mit verschiedenen Lebenssachverhalten zu beschäftigen.
Durch ein Auswahlverfahren wird sichergestellt, dass geeignete Persönlichkeiten ins Ehrenamt des Finanzrichters berufen werden. Die Berufsverbände, insbesondere die Industrie- und Handelskammern, schlagen dem Präsidenten des Finanzgerichts erfahrene und ehrbare Persönlichkeiten vor. Darauf basierend erstellt der Präsident des Finanzgerichts Vorschlagslisten, die doppelt so viele Vorschläge wie die zu wählende Anzahl ehrenamtlicher Finanzrichter enthalten sollen.
Nach diesen Vorschlagslisten wiederum werden die Finanzrichter anschließend auf fünf Jahre durch einen Wahlausschuss des Finanzgerichts gewählt. Der Wahlausschuss wird bei jedem Finanzgericht bestellt und besteht aus dem Präsidenten des Finanzgerichts als Vorsitzendem, einem Vertreter der Finanzverwaltung sowie sieben Vertrauensleuten, die die Voraussetzungen zur Berufung als ehrenamtliche Richter erfüllen.
Die Berufung zum Finanzrichter kann in bestimmten Fällen auch abgelehnt werden. In besonderen Härtefällen ist auf Antrag zudem eine Befreiung möglich.
Nach Ende einer Amtsperiode können Finanzrichter - auch mehrmals - wiedergewählt werden. Nach zwei Amtsperioden steht es Finanzrichtern frei, ob sie weiterhin für das Finanzgericht tätig werden möchten.