Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder
Mitglieder des Betriebsrats haben nach § 37 Abs.4 S.1 BetrVG Anspruch auf Erhöhung ihres Arbeitsentgelts in dem Umfang, in dem das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung steigt. Das Betriebsratsmitglied ist für das Vorliegen der Voraussetzungen dieses Anspruchs darlegungs- und beweisbelastet. Jedoch hat der Arbeitgeber, wenn er eine mitgeteilte und gewährte Vergütungserhöhung korrigiert, die sich für das Betriebsratsmitglied als Anpassung seines Entgelts entsprechend § 37 Abs.4 S.1 BetrVG darstellen durfte, darzulegen und zu beweisen, dass die Vergütungserhöhung objektiv fehlerhaft war.
Der Kläger ist bei der Beklagten, einer Automobilherstellerin, seit 1984 beschäftigt. Der Kläger war zunächst als Anlagenführer tätig und wurde nach den einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen entsprechend der sog. Entgeltstufe (ES) 13 vergütet. Im Jahr 2002 wurde er Mitglied des Betriebsrats und von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Die Beklagte teilte dem Kläger im Jahr 2003 mit, sein Arbeitsentgelt werde entsprechend der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung gemäß § 37 Abs.4 S.1 BetrVG der ES 14 angepasst. In den folgenden Jahren erhielt der Kläger ähnlich lautende Anpassungsmitteilungen hinsichtlich der nächsthöheren Entgeltstufe. Ab 2015 bezog der Kläger eine Vergütung nach ES 20. Im Oktober 2015 wurde dem Kläger eine freie Stelle als Fertigungskoordinator angeboten. Der Kläger bewarb sich aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit jedoch nicht. Anfang 2023 überprüfte die Beklagte aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Januar 2023 – 6 StR 133/22- die Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder und hielt beim Kläger eine Vergütung nach ES 18 als zutreffend und forderte für Oktober 2022 bis Januar 2023 die über die ES 18 hinaus gezahlte Vergütung zurück. Im Februar 2023 bekam der Kläger Entgelt nach ES 17, seit März 2023 auf Grundlage von ES 18.
Daraufhin legte der Kläger Klage ein und verlangt die Vergütungsdifferenzen, den zurückgezahlten Betrag sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Januar 2015 nach den jeweils geltenden tarifvertraglichen und betrieblichen Regelungen für Beschäftigte in der ES 20 durchzuführen.
Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesarbeitsgerichts Erfolg und führte zu einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung die Darlegungs- und Beweislast bei dem Anpassungsanspruch nach § 37 Abs.4 S.1 BetrVG beim Kläger gesehen und deshalb diesen Anspruch abgelehnt. Es hat den Anspruch des Klägers dann auf einen fiktiven Beförderungsanspruch nach § 78 Satz 2 BetrVG in Verbindung mit § 611a Abs.2 BGB gestützt. Das Bundesarbeitsgericht stimmte dem Landesarbeitsgericht hinsichtlich zweiteren zu. Ermittelt jedoch der Arbeitgeber eine für das Betriebsratsmitglied ersichtlich auf § 37 Abs.4 S.1 BetrVG gestützte Vertragsanpassung, teilt dies dem freigestellten Betriebsratsmitglied mit und zahlt eine entsprechende Vergütung, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast für deren objektive Fehlerhaftigkeit, wenn er im Nachhinein die Bemessung des Arbeitsentgelts korrigiert (Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. März 2025 – 7 AZR 46/24).
Veröffentlicht am 23. April 2025.