Arbeitsrecht

Rückweg im Homeoffice ist grundsätzlich unfallversichert

Auch der Rückweg nach dem Ende der Tätigkeit im Homeoffice steht grundsätzlich als mitversicherter Betriebsweg unter dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz.
Die Klägerin arbeitete bei der Beklagten als Sacharbeiterin/ Integrationsfachkraft bei der Bundesagentur für Arbeit. Die dortige Arbeitszeitvereinbarung sieht vor, dass die Hälfte der Arbeitszeit in der Dienststelle zu erbringen ist und die andere Hälfte im Homeoffice erbracht werden kann. Die Klägerin verrichtete ihre Arbeit 2 Tagen der Woche im Homeoffice. Sie wohnt in einer zweigeschossigen Wohnung, s.g. Maisonettewohnung. Die unterschiedlichen Wohnungsetagen sind mit einer Metalltreppe verbunden. Ihr vollausgestattetes Arbeitszimmer (Telefon, Schreibtisch, Rechner, Notebook, 2 Monitore, Drucker, WLAN-Anschluss = PC-Arbeitsplatz/Büro) befindet sich im Dachgeschoss, dem Obergeschoss ihrer Wohnung. Am Dienstag, den 1. März 2022 ging die Klägerin ab 06.00 Uhr ihrer Tätigkeit an ihrem häuslichen Arbeitsplatz im Homeoffice nach. Gegen 16.03 Uhr, nach dem digitalen Ausstempeln und Herunterfahren des Rechners, sammelte die Klägerin von ihrem Arbeitsplatz ihre Signaturkarte, ihr Headset, den Büroschlüssel und ihre Notizen vom Arbeitstag in einer üblicherweise hierfür von ihr verwendeten „blauen Mappe“ und verließ damit den Arbeitsbereich. Sie stürzte auf der Treppe auf dem direkten Weg vom Obergeschoss in den Wohnbereich im Untergeschoss ihrer Wohnung und zog sich hierbei eine Sprunggelenksdistorsion mit Außenbandteilruptur rechts zu. 
Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab.
Dagegen erhob die Klägerin Anfechtungs- und Feststellungklage vor dem Sozialgericht. Dieses entschied: Die Klägerin stand auf dem Weg von ihrem Homeoffice-Arbeitsplatz im Dachgeschoss in den Wohnbereich ihrer Wohnung unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz. Im Juni 2021 wurde der Arbeitsunfall auch hinsichtlich der Tätigkeit im Homeoffice ergänzt. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII heißt es nunmehr: „Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.“ Der Hin- und Rückweg ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB II geschützt, wenn er in einem so engen Zusammenhang mit der verrichteten Tätigkeit steht, dass diese eine natürliche Einheit bilden. Dies war vorliegend der Fall, sodass ein Arbeitsunfall gegeben sei.
Darüber hinaus wird in § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII der Versicherungsschutz auf den Umgang mit Arbeitsgeräten erstreckt. Voraussetzung hierfür ist, dass der Gegenstand im Verhältnis zur gesamten Verwendung hauptsächlich zur Verrichtung der versicherten Tätigkeit in Abgrenzung zu Alltagsgegenständen (z.B. Lesebrille) gebraucht wird. Daran, dass die Klägerin sowohl ihren Büroschlüssel, die digitale Karte für den Zugang zum Dienstgebäude, das Headset und auch die Signierkarte zur digitalen Identifikation in ihrer Tätigkeit weit überwiegend für die versicherte Tätigkeit nutzt und benötigt, bestehe kein Zweifel. Da die Verwahrung von Arbeitsgeräten in unmittelbarem Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehe, sei auch hierüber der Versicherungsschutz gegeben (SG Schwerin, Urt. v. 13. Dezember 2022 – S 16 U 49/22).
Veröffentlicht am 23. August 2023