Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit
Krank oder Karneval feiern? Der Kläger ist Mitarbeiter bei der Beklagten. Aufgrund seiner Tätigkeit bei der Logistik ist diese von körperlicher Arbeit geprägt, die vor Ort erledigt werden muss. Vom 31.Oktober 2022 bis zum 4. November 2022 war der Kläger arbeitsunfähig. Der Kläger nahm am 4. November 2022 sowie am 5. Januar 2023 jeweils trotz zu dem Zeitpunkt bestehender Arbeitsunfähigkeit an Karnevalsveranstaltungen teil.
Am 5. Januar marschierte er, in einem Video erkennbar, sogar in Uniform auf. Die Beklagte erfuhr davon am 12. Januar 2023 und führte am 20. und 26. Januar zwei Anhörungen via MS Teams durch. Der behandelnde Arzt bestätigte, dass bis zum 6. Januar 2023 kein Ausgehverbot bestanden habe.
Die außerordentliche Kündigung vom 17. Februar 2023 ist laut LAG Köln unwirksam, da kein wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB vorliegt. Der Beklagten gelang der Nachweis nicht, dass der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit (AU) vorgetäuscht hat. Das Gericht trägt vor, dass ein Arbeitgeber, der wegen angeblich vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit kündigt, nachweisen muss, dass der Arbeitnehmer tatsächlich unentschuldigt gefehlt hat und keine Krankheit vorlag. Gelingt es, den Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung zu erschüttern, muss der Arbeitnehmer seine Angaben durch medizinische Details belegen und ggf. die Schweigepflicht der Ärzte aufheben. Erst dann liegt es wieder beim Arbeitgeber, den konkreten Vortrag zu widerlegen. Die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit gilt bis zum Ende der betriebsüblichen Arbeitszeit des letzten angegebenen Kalendertages.
Das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit konnte hier nicht sicher festgestellt werden. Die Teilnahme des Klägers an der Karnevalsveranstaltung am Abend des 4. November 2022 fiel an das Ende der Krankschreibung und beeinträchtigte den Beweiswert der AU nicht. Es bestand zwar ein Verdacht, jedoch reichten die Umstände – insbesondere angesichts eines Atemwegsinfekts – nicht aus, um die AU als unglaubwürdig zu bewerten. Damit war auch die ordentliche Kündigung unwirksam (§ 1 Abs. 2 KSchG), zumal der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß gemäß § 102 BetrVG angehört wurde (Quelle: ArbG Köln 10. April 2024 – 12 Ca 993/23).
Veröffentlicht am 17. Juli 2025