Arbeitsrecht

Kein Versicherungsschutz bei Verrichtung der Notdurft

Der Kläger begehrt Halbwaisenrente. Sein Vater, der Versicherte, war auf dem Weg zu einem Geschäftsessen. Er hielt auf einem Waldweg - 10m von der eigentlichen Straße entfernt - an, um seine Notdurft zu verrichten. Das Auto rollte über den Versicherten, er wurde eingeklemmt und starb.
Die Beklagte verweigerte die Gewährung der Halbwaisenrente für den klägerischen Sohn. Die Verrichtung der Notdurft selbst stehe nicht unter Versicherungsschutz. Dies bestätigte in zweiter Instanz das Landessozialgericht Baden-Württemberg.
Nach § 67 Abs. 1 und 3 SGB VII erhalten Kinder verstorbener Versicherter Halbwaisenrente, wenn der andere Elternteil noch lebt, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs oder, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung oder in einer Übergangsphase zwischen Ausbildungsabschnitten befinden, bis zur Vollendung des 27. Lebensjahrs. Jede Hinterbliebenenleistung, auch eine Halbwaisenrente setzt voraus, dass der Tod “infolge” eines Versicherungsfalls eingetreten ist. Nötig danach ist, dass der versicherte Angehörige des Hinterbliebenen einen Versicherungsfall (also einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit) erlitten hat und dieser den Tod verursacht hat. Es bedarf also eines Ursachenzusammenhangs zwischen Versicherungsfall und dem Tod. Hier lag kein Arbeitsunfall vor.
Der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich auf einen Abweg oder einen wesentlichen Umweg begibt. Ein Abweg liegt vor, wenn sich der Versicherte entgegengesetzt zum Ziel oder zumindest in einer so großen Abweichung zum Ziel bewegt, dass er auf den versicherten Weg (zurück-)kommen muss. Auf einem Umweg erlischt der Versicherungsschutz, wenn er die kürzeste Strecke “nicht nur unbedeutend verlängert”.
Das Einbiegen in den Waldweg, das Anhalten und Aussteigen zur Verrichtung der Notdurft unterliegt nicht mehr dem Versicherungsschutz, so das Landessozialgericht. Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte wird allenfalls der Weg zur Verrichtung der Notdurft als versichert angesehen, nicht aber diese selbst. Dies gilt nicht nur auf dem Betriebsgelände, sondern auch dann, wenn man auch auf Arbeitswegen einen fortbestehenden Versicherungsschutz für einen Umweg zur Verrichtung der Notdurft annimmt. Der Versicherungsschutz wird immer dann unterbrochen, wenn man seine private Verrichtung ausübt, so das Gericht (LSG Baden-Württemberg Urt. v. 25.9.2023 – L 1 U 1485/23).
Veröffentlicht am 29. Januar 2024