Kein Diskriminierungsschutz bei Befristung auf Regelaltersgrenze
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Urteil vom 31. Juli 2025 klargestellt, dass Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis auf das Erreichen der Regelaltersgrenze befristet ist, nicht unter den besonderen Diskriminierungsschutz des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) fallen.
Dieser Fall betraf eine Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Landes Berlin, die eine Erschwerniszulage für ihre Tätigkeit in einer Observationsgruppe des Nachrichtendienstes einforderte. Erschwerniszulagen (zusätzliche finanzielle Leistungen) werden für körperliche, psychische oder organisatorische Belastungen gezahlt, die über das normale Maß hinausgehen. Während diese Zulage Beamten in derselben Position gewährt wurde, erhielten Tarifbeschäftigte sie nicht. Die Klägerin sah darin eine unzulässige Benachteiligung und berief sich auf das Diskriminierungsverbot für befristet Beschäftigte, den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes sowie das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot.
Das Gericht wies die Klage jedoch ab und führte aus, dass der Schutz vor Diskriminierung wegen Befristung nicht für Arbeitsverhältnisse gilt, die mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze enden. Mit einer Befristung bis zur Regelaltersgrenze ist gemeint, dass ein Arbeitsverhältnis automatisch endet, sobald der Arbeitnehmer das Alter erreicht, ab dem er eine gesetzliche Regelaltersrente beziehen kann. Solche Verträge ähneln in ihrer Wirkung eher einem unbefristeten Normalarbeitsverhältnis, da sie oft über Jahrzehnte bestehen und den Arbeitnehmern eine stabile Beschäftigungsperspektive bieten. Der Europäische Gerichtshof hatte bereits 2018 entschieden, dass eine Befristung auf die Regelaltersgrenze keine „echte“ Befristung im Sinne der EU-Rahmenvereinbarung zu befristeten Arbeitsverträgen darstellt. Daher ist der Anwendungsbereich des § 4 Absatz 2 TzBfG in solchen Fällen nicht eröffnet.
Zudem verstoße die unterschiedliche Behandlung von Beamten und Tarifbeschäftigten weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes noch gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot. Die Ungleichbehandlung beruhe auf strukturellen Unterschieden zwischen den beiden Berufsgruppen, die unterschiedliche Regelungen rechtfertigen. Beamte und Tarifangestellte unterliegen verschiedenen rechtlichen Rahmenbedingungen, sodass die Gewährung von Zulagen an Beamte, nicht aber an Tarifbeschäftigte, sachlich begründet sei.
Auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greife nicht ein, da dieser nur dann Anwendung findet, wenn der Arbeitgeber durch eigenes gestaltendes Handeln eine Regelung schafft. Im vorliegenden Fall habe das Land Berlin jedoch lediglich bestehende tarifliche und beamtenrechtliche Vorschriften umgesetzt, ohne eine eigene Gestaltungsmacht auszuüben. Die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen sei daher rechtmäßig und verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Zusammenfassend bestätigte das Bundesarbeitsgericht, dass Arbeitsverhältnisse, die auf die Regelaltersgrenze befristet sind, nicht unter den besonderen Diskriminierungsschutz für befristet Beschäftigte fallen. Die Klägerin habe daher keinen Anspruch auf die begehrte Erschwerniszulage, da die Ungleichbehandlung zwischen Beamten und Tarifbeschäftigten sachlich gerechtfertigt und weder unionsrechtlich noch verfassungsrechtlich zu beanstanden sei (BAG Urteil vom 31. Juli 2025 – 6 AZR 18/25 (LAG Berlin-Brandenburg Urt. v. 29. November 2024 – 12 Sa 379/24).
Veröffentlicht am 26. November 2025.