Arbeitsrecht

Fristlose Kündigung - Bedrohung mit einem Messer

Eine ernstliche Bedrohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben u.a. von Vorgesetzten oder Arbeitskollegen, für die kein allgemeiner Rechtfertigungsgrund eingreift, kommt an sich als wichtiger Grund für die fristlose Kündigung in Betracht.
Der 29-jährige Kläger ist bei der Beklagten seit 1.Juni 2019 als Industriemechaniker beschäftigt.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 11. Juli 2022 und einer hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 14. Juli 2022 zum 31. Oktober 2022 aus verhaltensbedingten Gründen.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger einer anderen Arbeitnehmerin ein scharfes Filetiermesser mit einer Klingenlänge von 20 cm mit einem Abstand von 10 bis 20 cm an den Hals hielt und damit Leib und Leben der Mitarbeiterin im Sinne einer akuten, ernsthaften Gefährdung bedrohte. Nach Anhörung von Zeugen und des Klägers, stellte die Beklagte den Kläger von der Arbeit frei und erteilte ihm Hausverbot. Nach Hinzuziehung des Betriebsrates, kündigte sie dem Kläger fristlos, vorsorglich fristgerecht.
Gegen diese beiden Kündigungen hat der Kläger am 18. Juli 2022 vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 30. November 2022 insgesamt stattgegeben. Dies bestätigte Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein. Eine ernstliche Drohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben unter anderem von Vorgesetzten oder Arbeitskollegen, für die kein allgemeiner Rechtfertigungsgrund eingreift, kommt „an sich“ als wichtiger Grund im Sinne von Paragraph 626 Absatz. 1 BGB in Betracht. Im Falle einer Bedrohung von Kollegen handelt es sich um eine erhebliche Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers gemäß Paragraph 241 Absatz 2 BGB. Der Arbeitgeber hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse daran, dass seine Arbeitnehmer untereinander respektvoll umgehen und gedeihlich zusammenarbeiten. Ob auch im Falle einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben eines Kollegen vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung eine vorherige Abmahnung erforderlich ist, hängt von den Gesamtumständen des Einzelfalles ab.
Allerdings konnte nicht festgestellt werden, ob die subjektiven Anforderungen des Straftatbestands der Bedrohung erfüllt sind. Eine strafrechtliche Bedrohung im Sinne von Paragraph 241 StGB setzt voraus, dass der Arbeitnehmer/Täter mit dem Willen handelt, dass der Kollege/Vorgesetzte die Drohung zur Kenntnis nimmt und als ernst gemeint auffasst. Ein nur unsachgemäßer Umgang mit einem Filetiermesser, durch welchen sich Kollegen oder Vorgesetzte bedroht fühlen, setzt vor Ausspruch einer Kündigung in aller Regel eine vorherige Abmahnung voraus.
Auch konnte sich die Beklagte nicht auf eine Verdachtskündigung stützen. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn starke, auf objektive Tatsachen gründende Verdachtsmomente vorliegen, die geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete, vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende Tatsachen gestützt sein. Hieran gemessen lag kein dringender Verdacht einer strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung vor, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt hätte, weil den Aussagen nicht entnommen werden konnte, dass der Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit das Messer durch eine bewusste Handlung an den Hals der Zeugin A. führte, die diese nach den objektiven Begebenheiten als ernsthafte Bedrohung ihrer körperlichen Unversehrtheit auffassen konnte (Quelle: LAG Schleswig-Holstein (5. Kammer), Urteil vom 13. Juli 2023 – 5 Sa 5/23).
Veröffentlicht am 9. Februar 2024