Chancen und Herausforderungen

Stadt neu denken

In Deutschland leben rund 61 Millionen Menschen in Städten, Tendenz steigend. Neben vielen Chancen stehen die Städte damit auch vor großen Herausforderungen. Diesem vielschichtigen Themenkomplex hat sich am 3. September eine Gesprächsrunde auf dem Roten Sofa der IHK zu Lübeck im Schloss Tremsbüttel angenommen.
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Moderiert vom schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten a. D. Björn Engholm machten die Diskutanten auf der IHK-Nord Veranstaltung deutlich, dass es vielfältige Herausforderung für Städte gibt, die sich nur gemeinschaftlich bewältigen lassen: Durch das Zusammenarbeiten verschiedener Interessensgruppen, durch das ehrenamtliche Engagement der Bürger oder auch durch neugedachte "Public-Private-Partnership"-Projekte. Vor dem Hintergrund der kommunalen Finanzsituation sei es den Städten mittelfristig ansonsten kaum möglich, ihre Aufgaben zu finanzieren, so Moderator Engholm.
Professor Frank Schwartze, Stadtplaner an der Fachhochschule Lübeck, betonte, dass sich die Wahrnehmung der Städte fundamental geändert habe, dass sie attraktive Standorte für Unternehmen seien und für diese die zentrale Infrastruktur böten: "Früher wurden Städte immer als Probleme angesehen, heute sind sie die Lösung, die immer funktionieren muss", sagte er. Die größte Herausforderung sieht Schwartze daher in der Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit der Städte: "Verwaltung, Politik und Bürger müssen die Aufgaben der Zukunft meistern. Dafür braucht es gutes Personal und die entsprechenden finanziellen Ressourcen." Im Hinblick auf die heutige starke Verschuldung vieler Kommunen seien hier neue Lösungswege erforderlich.
Für Architekt Thomas Schröder-Berkentien liegt angesichts des begrenzten Baulandes ein Lösungsansatz in der Nachverdichtung der Innenstädte. "Die Frage ist, wie wir Wohlfühlraum in den Städten schaffen können", sagte er. Das vorhandene Potenzial zur Nachverdichtung sei bisher aber noch nicht ausreichend untersucht worden. Jede Stadt müsse versuchen, eigene Merkmale, die sie von anderen Städten unterscheidet, auszumachen und diesen "Genius Loci" aktiv in der Stadtgestaltung hervorzuheben.
Für Dr. Matthias Rasch, Geschäftsführer der Grundstücks-Gesellschaft Trave mbH, ist die größte Herausforderung, vor der die Städte stehen, die demografische Entwicklung: "Da geht es zum einen um die Alterung der Bevölkerung, zu anderen aber vor allem um die Zuwanderung aus dem Ausland. Die Integration dieser langfristig in den Städten bleibenden Menschen und das Nutzen des Potenzials dieser Bevölkerungsgruppen ist eine wichtige Aufgabe vor allem für größere Städte", sagte er.
IHK-Präses Friederike C. Kühn betonte in ihrer Begrüßungsansprache die Eigenheiten Norddeutschlands: "Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, unseren Norden als lebens- und liebenswürdigen Standort mit vielen kleinen Städten zu erhalten", sagte Kühn.
Die Diskussion war seit 2010 die siebte Veranstaltung im Zuge der IHK-Reihe das "Rote Sofa" zum Thema "Unternehmen Ethos". Ministerpräsident a. D. Björn Engholm diskutiert hier in regelmäßigen Abständen wirtschaftspolitische Themen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft.
Veröffentlicht am 4. September 2014