Thomas Judisch: Augentäuschung mit blauen Bohnen

Bereits beim ersten Rundgang durch den Betrieb der Firma Gustav Tesnau GmbH & Co. KG in Eutin war Thomas Judisch der Container mit den alten Patronenhülsen ins Auge gefallen. Sofort war dem Künstler klar, dass er sein Werk aus dem Material herstellen will. "Das sind genau diese magischen Momente bei dem Projekt 'KunstBetriebe', die für beide Seiten, Künstler und Unternehmen, sehr bereichernd sind", sagt Bettina Thierig, Projektleiterin von "KunstBetriebe3". "Die Künstler lassen sich durch die Werkstoffe des Betriebes inspirieren".
Firma Gustav Tesnau ist bekannt als Fachgroßhandel für sanitäre Einrichtungen und Metalle aller Art, sammelt aber auch Altmetall – so auch die alten Patronenhülsen, die Judisch nun ins Visier genommen hat. Der aus Schleswig-Holstein stammende Künstler verwandelte dieses Material in eine raumgreifende Bodeninstallation. "Eine Ladung blauer Bohnen" betitelte er sein Kunstwerk. "Ein loser Teppich, der nicht begehbar ist, sondern mit den Augen erlebbar wird", erläutert Judisch. So erstrahlt die Farbe des Altmessings den Raum und die Patronenhülsen bekommen in der geordneten Ansammlung etwas Beruhigendes. Zugleich aber erweckt die große Menge der Patronenhülsen eine bedrohliche Assoziation. Nichts ist bei den Arbeiten des Künstlers Thomas Judisch, wie es scheint. Gekonnt spielt er auf der Klaviatur der Augentäuschungen, des "trompe-l’oeils".
"In unseren Metall- und Schrottcontainern finden sich nach Ende ihrer Lebensdauer viele Metallgegenstände des täglichen Lebens oder von Industriebetrieben, die später nach einem Recyclingprozess wieder eine neue Funktion erfüllen", sagt Jens Tesnau, Geschäftsführer der Tesnau GmbH. "Der Künstler Thomas Judisch zeigte uns durch seine Metallskulptur die Aktualität des Bibelzitats 'Schwerter zu Pflugscharen', um gleichzeitig an den Betrachter eine erinnernde Mahnung zu senden", so Tesnau. Persönlich sei er auch an das Schicksal seines Vaters erinnert worden, der acht lange Jahre in Krieg und Gefangenschaft verbracht hatte. "Der Krieg hinterließ tiefe Narben, aber es begann der Aufbau einer neuen Gesellschaft und einer jungen Demokratie", betonte der Geschäftsführer.
"Kunstbetriebe3 ist ein großartiges Projekt, in das sich außer unseren Auszubildenden in den Veranstaltungsberufen besonders auch unser Projekt Stage-LAB wunderbar integrieren lässt. Hier erhalten junge Menschen mit und ohne Behinderungen eine Ausbildung zu zertifizierten Produktionshelfern für Kulturveranstaltungen", sagt Michael Schmerschneider, Leiter der Kulturakademie der Vorwerker Diakonie. "Wir setzen uns vor allem für eine kulturelle Teilhabe ein, die sich milieuübergreifend den verschiedenen sozialen Lebensräumen zuwendet. Kunst und Kultur, die Barrieren in den Köpfen aufsperren, können der Schlüssel zu einer großen gesellschaftlichen Teilhabe sein. Wer das fördert, stärkt nachhaltig das Interesse am Gemeinwohl einer jeden Gesellschaft."
Das Projekt "KunstBetriebe"
Der Name ist Programm: Künstler erstellen Skulpturen mit den Werkstoffen von Betrieben. Diese besondere Projektidee von Bettina Thierig startete im Januar 2019 in die dritte Runde. Bis Ende des Jahres werden elf Künstler in elf Betrieben Skulpturen erarbeiten. Das Projekt endet in 2019 mit zwei Abschlussausstellungen. Der Clou bei "KunstBetriebe": Die Arbeiten entstehen während der normalen Öffnungs- beziehungsweise Arbeitszeiten und wecken demzufolge nicht nur Interesse bei den Kunden sondern nicht zuletzt auch bei der Belegschaft der elf teilnehmenden Unternehmen.
Ausstellungsdaten:
  • Eröffnung Schloss Eutin: Freitag 27. September 2019. Ausstellungsende: 17. November 2019.
  • Eröffnung Kunsthalle St. Annen, Lübeck: Freitag, 29. November 2019. Ausstellungsende: 12. Januar 2020.

Die unterstützenden Stiftungen:
  • Stiftung "Pro Economia" der IHK zu Lübeck
  • Possehl-Stiftung Lübeck
  • Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck
  • Margot und Jürgen Wessel Stiftung
  • Kulturstiftung des Landes Schleswig Holstein.

Die teilnehmenden Künstler/innen-Firmen Paare:
  • Georges Adéagbo bei der Sparkasse Holstein, Eutin
  • Janine Gerber bei Gollan Bau GmbH, Neustadt/Beusloe
  • Thomas Judisch bei Gustav Tesnau GmbH & Co. KG, Eutin
  • Thomas Kadziola bei HSP Holz und Projekte UG, Lübeck
  • Kit Kjaerbye bei den Stadtwerke Lübeck GmbH, Lübeck
  • Peter Land bei Wirtschaftsakademie Schleswig Holstein GmbH, Lübeck
  • Almut Linde bei Bockholt KG, Lübeck
  • Andreas Peiffer bei Femern A/S, Burg a.F.
  • Pia Stadtbäumer bei H. & J. Brüggen KG, Lübeck
  • Thomas Rentmeister bei Hass + Hatje GmbH, Bad Segeberg
  • Sebastian Schröder bei HAKO GmbH, Bad Oldesloe

Kontakt Vorwerker Diakonie
Michael Schmerschneider
Leitung der Kulturakademie
Vorwerker Diakonie, Triftstraße 139-143, 23554 Lübeck
Telefon: 0451 400250-521
Michael.Schmerschneider@vorwerker-diakonie.de
Veröffentlicht am 8. Mai 2019