Rotes Sofa zur KunstBetriebe-Finissage

Wahrnehmungsgrenzen durchbrechen

Rund 100 Gäste aus Wirtschaft, Kultur und Verwaltung waren der Einladung zur Diskussion und Finissage des Projektes "KunstBetriebe" gefolgt.Was ist das Geheimnis gelungener Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Kultur? Was zeichnet Grenzgänger zwischen Wirtschaft und Kultur aus? Diesen Fragen ging Björn Engholm, ehemaliger Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, in der Podiumsdiskussion "Rotes Sofa" in der St. Annen Kunsthalle in Lübeck nach.
Weiteres Video auf dem YouTube-Kanal der IHK zu Lübeck
Umfrage zum Roten Sofa "Wirtschaft und Kultur"
Engholm diskutierte mit Dr. Martin Lüdiger, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Holstein, Dieter Witasik, Geschäftsführer ews group und Vorstand Overbeck Gesellschaft in Lübeck, Tilo Strauss, Unternehmer und Kulturveranstalter, sowie dem Bildhauer Winni Schaak darüber, was einen Grenzgänger zwischen Wirtschaft und Kultur auszeichnet. Witasik vertrat die Auffassung, dass es häufig kein natürliches Verhältnis zwischen Wirtschaft und Kultur mehr gebe. Deshalb sei es an der Zeit, die beiden Partner wieder selbstverständlicher zusammenzubringen, so wie es die Geschichte schon früh gezeigt hat. Das beide vereinende Thema sei der Innovationsgedanke. Innovation sei ein wichtiges Thema für jede Region. "Wirtschaft, Kultur aber auch Wissenschaft müssen dabei zusammen wirken", so Witasik.
Dem stimmte Winni Schaak zu. Künstler seien in der Lage, ein Thema zu übersetzen und einer Idee ein Gesicht zu geben. Allerdings sei es hinderlich, die Künstler dabei
einzuengen. Dem pflichtete Engholm bei: "Die Zusammenarbeit muss auf Augenhöhe passieren, die Autonomie des Künstler muss gewährleistet sein." Aus der Sicht von Lüdiger steigere der kluge Unternehmer die Toleranz für Innovationsbereitschaft. Dabei könne die Wirtschaft von der Kultur lernen. "Fantasie-Kick durch die Kultur", fasste Engholm zusammen. Die Gruppe war sich einig, dass Künstler häufig eine bessere Wahrnehmungsfähigkeit haben und in ihrem Schaffen Wahrnehmungsgrenzen durchbrechen.
Tilo Strauss brachte die Wichtigkeit in dem Zusammenwirken zwischen Wirtschaft und Kultur auf dem Punkt: "Der Mensch steht nicht allein da." Die Wichtigkeit der betriebsinternen Auseinandersetzung mit Innovationsprozessen sei seiner Ansicht nach auch identitätsstiftend für die Mitarbeiter eines Unternehmens. Engholm fügte diesem Gedanken hinzu, dass es Unternehmer und damit auch eine Region "sexier macht", wenn sie sich für Innovationen und Neues öffneten. Besonders für potenzielle neue Arbeitskräfte sind dies wichtige Faktoren für die Entscheidung für einen Arbeitgeber oder eine Region.
Tilo Strauss betonte, dass es viele Unternehmen in der Region gebe, die offen für die Zusammenarbeit mit Künstlern seien. Wenn es um die Unterstützung von Kultur geht, sollten nach seiner Auffassung aber mehrere Kräfte in der Region zusammenwirken. Lüdiger hob in diesem Zusammenhang hervor, dass die Arbeit der Stiftungen einen großen Beitrag dazu leistet, Kunst und Kultur in der Region zu befördern. Stiftungen geben Unternehmen viele interessante Möglichkeiten, ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung in der Region nachzugehen. Die Sparkasse Holstein unterstützt mit ihrer Sparkassenstiftung bereits viele derartige gemeinnützige Projekte. Außer einer sichergestellten Finanzierung benötigt die Kunst auch einen organisatorischen Rahmen, um langfristig und nicht nur projektbezogen zu arbeiten. Schaack stellte heraus, dass es nicht immer große Projekte sein müssten, um Wirtschaft und Kultur zusammenzubringen. Bei der einzigartigen Gestaltung von Urkunden, Präsenten, Veranstaltungen könnten Künstler einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Unternehmensinhalte einzigartig zu transportieren, "wenn man sich auf Augenhöhe begegnet", so Schaak.
Die Künstlerin und Projektleiterin des Projektes "Kunstbetriebe", Bettina Thierig, betonte auf der Finissage, wie wichtig es für Wirtschaft und Kultur sei, Projekte wie "KunstBetriebe" weiterzuführen. Es gebe immer Höhen und Tiefen in der Zusammenarbeit. Das Geheimnis einer erfolgreichen Kooperation liege daher in einer guten Kommunikation. Friederike C. Kühn, Präses der IHK zu Lübeck ergänzte, dass "Kunst Brücken baut". In dem Projekt "KunstBetriebe" hat die Kunst neue Ideen und Perspektiven aufgezeigt: "Steine bekommen Gesichter, Waschbürsten bekommen eine Dimension. Kunst darf erfreuen und Spaß machen", so Kühn. "Auf der anderen Seite haben die beteiligten Unternehmen in diesem Projekt auch einen Weg beschritten, ohne zu wissen, was am Ende dabei herauskommt. Das ist Unternehmertum." Kühn: "Ausstellungen enden, aber veränderte Perspektiven bleiben!".
Das Projekt KunstBetriebe
Anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens präsentierte die Kunsthalle St. Annen das Projekt "KunstBetriebe" der Künstlerin Bettina Thierig und der IHK zu Lübeck: Zwölf Künstler aus der Region erschufen in zwölf regionalen Betrieben ebenso viele Skulpturen aus Materialien der Unternehmen. Die aus dieser besonderen Zusammenarbeit von Kunst und Wirtschaft entstandenen dreidimensionalen Objekte waren drei Monate land in der Kunsthalle St. Annen in Lübeck zu sehen.
Teilnehmende Betriebe sowie Künstlerinnen und Künstler waren: Alte Gutsgärtnerei Sierhagen - Anke Mellin, Birfood GmbH & Co. KG - Susanne Hampe, Emcken Metallbau GmbH - Tim Adam, GABLER Maschinenbau GmbH & Co. KG - Peter Turpin, Hass + Hatje GmbH - Norbert Jäger, H. & J. Brüggen KG - Michèle Ammonn, Joh. Wilh. von Eicken GmbH - Ann-Carolin Zielonka, Max Schön AG - Tim Maertens, Natursteinwerk Rechtglaub-Wolf - Bettina Thierig, Sparkasse Holstein - Atif Gülücü, Sparkasse zu Lübeck - Sylvia Stuhr und Stadtwerke Lübeck GmbH - Winni Schaak
Das "Rote Sofa"
Die IHK zu Lübeck hat 2010 die "Rote Sofa"-Reihe mit dem Moderator Björn Engholm gestartet. Engholm diskutiert in regelmäßigen Abständen mit verschiedenen Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft gesellschaftspolitische Themen.
Veröffentlicht am 4. Februar 2014