IHK-Talk mit Straubhaar & Probst

Schleswig-Holstein wird von der Digitalisierung profitieren

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Die Digitalisierung wird Wirtschaft und Gesellschaft in den kommenden Jahren deutlich verändern. Schleswig-Holstein könnte von dem Trend profitieren, denn beim Breitband- und Glasfaserausbau liegt das Land deutschlandweit vorn. Es ist bereits zu einem Viertel an das Glasfasernetz angeschlossen. In Bayern dagegen sind es zurzeit nur knapp fünf Prozent. "Die Digitalisierung ist die große Chance vor allem für den ländlichen Raum, den Anschluss an die Globalisierung zu halten. Schleswig-Holstein bietet gute Voraussetzungen dafür, der Ort, an dem jemand arbeitet, spielt schon bald keine große Rolle mehr", sagte Professor Dr. Thomas Straubhaar, ehemaliger Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), in der Veranstaltung "FOKUS Wirtschaft" der IHK zu Lübeck in Norderstedt.
Die IHK hatte die Stadt im Norden Hamburgs bewusst für den Start des neuen wirtschaftspolitischen Diskussionsformats ausgewählt. Norderstedt hat bereits zur Jahrtausendwende ein Glasfasernetz gebaut und versorgt heute viele Nachbarkommunen. Auch in Hamburg sind die Norderstedter sehr aktiv. Straubhaar, der gemeinsam mit IHK-Vicepräses Dr. Arno Probst moderierte, diskutierte mit drei Gästen: Staatssekretär Thomas Losse-Müller, Chef der Staatskanzlei des Landes Schleswig-Holstein, Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote und der Unternehmerin Derya Görgü aus Henstedt-Ulzburg. Mehr als 80 Vertreter aus Wirtschaft und Politik waren der Einladung ins Schulungszentrum der Johnson & Johnson Medical GmbH, European Surgical Institute (ESI), gefolgt.
Staatssekretär Losse-Müller zeigte sich davon überzeugt, dass das nördlichste Bundesland von der neuen Geografie profitieren wird, die das Breitband liefert. Schon jetzt würden viele Menschen in den Norden umziehen und ihren digitalen Arbeitsplatz mitbringen. Auch für Unternehmen werde dieser Vorteil zunehmend ausschlaggebend bei der Entscheidung für eine Ansiedlung oder Erweiterung an einem Standort. Diese Chance wolle das Land nutzen und bereite sich bereits jetzt auf den neuen Mobilfunkstandard 5G vor. "Eine weitere wichtige Aufgabe ist es, sich damit zu beschäftigen, wie der Arbeitsmarkt in 20 Jahren aussieht. Viele Jobs werden durch den digitalen Wandel wegfallen. Dafür werden neue entstehen, und zwar dort, wo eine zwischenmenschliche Ebene erforderlich ist, wie in der Pflege."
Dem schloss sich Oberbürgermeister Grote an. Viele Entwicklungen hingen vor allem von der Schnelligkeit der Unternehmen ab, sich an die Veränderungen anzupassen. Die Wirtschaft werde die Infrastruktur für ihre Produktion nutzen. Daher befürchte er, dass neue Unternehmen etablierte Betriebe aus dem Markt drängen könnten, die sich nicht rechtzeitig umstellen. "Wir müssen daher die Dinge neu denken, vielleicht auch einmal quer denken", sagte er und richtete sich vor allem an die Kommunen im Land.
Norderstedt sei ein starker Standort, das wäre aber nicht von allein gekommen. Die Lagegunst an der Grenze zur Metropole sei zwar sehr wichtig, viele Weichen habe aber die Stadt gestellt. "Jeder Ort in Schleswig-Holstein hat eine Lagegunst. Damit müssen sich die Menschen beschäftigen und sich mit Partnern zusammenschließen. Wir können nicht mehr jede Gemeinde als einzelnen Wirtschaftsraum begreifen, sondern müssen in größeren Räumen denken", so Grote. Der ländliche Raum könne von der Digitalisierung profitieren, indem er den Menschen attraktive Bedingungen für Leben und Arbeit biete.
In diesem Zusammenhang sei es von entscheidender Bedeutung die Menschen in das neue Zeitalter mitzunehmen, betonte Derya Görgü. Für die Produktion in ihrem Betrieb böte die Digitalisierung große Chancen, aber die Mitarbeiter müssten sie verstehen und nutzen können. "Darauf müssen wir sie vorbereiten, angefangen in der Ausbildung mit der Unterstützung der Berufsschulen." Auch über die Veränderungen in der Kommunikation mit den Kunden müsse sie sich Gedanken machen.
Das Talkmaster-Duo Straubhaar und Probst zeigte sich zufrieden mit der ersten Veranstaltung. "Schleswig-Holstein bietet der Wirtschaft gute Voraussetzungen für den Erfolg", so Straubhaar. Vieles werde sich verändern, aber gerade darin bestünden die großen Chancen. "Es kommt jetzt auf Unternehmer an, die die Dinge neu denken und auch mal anders anpacken. Dabei sollten sie nicht immer nur auf die Politik warten, sondern auch mal vorangehen."
Eine weitere Besonderheit des neuen Talk-Formats ist es, dass die Moderatoren und die IHK die Öffentlichkeitswirksamkeit der Veranstaltung nutzen, um ein Projekt zur Heranführung der Jugend an die Wirtschaft herauszustellen und finanziell zu fördern. Die Stiftung "ProEconomia" der IHK zu Lübeck schüttet Mittel für ein Projekt in der Region aus, das sich in besonderer Weise um die Kooperation von "Wirtschaft und Jugend" bemüht. Dieses Mal erhielt die Dietrich-Bonhoeffer-Schule, Gemeinschaftsschule in Bargteheide, die Förderung, da sie auf frühzeitige Berufsorientierung setzt.
IHK-Präses Friederike C. Kühn kündigte die Fortsetzung des Veranstaltungsformats im halbjährlichen Rhythmus an. Straubhaar & Probst werden am Donnerstag, 27. April 2017, in der Gollan Kulturwerft in Lübeck mit ihren Gästen über das Thema: Neue Arbeitswelten diskutieren.
Veröffentlicht am 17. Oktober 2016