IHK-Talk mit Straubhaar & Probst

Neugier, Vorbild und Teamwork: IHK will Attraktivität des MINT-Bereichs steigern

Wie lange kann Deutschland noch Innovationsweltmeister bleiben? Gelingt es nicht, ausreichend Nachwuchs für naturwissenschaftliche Disziplinen zu begeistern, könnte der Standort Schaden nehmen. In der Talkrunde "FOKUS Wirtschaft - Straubhaar & Probst mit Gästen" der IHK zu Lübeck zum Thema "Jugend forscht - Fachkräfte für unsere Region" waren sich die Teilnehmer einig, dass Elternhaus und Schule entscheidend zur Motivation der Schüler beiträgt, sich für die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technologie (MINT) zu interessieren. "Wenn die Kinder Vorbilder haben und ihre Neugier geweckt ist, werden die jungen Leute mit größerer Begeisterung an die Fächer herangehen", sagte Professor Dr. Thomas Straubhaar, der die Veranstaltung am Kopernikus Gymnasium Bargteheide gemeinsam mit IHK-Vicepräses Dr. Arno Probst moderierte.
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MINT-Fächer häufig nicht so attraktiv
Rund 80 Vertreter von Wirtschaft und Verwaltung sowie Schüler und Lehrer waren der Einladung gefolgt. Schleswig-Holsteins Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz, war einer der Gäste auf der Bühne. Er betonte, dass die MINT-Fächer häufig nicht so attraktiv wären. "Sie leiden darunter, dass sie schwer sind. Schüler können auch auf andere Weise ein besseres Abitur und berufliche Karriere machen", sagte Buchholz, der selbst einen Physik-Leistungskurs in der Oberstufe absolviert hatte. "Haben wir die richtige Gewichtung der Fächer zueinander? Die Wahl von MINT-Fächern soll kein Nachteil sein. Vielleicht gibt es ja Möglichkeiten, Schüler entsprechend zu fördern. Und ihre Lehrer, die Schüler zum Beispiel bei Wettbewerben wie 'Jugend forscht' betreuen", ergänzte der Minister.
Das Fragenstellen lernen
Dr. Philipp Murmann, Unternehmer und Präsident des Forschungsforums Schleswig-Holstein e.V., betonte, es wäre wichtig, die Neugier bei den Kindern zu wecken. "Das macht die Idee von 'Jugend forscht' aus: Die Schüler sollen lernen, Fragen zu stellen und zu versuchen, Antworten zu geben." Auf diese Entwicklung könnten Politik und Elternhaus Einfluss nehmen. Auf die Frage von Moderator Probst, was die Wirtschaft tun könne, um den Forscherdrang zu fördern und junge Leute für MINT-Berufe zu begeistern, antwortete Murmann, dass die Unternehmen an die Schulen gehen sollten. Mitarbeiter oder Auszubildende sollten über ihre Jobs und die Möglichkeiten im Betrieb informieren. Zudem sollten Unternehmen mit eigener Forschungsabteilung Schüler einladen, damit sie praktische Erfahrungen sammeln könnten. 
Zum ersten Mal im Fishbowl-Format
Zum ersten Mal hatten die Moderatoren das Fishbowl-Format gewählt, um Teilnehmern aus dem Publikum die Möglichkeit zu geben, mitzudiskutieren. Als erste setze sich Brigitte Menell, Direktorin des Kopernikus Gymnasiums, auf den freien Platz. Auch sie sieht einen Veränderungsbedarf: "Manchmal gibt es schlechte Note in naturwissenschaftlichen Fächern, die dazu führen, dass Schüler zu früh aufgeben. Wir müssen alles tun, Schüler nicht zu frustrieren, sondern sie zu motivieren." Buchholz ergänzte, dazu könnten vor allem gute Schulbücher beitragen. Diese seien jedoch häufig kaum verständlich und würden daher zusätzlich davor abschrecken, sich mit den Naturwissenschaften zu beschäftigen.
Thomas Czieslik unterrichtet naturwissenschaftliche Fächer am Kopernikus Gymnasium. Über den Unterricht hinaus engagiert er sich für Schüler, die an Wettbewerben teilnehmen und ist damit ein Vorbild. Er wünscht sich ein größeres Engagement der Wirtschaft an den Schulen. "Wir müssen uns enger vernetzen", sagte er. Die Bargteheider Schule sei gut ausgestattet und biete Möglichkeiten zum digitalen Arbeiten. "Unsere Schüler sollten aber nicht nur googeln, sondern Fragen selbst beantworten. Das Lernen als Handwerk müssen wir weiter fördern", so Czieslik, der damit eine Antwort auf die Frage von Thomas Straubhaar gab, wie wir es schaffen, cleverer als die künstliche Intelligenz zu bleiben.
Eine Schülerin nutzte ebenfalls die Gelegenheit, die das Fishbowl-Format ihr bot. Die Zwölftklässlerin Lisa ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich Mädchen für den MINT-Bereich motivieren lassen können. Das Elternhaus sei Vorbild gewesen und habe sie auf dem Weg gefördert, sagte die Schülerin, die sich für das naturwissenschaftliche Profil in der Oberstufe entschieden hat und möglicherweise Physik studieren will. Damit ist Lisa eine Ausnahme, denn Mädchen sind viel seltener an MINT-Fächern interessiert. Ein wichtiger Ansatz, Schülerinnen zu begeistern, sei die Arbeit im Team. Möglichkeiten bieten die MINT-Fächer sowie Wettbewerber wie 'Jugend forscht' genug, stellte die Runde der Diskussionsteilnehmer fest.
Regionalwettbewerb "Jugend forscht"
Die Team-Arbeit hat einer Gruppe von drei Schülern des Gymnasiums den Sieg im Regionalwettbewerb von "Jugend forscht" eingebracht. "Jeder von uns hatte seine Qualitäten, gemeinsam sind wir soweit gekommen", sagte Philipp. Sein Team hat ein Gerät entwickelt, mit dem sich Strom aus einer Kombination von Windkraft und Solarenergie gewinnen lässt. "Dafür haben wir einen Sonderpreis für Unternehmertum erhalten", so Philipp. "Die Schule darf nicht darunter leiden, daher wollen wir nach dem Abitur ein Unternehmen gründen." Allen Schülerinnen und Schülern, die sich für den MINT-Bereich interessieren, empfahl er: "Macht es, sammelt die Erfahrung, lasst Euch nicht abschrecken." Straubhaar betonte, dass die Unternehmen junge Leute wie Lisa, Philipp und ihre Teams frühzeitig an sich binden sollten.
IHK-Präses Friederike C. Kühn war zufrieden. "Wie wichtig das Thema ist und welche Erwartungen daran geknüpft sind, hat das Fishbowl-Format eindrucksvoll belegt. Von der Beteiligung und den Impulsen waren wir begeistert", sagte sie. Jetzt gelte es, das Thema voranzutreiben, damit sich viele Schüler mit tollen Projekten am Bundeswettbewerb "Jugend forscht" 2022 in Lübeck beteiligen können.
Veröffentlicht am 24. Oktober 2018