Außenwirtschaft aktuell

Zoll- und Exportkontrollinformationen März 2023

Brexit: Das neue Windsor Framework

Das Nordirland Protokoll wurde als Teil des Austrittsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich (VK) im Jahr 2020 eingeführt, um eine Zollgrenze zwischen Nordirland und der Republik Irland zu vermeiden. Allerdings hat das Nordirland-Protokoll zu einigen Problemen geführt, die nicht nur den Warenhandel betreffen. Doch jetzt gibt es einen Plan, der Abhilfe schaffen soll. Das sogenannte Windsor Framework ändert und ergänzt das bestehende Protokoll. Die EU und das Vereinigte Königreich haben sich auf neue Regelungen für den Warenverkehr zwischen Nordirland und Großbritannien geeinigt. Insbesondere wird der Handel mit Lebensmitteln einfacher.

Präferenzen: Aktualisierung Matrix 

Die EU-Kommission hat am 10. Februar 2023 im EU-Amtsblatt C 51 eine neue Mitteilung 2023/C 51/01 zur Anwendung der Übergangsregeln (Transitional Rules) für den Ursprung betreffend die diagonale Kumulierung zwischen den anwendenden Vertragsparteien in der Pan-Europa-Mittelmeer-Zone (PEM) veröffentlicht.
 
Die Tabelle 1 der oben genannte Mitteilung stellt eine vereinfachte Übersicht (Matrix) über die Möglichkeiten der diagonalen Kumulierung mit den neuen Transitional Rules in der Pan-Europa-Mittelmeer-Zone dar. Damit eine diagonale Kumulierung mit einem dritten Partner zulässig ist, müssen alle Felder der Tabelle zwischen den drei Partnern mit einem „X“ markiert sein. Die Tabelle 2 enthält das Datum der Anwendbarkeit der diagonalen Kumulierung auf Basis der neuen Regeln. Neu hinzugekommen sind die Kumulierungsmöglichkeiten zwischen diversen Staaten des Balkans und Moldawien zum 1. Februar 2023.

Zoll: ATLAS-Ausfuhranmeldung/Ursprungsland

In der ATLAS-Teilnehmerinformation 0426/23 teilt die Generalzolldirektion Folgendes mit: Mit der Umstellung auf AES 3.0 ist in Deutschland das Datenelement „Ursprungsland“ D.E. Nr. 16 08 000 000 nach Anhang B UZK-DA, neben der Angabe der Versendungsregion, anzumelden. Sofern das Ursprungsland ein anderes Land als Deutschland ist, ist als Versendungsregion der Code „99“ für „Ausland“ einzutragen. Ist das Ursprungsland bei Abgabe der Ausfuhranmeldung nicht bekannt, kann das vermutete Ursprungsland oder hilfsweise das Herkunfts-/Versendungsland angegeben werden. Das „Merkblatt zu Zollanmeldungen, summarischen Anmeldungen und Wiederausfuhrmitteilungen“ wird hierzu bei nächster Gelegenheit angepasst.

Zoll: Single Window/Gesundheitsdokumente

Seit dem 1. März 2023 reicht eine Codierung von Gemeinsamen Gesundheitseingangsdokumenten (GGED) über ATLAS in der Zollanmeldung aus (automatischer Download) siehe ATLAS-Info 0404/2023, ATLAS-Info 0412/2023 und ATLAS-Info 0428/2023). Die Dokumente selbst müssen Unternehmen somit nicht länger an die Zollbehörde zur Einfuhr-/Versandabfertigung der Ware übermitteln. Für diese Umstellung gilt eine Übergangsfrist bis zum 3. März 2025. Möglich wird dies durch die Umsetzung der EU-Single-Window-Verordnung. Die Verordnung (EU) 2022/2399 vom 23. November 2022 wurde am 9. Dezember 2022 im EU-Amtsblatt L 317 veröffentlicht (LINK) und ist am 12. Dezember 2022 in Kraft getreten. Die Single-Window-Verordnung als solche wurde in Form eines neuen Buchstaben „e)“ in Artikel 5 Nummer 2 in den Unionszollkodex (UZK) aufgenommen.

EU-Single-Window

Statt Dokumente, die durch dritte Fachbehörden (so genannte „Nicht-Zollbehörden“) ausgestellt wurden, zum Zwecke der Zollabfertigung an die Zollbehörden gesondert zu übermitteln, reicht künftig eine einfache Codierung dieser Dokumente direkt in der Zollanmeldung aus. Die Prüfung der codierten Dokumente erfolgt dann im Hintergrund durch eine Abfrage des Zolls bei der zuständigen Fachbehörde der EU oder der eines (oder mehreren) anderen Mitgliedstaates. Diese Abfrage zwischen den staatlichen Behörden (Government to Government, G2G) erfolgt über einen neuen zentralen EU-Datenknotenpunkt CERTEX.
  • Ablauf bisher: Antrag + Ausstellung der Genehmigung (Dokument) durch Fachbehörde, anschließend Vorlage der Genehmigung (Dokument) bei Zollbehörde zwecks Abfertigung/Abschreibung
  • Ablauf neu (EU-Single-Window): Antrag + Ausstellung der Genehmigung (Dokument) durch Fachbehörde, anschließend Codierung der Genehmigung in ATLAS zwecks automatischem Abgleich mittels CERTEX und Abfertigung/Abschreibung durch Zollbehörde

Dokumentenarten

Teil A des Anhangs der o.g. VO sieht einen verpflichtenden Teil von durch dritte Fachbehörden ausgestellten Dokumentenarten vor, die über das EU-Single-Window mittels CERTEX elektronisch prozessiert werden sollen. Teil B sieht einen freiwilligen Teil vor. Die in Teil A genannten Dokumentenarten umfassen u.a. Gesundheitsdokumente (Tiere, Pflanzen, Futter,- Lebensmittel), Umweltdokumente (z.B. Treibhausgase) und Dokumente über Kulturgüter. Die in Teil B genannten Dokumentenarten umfassen den Forstsektor, Dual-Use-Güter, Artenschutz, sowie Dokumente zwecks Marktüberwachung. 

Frist

Die Frist zur Implementierung, sprich zur Anbindung der nationalen IT-Systeme an die IT-Systeme der EU (TRACES, CITES usw.) mittels CERTEX endet am 3. März 2025, sowohl für den verpflichtenden Teil als auch für den freiwilligen Teil der Dokumentenarten/IT-Systeme. Weiterführende Informationen zum EU-Single-Window / CERTEX finden Sie hier auf der Website von DG Taxud.
Näherer Informationen zur korrekten Unterlagencodierung von Gesundheitsdokumenten in ATLAS EINFUHR und ATLAS VERSAND seit dem 1. März 2023 finden Sie in der o.g. (automatischer Download) ATLAS-Info 0412/2023.

Zoll: (Mehrweg-)Verpackungen

Ab dem 15. März 2023 können leere (Mehrweg-)Verpackungen einfacher zur Zollabfertigung angemeldet werden. Dann tritt die Verordnung (EU) Nr. 2023/398 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 (UZK-DA) in Kraft (siehe EU-Amtsblatt L 54 vom 22. Februar 2023).
Mit der Änderung ist es möglich, leere (Mehrweg-)Verpackungen mündlich oder im Zuge einer so genannten konkludenten Zollanmeldung zur vorübergehenden Verwendung in der EU abfertigen zu lassen. Konkludent bedeutet: Die Verpackungen gelten mit ihrem Eintreffen am zuständigen Zollamt als angemeldet und automatisch überlassen. Wichtig hierbei: Die leeren Verpackungen werden nicht als eigenständige Handelsware final in die EU eingeführt (zollrechtlich freier Verkehr). Stattdessen werden die Verpackungen lediglich temporär zur vorübergehenden Verwendung angemeldet, um in der EU befüllt bzw. bestückt und anschließend wieder ausgeführt zu werden. Bislang galt diese Verfahrensvereinfachung nur umgekehrt, also für gefüllte Behältnisse, die in der EU geleert und danach wieder ausgeführt wurden. Die Beschaffenheit solcher Behältnisse bzw. Umschließungen geht weit über einfache Container hinaus und umfasst z.B. Flaschen, Fässer, (faltbare) Mehrwegkisten, Transportboxen und Transportgestelle für Auto- oder Maschinenteile aller Art. Anwendungsfälle sind hier bspw. die Getränke- und Nahrungsmittelindustrie, die Abfallwirtschaft, die Chemieindustrie, pharmazeutische Produkte, Medizin (Z.B. Transportboxen bei Organspenden), die Elektroindustrie, der Maschinenbau oder auch die Automobilindustrie. Im Grunde fallen sämtliche Transport- und Aufbewahrungssysteme darunter, die mehrfach verwendet werden. Bedingung ist stets, dass die Umschließungen eine unauslöschliche Kennzeichnung des betreffenden, innerhalb oder außerhalb der EU ansässigen Unternehmens zur Identifizierung gegenüber dem Zoll tragen.
Als Anlage finden Sie eine unverbindliche Gegenüberstellung der Änderungen der betreffenden Artikel 136, 138, 139 und 148 UZK-DA. Änderungen Del VO 2023/398 zum UZK-DA

Lobbyerfolg

Mit dieser Vereinfachung einer konkludenten Zollanmeldung für Mehrwegverpackungen, die im Zuge der vorübergehenden Verwendung leer in die EU eingeführt und anschließend befüllt wieder ausgeführt werden, kommt die EU in weiten Teilen einer langjährigen Forderung der IHK-Organisation nach. In unserem „DIHK-Ideenpapier für Vereinfachungen im EU-Zollrecht“ haben wir seit langem eine solche Möglichkeit gefordert. Dadurch wird der Grenzübertritt von leeren Mehrwegverpackungen signifikant vereinfacht. Die Verwendung von Mehrwegverpackungen gegenüber Einwegverpackungen wird gestärkt und dadurch die Umwelt geschont (Stichwort Green Deal) bei. Gleichzeitig bewirkt diese Maßnahme einen Bürokratieabbau bei Unternehmen und Zollverwaltung aufgrund der reduzierten Zollformalitäten. Sie haben Ideen zur Ergänzung des Ideenpapiers?
Unserer Außenwirtschaftsreferent Thorben Schulte (thorben.schulte@luebeck.ihk.de, Tel. 0451 6006-245) freut sich auf Ihre Hinweise. 

Zoll: Mitteilung Zollschuld

Mit der ATLAS-Info 0410/23 wurde u.a. mitgeteilt, dass ab dem ATLAS-Release 10.1 das Beantragen der unverzüglichen Mitteilung der Zollschuld nach Artikel 244 UZK-IA über die Unterlagencodierung „9DFB“ erfolgt. Per ATLAS-Info 0434/23 wird nun ergänzend mitgeteilt, dass die Eintragung der Unterlage nur auf Vorgangs- bzw. Kopfebene einer Einzelzollanmeldung zu dem gewünschten Systemverhalten führt. Eine Anmeldung der Unterlage „9DFB“ auf Positionsebene führt zu keinem Systemverhalten, sodass zu entrichtende Sicherheiten weiterhin nicht unverzüglich als Zollschuld mitgeteilt werden.

Exportkontrolle: Aktualisierung Anhänge EU-Dual-Use-VO

Mit der Delegierten Verordnung vom 23. Februar 2023 hat die EU-Kommission die Aktualisierung des Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 2021/821 (EU-Dual-Use-VO) auf den Weg gebracht. Voraussichtlich tritt diese Delegierte Verordnung Ende April 2023 in Kraft. Die Vorab-Fassungen sind im Register der Kommissionsdokumente verlinkt.
Den Entwurf zum unverbindlichen Überblick zu den Änderungen im kommenden Anhang I finden Sie hier.

Exportabwicklung Algerien: Barcodes

Das algerische Ministerium für Handel und Exportförderung hat bekannt gegeben, dass die Anbringung von Barcodes auf verpackten Waren für den menschlichen Gebrauch seit dem 29. März 2023 verpflichtend ist. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der gtai.

Exportabwicklung China: Lithium-Ionen-Akkus

Lithium–Ionen-Zellen und Akku-Packs unterliegen ab dem 1. August 2024 der CCC-Zertifizierungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt  dürfen diese nur noch mit gültiger CCC-Zertifizierung in Verkehr gebracht oder importiert werden. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der gtai.

Russland: Sanktionen weltweit

Die gtai hat eine Übersicht über die Sanktionsmaßnahmen weiterer Länder veröffentlicht. Eine Übersicht über die Sanktionsmaßnahmen der EU erhalten Sie unter: BAFA - Embargos – Länder

Handelsabkommen: EU/Thailand

EU und Thailand nehmen Handelsgespräche wieder auf: Am 15. März 2023 haben die EU und Thailand die Gespräche zu einem Handelsabkommen wieder aufgenommen. Die bereits 2013 gestarteten Verhandlungen waren seit 2014 ausgesetzt. Ziel des Freihandelsabkommens ist es, den beiderseitigen Handel und Investitionen zu fördern. Im Fokus stehen dabei der Marktzugang für Waren, Dienstleistungen, Investitionen und öffentliches Beschaffungswesen, der Schutz der Rechte des geistigen Eigentums, durchsetzbare Regelungen für Handel und nachhaltige Entwicklung, sowie die Beseitigung von Hindernissen für den digitalen Handel und den Handel mit Energie und Rohstoffen. Weitere Informationen finden Sie hier: EU and Thailand relaunch trade negotiations (europa.eu)

FIU: Drittländer mit hohem Risiko

Gemäß § 15 Abs. 1 und 2 Geldwäschegesetz (GwG) hat der Verpflichtete zusätzlich zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten verstärkte Sorgfaltspflichten zu erfüllen, wenn ein höheres Risiko vorliegt. Ein höheres Risiko liegt gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 GwG insbesondere dann vor, wenn es sich bei einem Vertragspartner des Verpflichteten oder bei einem wirtschaftlich Berechtigten um eine natürliche oder juristische Person handelt, die in einem von der Europäischen Kommission nach Art. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 ermittelten Drittland mit hohem Risiko niedergelassen ist. Eine Übersicht über Drittländer mit hohem Risiko finden Sie unter: Zoll online - Drittländer mit hohem Risiko

Critical Raw Materials Act

EU-Kommission legt "Critical Raw Materials Act" vor - Ziel: Versorgungssicherheit der EU bei Rohstoffen erhöhen. Der am 16. März vorgestellte Gesetzesvorschlag der EU-Kommission über kritische Rohstoffe "Critical Raw Materials Act" zielt darauf ab, alle Stufen der europäischen Wertschöpfungsketten für kritische Rohstoffe zu stärken. Um die Versorgungssicherheit der EU bei kritischen Rohstoffen zu erhöhen, sollen Abbauprojekte für Rohstoffe in der EU erleichtert, Rohstoffpartnerschaften mit Nicht-EU-Ländern geschlossen und die Einfuhren der EU diversifiziert werden. Weitere Informationen unter: EU-Kommission legt "Critical Raw Materials Act" vor (dihk.de)

Net-Zero Industry Act

Ausbau von Produktionskapazitäten für Net-Zero Industrien soll gefördert werden: Am 16. März hat die EU-Kommission mit ihrem "Net-Zero Industry Act" eine Verordnung vorgelegt, um Produktionskapazitäten von sauberen Technologien in der EU zur Erreichung der Klimaneutralität ("Netto-Null-Technologien") auszubauen. Weitere Informationen: EU-Kommission legt "Net-Zero Industry Act" vor (dihk.de)