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Lastmanagement für KMU - betrieblich und überbetrieblich

Wenn ein Unternehmen mit seinem Stromversorger einen Leistungspreis vereinbart hat, lohnt es sich, die kostenintensiven betrieblichen Lastspitzen zu vermeiden – Lastganganalyse, Lastspitzenvermeidung und Verbraucheranpassung lauten die Stichwörter. Stärkere Bedeutung erhält das Demand-Side-Management (überbetriebliches Lastenmanagement).

Hintergrund

Im Zuge der Energiewende entstehen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) neue Möglichkeiten, Erlöse am Strommarkt zu generieren. Weil durch den Ausbau von erneuerbaren Energien die Energieeinspeisung ins Verteilnetz schwankt, ergibt sich ein lokaler Flexibilisierungsbedarf, um regionale Stromüberschüsse oder Versorgungsengpässe auszugleichen. KMU können mit den entstehenden Flexibilisierungsoptionen nicht nur zur Energiewende beitragen, indem sie die Stabilisierung der Stromversorgung unterstützen, sondern auch wirtschaftlich profitieren und neue Geschäftsfelder erschließen.

Betriebliches Lastmanagement

Spitzen beim eigenen Stromverbrauch zu finden ist der erste Schritt zum betriebsübergreifenden Demand-Side-Management.
Hierzu dient das Lastmanagement, welches durch eine intelligente automatisierte Steuerung von Energieverbrauch und -Erzeugung einzelner Anlagen gezielt betriebliche Lastspitzen verringern und überbetriebliche Schwankungen im Stromnetz ausgleichen kann. Durch die automatisierte Flexibilisierung bzw. automatisierte flexible Steuerung von Lasten kann das Netz bei Bedarf durch Zuschalten oder Verringern bzw. Verschieben von Lasten stabilisiert werden und Preisschwankungen am Strommarkt genutzt werden. Die Reduzierung der kostenintensiven betrieblichen Lastspitzen durch eine Lastganganalyse, Lastspitzenvermeidung und Verbraucheranpassung zur Reduzierung des Leistungspreises lohnt sich wirtschaftlich ab etwa 500 bis 1.000kW. Bei einem Leistungspreis von beispielsweise 70 Euro/kW kann durch eine Absenkung der jährlichen Spitzenlast um beispielsweise 50kW eine Einsparung von 3.500 Euro erzielt werden. Bei Annahme von typischen Investitionskosten für eine Mess- und Regelungstechnik von ca. 10.000 Euro ergibt sich eine Amortisationszeit von unter drei Jahren.

Demand-Side-Management (überbetriebliches Lastmanagement)

Die Mess- und Regelungseinrichtungen des betrieblichen Lastmanagements können meist durch Erweiterung auch für ein überbetriebliches Lastmanagement verwendet werden. Laut einer Umfrage des Fraunhofer ISI betreiben circa 50 Prozent aller befragten Unternehmen im süddeutschen Raum betriebliches Lastmanagement. Die Möglichkeit, am Strommarkt zu partizipieren und durch ein überbetriebliches Lastmanagement, auch als Demand-Side-Management bezeichnet, Gewinne zu erwirtschaften, nutzen laut der Umfrage nur von 4 Prozent der befragten Unternehmen, obwohl das Thema in anderen Ländern wie den USA oder Frankreich bereits seit längerer Zeit aktuell ist.
Dabei können KMU Ihre flexibel schaltbaren Lasten am Regelenergiemarkt als Sekundärregelleistungen oder Minutenreserven anbieten. Zudem ermöglicht die Abschaltverordnung (AbLaV) Unternehmen, durch die gezielte, ferngesteuerte Leistungsschaltung ihrer Verbrauchsprozesse das Stromnetz zu entlasten. Diese beiden Leistungen werden von Stromnetzbetreibern benötigt um das Stromnetz ins Gleichgewicht zu bringen, wenn Angebot und Nachfrage unvorhergesehene Schwankungen aufweisen.

Flexibilitätsoptionen am Regelmarkt

Durch eine Präqualifikation der betrieblichen Voraussetzungen können die flexibel schaltbaren Lasten und Stromerzeugungsanlagen wie KWK-Anlagen allein oder durch externe Dienstleister in Form von “Pooling“ vermarktet werden. Die durchschnittlichen Erlöse für den Arbeitspreis liegen hier regional unterschiedlich bei maximal 500 Euro/MWh. Durch eine monatliche Ausschreibung können die Stromnetzbetreiber die flexibel schaltbaren Lasten für einen Leistungspreis von circa 2.500 Euro/MW und einen Arbeitspreis von 100 bis 400 Euro/MWh von den Vermarktungsdienstleistern beschaffen. Im Gegensatz zur Strombörse, wo die Stromlieferungen zur Deckung der Nachfrage gehandelt werden, wird am Regelenergiemarkt mit Verpflichtungen zur Bereitstellung von Strom bei Bedarfsfällen gehandelt. Um diese Verpflichtungen eingehen zu können, werden Prozesse benötigt, die über Wärme- oder Kältepuffer verfügen und somit bei kurzfristiger Abschaltung oder zeitlicher Verschiebung keine Qualitätseinbußen oder Energieverluste zu verzeichnen haben.

Motivation zur Implementierung eines Lastmanagements

Neben der Kostenersparnis durch Glättung der betrieblichen Lastspitzen sollten vor allem der Ausbau von erneuerbaren Energien und die sich daraus entwickelnden Veränderungen des Stromnetzes im Fokus stehen. Das Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2050 den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch auf 80 Prozent zu erhöhen. Aufgrund der dadurch entstehenden Unregelmäßigkeiten im Stromfluss wird der Bedarf an Flexibilitätsoptionen stets weiter wachsen und zu einem interessanten nachhaltigen Geschäftsmodell für KMU werden.

Implementierung eines überbetrieblichen Lastmanagements

Wenn bisher kein Lastmanagement am Standort vorhanden ist, sollte bei Implementierung eines Systems auf die Nutzbarkeit sowohl für betriebliches als auch für überbetriebliches Lastmanagement geachtet werden. Als Grundlage für das Lastmanagement sollte ein Energiemanagementsystem vorhanden sein, das die Hauptverbraucher im Unternehmen identifiziert, Energieeffizienzmaßnahmen plant und diese den wirtschaftlichen Vermarktungsmöglichkeiten von Flexibilitätsoptionen gegenübergestellt. Soweit ein betriebliches Lastmanagementsystem vorhanden ist, sollte bei Interesse für Demand-Side-Management dann ein Aggregator, Dienstleister für die Bündelung und Vermarktung verschiebbarer Lasten, kontaktiert werden, der Erfahrung bei der Vermarktung von betrieblichen Lasten für Sekundärregelleistungen und Minutenreserven vorzuweisen hat.