Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg

Anspruch auf Bildungszeit

Seit 1. Juli 2015 haben auch in Baden-Württemberg Arbeitnehmer einen Anspruch auf Bildungszeit gegenüber ihrem Arbeitgeber. In dieser Zeit sind sie von der Arbeit freizustellen und erhalten weiterhin ihre Vergütung. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet die Kosten der Fortbildung zu tragen. Bildungsmaßnahmen, für die Bildungszeit in Anspruch genommen werden kann, müssen durchschnittlich einen Unterrichtsumfang von mindestens sechs Zeitstunden pro Tag umfassen. Bei mehrtägigen Maßnahmen sind auch Lernformen zulässig, die keine Präsenzveranstaltungen sind, wobei die Präsenzzeit überwiegen muss.

Gesetzliche Regelung

Die Bildungszeit ist im Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg geregelt. Es ist am 1. Juli 2015 in Kraft getreten. Die Bildungszeit kann für die berufliche oder politische Weiterbildung sowie für die Qualifizierung zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten beansprucht werden.
Wer hat Anspruch auf Bildungszeit?
Anspruchsberechtigt sind Beschäftigte im Sinne des Bildungszeitgesetzes. Dies sind
  • Arbeitnehmer
  • Heimarbeiter und gleichgestellte  Personen
  • Andere Personen, die wegen ihrer Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind sowie Menschen mit Behinderungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen
  • Auszubildende und Studierende der Dualen Hochschule Baden-Württemberg
  • Beamte im Sinne von § 1 Landesbeamtengesetz
  • Richter des Landes Baden-Württemberg.
Entscheidend für die Anwendbarkeit des Bildungszeitgesetzes ist nicht der Wohnsitz des Beschäftigten, sondern dass der Arbeitsort innerhalb Baden-Württembergs liegt. Vor dem Erwerb des Anspruchs steht eine Wartezeit. Der Anspruch auf Bildungszeit wird erstmals nach zwölfmonatigem Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses erworben. Bei unmittelbar an ein Beschäftigungsverhältnis, eine Ausbildung oder an ein Studium an der Dualen Hochschule anschließende Beschäftigungsverhältnisse wird das erste Beschäftigungsverhältnis auf diese Wartezeit angerechnet. Die Bildungsmaßnahmen dürfen nur in anerkannten Bildungseinrichtungen durchgeführt werden und dürfen keine verfassungswidrigen Inhalte haben.
Bei Streitfällen und Unklarheiten bezüglich der grundsätzlichen Bildungszeitfähigkeit einer beantragten Bildungsmaßnahme kann sowohl von der antragstellenden Arbeitnehmerin oder dem antragstellenden Arbeitnehmer als auch von der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber eine Schiedsstelle angerufen werden.

Wie viele Tage Bildungszeit stehen den Beschäftigten zu?

Der Anspruch nach dem Bildungszeitgesetz beträgt bis zu fünf Tage innerhalb eines Kalenderjahres. Bei Teilzeitkräften, die weniger als fünf Tage in der Woche arbeiten, verringert sich der Anspruch entsprechend. Sonderregelungen gibt es auch für Auszubildende, Studierende an der Dualen Hochschule sowie Beschäftigte an Schulen und Hochschulen.
Der Anspruch kann nicht auf das nächste Kalenderjahr übertragen werden. Erkrankt ein Beschäftigter während der Bildungszeit wird dies bei Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nicht auf die Bildungszeit angerechnet. Freistellungen für Weiterbildungen im Sinne des Bildungszeitgesetzes, die aufgrund anderer Regelungen, wie Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, Einzelverträgen, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, erfolgen, werden auf die Bildungszeit angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt jedoch nicht, wenn die Weiterbildung der Einarbeitung auf bestimmte betriebliche Arbeitsplätze oder überwiegend betriebsinternen Erfordernissen dient.
Besonderheiten für Auszubildende und Studierende der Dualen Hochschule
Für Auszubildende und Studierende der Dualen Hochschule beträgt der Anspruch fünf Arbeitstage für die gesamte Ausbildungs- bzw. Studienzeit und ist beschränkt auf den Bereich der politischen Weiterbildung und der Qualifizierung für ehrenamtliche Tätigkeit.

Wie wird Bildungszeit in Anspruch genommen?

Der Beschäftigte muss den Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber so früh wie möglich, spätestens neun Wochen vor Beginn der Bildungsmaßnahme schriftlich oder elektronisch geltend machen. Der Arbeitgeber kann den Anspruch nur ablehnen, wenn dringende betriebliche Belange oder bereits genehmigte Urlaubsanträge anderer Beschäftigter entgegenstehen. Um Arbeitgeber vor Überforderung zu schützen, gilt als dringender betrieblicher Belang auch, wenn im Betrieb am 1. Januar weniger als zehn Personen (Vollzeitäquivalente; ohne Berücksichtigung der Auszubildenden) beschäftigt sind oder wenn 10 % der den Beschäftigten zustehenden Bildungszeit bereits genommen oder bewilligt wurde. Wichtig für Arbeitgeber ist, dass sie sich unverzüglich, jedoch spätestens vier Wochen vor Beginn der Bildungsveranstaltung schriftlich oder elektronisch gegenüber dem Beschäftigten zu seinem Antrag äußern müssen. Bei einer Ablehnung müssen in diesem Schreiben auch die Gründe dargelegt werden. Dies gilt nicht für Kleinbetriebe unter zehn Beschäftigten. Wird diese Frist versäumt, gilt die Bewilligung als erteilt. In dringenden Fällen kann der Arbeitgeber eine bereits erteilte Zustimmung zurücknehmen, wenn nicht vorhersehbare Gründe später eingetreten sind. Allerdings muss der Arbeitgeber in diesen Fällen die unvermeidbaren Kosten, einschließlich der Stornierungskosten, tragen. Die ordnungsgemäße Teilnahme muss der Beschäftigte gegenüber dem Arbeitgeber spätestens acht Wochen nach Beendigung der Maßnahme durch Vorlage einer Bescheinigung nachweisen. Arbeitnehmer dürfen nicht wegen der Inanspruchnahme der Bildungszeit benachteiligt werden.

Die Erstellung und Veröffentlichung von Merkblättern ist ein Service der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg für ihre Mitgliedsunternehmen. Dabei handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung der rechtlichen Grundlagen, die nur erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.