Bessere Kreisläufe als Ziel

Änderungen des Kreislauf-wirtschaftsgesetzes in Kraft

Am 28.10.2020 ist das „Gesetz zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union“ vom 23. Oktober 2020 im Bundesgesetzblatt verkündet worden; es trat am Folgetag in Kraft. Damit wird vor allem das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz an die neuen EU-Vorgaben aus dem Jahr 2018 angepasst. Die wesentlichen Änderungen für Unternehmen werden nachfolgend aufgelistet.
Die Grundstruktur des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und die Zählweise der Paragraphen wird beibehalten. Einige zusätzliche Paragraphen entstehen, weil bisherige Paragraphen thematisch nun auf zwei Paragraphen aufgeteilt werden, z. B. statt § 9 nun § 9 und § 9a.
In § 2 (Geltungsbereich) wird eine neue Ausnahme formuliert für Stoffe, die zur Verwendung als Einzelfuttermittel bestimmt sind.
In § 3 werden Begriffsbestimmungen aufgenommen für Bau- und Abbruchabfälle und für Siedlungsabfälle im Hinblick auf die in § 14 von der EU vorgegebenen Verwertungsquoten. Diese neuen Definitionen sind deshalb ebenfalls von der EU übernommen und weichen von den (unverändert geltenden) Begriffsbestimmungen in der deutschen Gewerbeabfallverordnung leicht ab.
Beim Begriff der Nahrungsmittel- und Küchenabfälle (im Rahmen der Definition von Bioabfällen) wird nun auch die Herkunft aus Kantinen, Büros und dem Großhandel ausdrücklich genannt.
Neu definiert werden Lebensmittelabfälle sowie Rezyklate, letztere wie folgt: „Rezyklate im Sinne dieses Gesetzes sind sekundäre Rohstoffe, die durch die Verwertung von Abfällen gewonnen worden sind oder bei der Beseitigung von Abfällen anfallen und für die Herstellung von Erzeugnissen geeignet sind.“
Die Begriffe „Verwertung“ und „Recycling“ werden wie bisher definiert; zusätzlich aufgenommen werden Definitionen für „stoffliche Verwertung“ und „Verfüllung“, die bisher ein Stück weit in § 14 Abs. 3 „versteckt“ waren. „Stoffliche Verwertung“ gilt als Oberbegriff u. a. für eine Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die Verfüllung. Als Verfüllung gelten jedoch nur Rekultivierungs- und bautechnische Maßnahmen, die auf die unbedingt erforderliche Menge beschränkt werden.
In § 5 Abs. 2 wird die Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung zum Ende der Abfalleigenschaft bestimmter Abfälle deutlich umfangreicher formuliert als bisher. Angesprochen werden Abfälle, Behandlungsverfahren, Qualitätskriterien, Managementsysteme, Eigen- und Fremdüberwachung bis hin zu Konformitätserklärungen. Derzeit gibt es derartige Verordnungen nur auf EU-Ebene und nicht zusätzlich auch auf Bundesebene, d.h. die Thematik ist in der Praxis kaum von Bedeutung. Daran dürfte sich angesichts der nun „höheren Messlatte“ wohl kaum etwas ändern.
Nach § 7 wird folgender § 7a (Chemikalien- und Produktrecht) eingefügt:
  • Abs. 1: “Natürliche oder juristische Personen, die Stoffe und Gegenstände, deren Abfalleigenschaft beendet ist, erstmals verwenden oder erstmals in Verkehr bringen, haben dafür zu sorgen, dass diese Stoffe oder Gegenstände den geltenden Anforderungen des Chemikalien- und Produktrechts genügen.”
  • Abs. 2: “Bevor für Stoffe und Gegenstände die in Absatz 1 genannten Rechtsvorschriften zur Anwendung kommen, muss ihre Abfalleigenschaft gemäß den Anforderungen nach § 5 Absatz 1 beendet sein.“
Beide Absätze stellen eigentlich nur Klarstellungen des bisher schon Geltenden dar; dennoch wurde Absatz 1 vom Bundesrat kritisiert, weil er durch die Abfallbehörden de facto nicht ausreichend überwacht werden kann.
Der bisher aus zwei Absätzen bestehende § 9 („Getrennthalten von Abfällen zur Verwertung; Vermischungsverbot“) wird wesentlich ausführlicher formuliert und dazu auf zwei Paragraphen (§ 9 und § 9a) verteilt:
  • Im neuen § 9 (Getrennte Sammlung und Behandlung von Abfällen zur Verwertung) wird verdeutlicht, dass bei der Behandlung gefährliche Stoffe entfernt werden sollen und dass zur stofflichen Verwertung getrennt gesammelte Abfälle möglichst nicht stattdessen nur energetisch verwertet werden sollen. Außerdem wird detaillierter aufgelistet, wann die Getrenntsammlungspflicht entfällt (unverhältnismäßig höhere Kosten, technische Möglichkeiten etc.)
  • Der neue § 9a (Vermischungsverbot und Behandlung gefährlicher Abfälle) entspricht dem bisherigen § 9 Abs. 2, ergänzt um Klarstellungen und Zuständigkeiten bei vorausgegangener unzulässiger Vermischung. Verstöße gegen diesen § 9a werden in § 69 (Bußgeldvorschriften) in die Liste der bußgeldbewehrten Ordnungswidrigkeiten aufgenommen.
§ 14 enthält zeitlich gestaffelte Quoten für die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling von Siedlungsabfällen, die bezogen auf ganz Deutschland mindestens erreicht werden sollen. Die Quote steigt von min. 50 % ab 2020 in drei 5-Jahres-Schritten bis auf min. 65 % im Jahr 2035. Sie erscheint damit zunächst niedriger als bisher gefordert und erreicht, aber bezieht sich nun auf die neuen EU-Definitionen, wonach der Output (anstelle des Inputs) von Verwertungsanlagen gemessen wird.
§ 18 (Anzeigeverfahren für Sammlungen) regelt seit 2012 die Sammlungen z. B. durch die private Entsorgungswirtschaft in Form von Straßensammlungen oder Altkleidercontainern etc. Hier wird ein – sehr umstrittener – neuer Absatz 8 wie folgt ergänzt: „Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.“ De facto bedeutet dies ein Klagerecht gegen einen privaten Sammler, wobei derartige Aktivitäten durch den starken Rückgang der Erlöse z. B. für Altpapier und Alttextilien aktuell an Bedeutung verloren haben.
In § 20 (Pflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger) werden neben den weiterhin geltenden sonstigen Entsorgungspflichten nun auch die bisher in § 11 und § 14 enthaltenen Getrenntsammlungspflichten aufgelistet und um Hinweise ergänzt. Neben Bioabfällen, Kunststoff, Metall, Papier und Glas werden neu nun auch Textilabfälle (ab dem Jahr 2025), Sperrmüll und gefährliche Abfälle genannt.
§ 21 (Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen) richtet sich wie bisher nicht an Unternehmen, sondern an öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, die künftig verstärkt auch ihre Abfallvermeidungs- und Getrenntsammlungs-Maßnahmen darstellen sollen.
[Unverändert bleibt der für Unternehmen besonders wichtige § 22 (Beauftragung Dritter), der die Sorgfaltspflicht der Abfallerzeuger bzw. deren Verantwortung für die korrekte Entsorgung ihrer Abfälle verdeutlicht].
Komplett neu und sehr viel ausführlicher formuliert werden § 23 bis § 25:
  • In § 23 wird ganz allgemein die Produktverantwortung beschrieben, die zunächst nur abstrakt für jeden und für alle Unternehmen gilt, die Erzeugnisse entwickeln, herstellen, bearbeiten, verarbeiten oder vertreiben.
  • Zu deren Konkretisierung („Festlegung von Anforderungen nach § 23“) enthalten sowohl § 24 als auch § 25 jeweils lange Auflistungen von Verordnungsermächtigungen:
  • § 24 beinhaltet die Ankündigung von „Anforderungen an Verbote, Beschränkungen, Kennzeichnungen, Beratung, Information und Obhutspflicht“. Inhaltlich wird es jeweils um das Inverkehrbringen von Erzeugnissen gehen, Adressaten werden insoweit primär Hersteller und Importeure sein.
  • § 25 bildet künftig die Grundlage für „Anforderungen an Rücknahme- und Rückgabepflichten, die Wiederverwendung, die Verwertung und die Beseitigung der nach Gebrauch der Erzeugnisse entstandenen Abfälle, Kostenbeteiligungen für die Reinigung der Umwelt; Obhutspflicht“. Absatz 1 listet mögliche künftige Pflichten von Herstellern und Vertreibern auf; Absatz 2 ist Grundlage für mögliche Pflichten sowohl der Erzeuger und Besitzer von Abfällen als auch der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger.
Die besagten drei Paragraphen bildeten bisher schon die Rechtsgrundlage für diverse Detail-Regelungen, z. B. das Verpackungsgesetz, das Batteriegesetz, das Elektro- und Elektronikgerätegesetz, die Altölverordnung usw. Sie werden jedoch in den nächsten Jahren zu etlichen zusätzlichen Rechtsverordnungen führen. Vorgesehen ist z. B. eine „Transparenzverordnung“, mit der die Vernichtung von retournierter Ware im Versandhandel minimiert werden soll und eine Einwegkunststoffverbotsverordnung, die das Inverkehrbringen bestimmter Einwegkunststoffprodukte ab Juli 2021 verbieten wird. Weitere Vorgaben sind zu erwarten, auch infolge entsprechender Ziele auf EU-Ebene. Beispielsweise ist vorgesehen, dass Hersteller von bestimmten Einwegkunststoffen und von Zigaretten sich an den Reinigungskosten beteiligen müssen, die den Kommunen diesbezüglich entstehen.
Der bisherige § 26 (Freiwillige Rücknahme) wird auf zwei neu formulierte Paragraphen (§ 26 und § 26a) verteilt:
  • Der neue § 26 (Freiwillige Rücknahme, Wahrnehmung der Produktverantwortung) betrifft wie bisher die freiwillige Rücknahme gefährlicher Abfälle, aber zusätzlich nun auch die freiwillige Rücknahme nicht gefährlicher Abfälle (z. B. Annahme von Alttextilien).
    Außerdem wird hierbei unterschieden, ob die zurückgenommenen Abfälle von Erzeugnissen stammen, die vom Hersteller oder Vertreiber selbst hergestellt oder vertrieben wurden (Abs. 3) oder ob sie vom Hersteller und Vertreiber nicht selbst hergestellt oder vertrieben wurden (Abs. 4).
    In beiden Fällen wird gefordert, dass die Rücknahme und Verwertung der Abfälle insgesamt mindestens so hochwertig erfolgen muss wie die Rücknahme und Verwertung, die von dem zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, den von ihm beauftragten Dritten oder einer gemeinnützigen oder gewerblichen Sammlung im Entsorgungsgebiet angeboten wird.
    Im Fall von Absatz 4 werden einige zusätzliche Anforderungen gestellt (Beschränkung auf nicht gefährliche Abfälle; Erzeugnisse derselben Gattung oder Produktart; enger Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Herstellers oder Vertreibers, Mengenverhältnis zur selbst hergestellten oder vertriebenen Menge; Rücknahme und Verwertung mindestens für einen Zeitraum von drei Jahren sicherstellen).
  • Im neuen § 26a (Freistellung von Nachweispflichten bei freiwilliger Rücknahme gefährlicher Abfälle) werden die bisherigen Absätze 3 bis 5 aus dem alten § 26 inhaltlich beibehalten. Eine Freistellung von den Nachweispflichten kann also weiterhin beantragt und soll dann erteilt werden.
Viel detaillierter als bisher sind im ergänzten § 33 (Abfallvermeidungsprogramme) die Vorgaben an den Bund und die Länder, welche Themen im Programm zu betrachten sind. Neu erwähnt werden u.a. kritische Rohstoffe, die Meeresverschmutzung und das UN-Ziel der Halbierung der Lebensmittel-Abfälle.
§ 45 (Pflichten der öffentlichen Hand) enthielt bisher eine „Prüfpflicht“, ob bei öffentlichen Aufträgen, Beschaffungen etc. „umweltfreundlichen“ Produkten der Vorzug gegeben werden kann. Diese wird nun ersetzt durch eine Vorgabe an die Verpflichteten, diesen Produkten „den Vorzug zu geben“, was dann allerdings gleich wieder relativiert wird (keine unzumutbaren Mehrkosten, ausreichender Wettbewerb etc.).
Etwas konkretisiert werden in § 46 (Abfallberatungspflicht) die Hinweispflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sowie der Kammer-Organisationen, vor allem zur Abfallvermeidung, zu Einrichtungen zur Wiederverwendung, zur getrennten Sammlung und zu ggf. geltenden Rücknahmepflichten.
In § 49 (Registerpflichten) werden speziell für Abfallentsorger die Registerpflichten etwas ausgeweitet bzw. konkretisiert.
Die neue Anlage 5 zum Gesetz enthält „Beispiele für wirtschaftliche Instrumente und andere Maßnahmen zur Schaffung von Anreizen für die Anwendung der Abfallhierarchie“, die sich jedoch nicht direkt an Unternehmen wenden.

Artikel 2 bis 6 des Artikelgesetzes

Artikel 2 beinhaltet einige wenige Klarstellungen im Elektro- und Elektronikgerätegesetz.
Mit Artikel 3 werden die neuen Verwertungsquoten aus der EU-Verpackungsrichtlinie ins deutsche Verpackungsgesetz übernommen. Gestrichen wird bei dessen Begriffsbestimmungen in § 3 die 95-%-Regelung bei Verbundverpackungen; bei der Quotenberechnung gemäß § 16 kann sie jedoch weiterhin herangezogen werden.
Mit Artikel 4 wird ins Chemikaliengesetz ein neuer – sehr umstrittener - § 16 f aufgenommen. Er betrifft alle Unternehmen in den Lieferketten, die über Informationen zu SVHC-Stoffen verfügen (SVHC = „substances of very high concern“ gemäß Artikel 33 der REACH-Verordnung). Diese Informationen, aber auch weitere Details, müssten in eine neue „SCIP-Datenbank“ der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingetragen werden bzw. der ECHA „zur Verfügung gestellt werden“. Details hierzu werden laut § 16 f Abs. 2 jedoch erst noch durch eine deutsche Rechtsverordnung festgelegt.
Artikel 5 enthält die geringfügigen Folgeanpassungen im Strahlenschutzgesetz, in der Gewerbeabfallverordnung, der Altfahrzeugverordnung, der POP-Abfall-Überwachungsverordnung und der Nachweisverordnung. Dort wird auch ein neuer Absatz 8 in § 24 angefügt, der die o.g. zusätzliche Registerpflicht der Abfallentsorger konkretisiert. Außerdem werden veraltete Vorgaben zu Übernahmescheinen (d.h. das „Durchschreibverfahren“ sowie die Farb-Festlegungen weiß und gelb) gestrichen.