Regeln für produktakzessorische Versicherungsvermittler

Benötigen Sie eine Erlaubnis, wenn Sie zusätzlich zu Ihrer Haupttätigkeit Versicherungen vermitteln möchten?

Sie möchten ergänzend zu Ihrer Haupttätigkeit Versicherungen vermitteln?

Im Zuge der Umsetzung der Versicherungsvermittlerrichtlinie in nationales Recht wurde das zuvor frei zugängliche Gewerbe des Versicherungsvermittlers als erlaubnispflichtige Tätigkeit gemäß § 34d Abs.1 der Gewerbeordnung (GewO) ausgestaltet. Zudem besteht eine Registrierungspflicht in einem zentralen Register. Bestimmte Versicherungsvermittler können sich auf Antrag von der Erlaubnispflicht befreien lassen. Diese Personen lassen sich in der Gruppe der so genannten produktakzessorischen Versicherungsvermittler zusammenfassen.

Wer kann sich von der Erlaubnispflicht befreien lassen?

Versicherungsvermittler, die Versicherungen als Ergänzung der im Rahmen ihrer Haupttätigkeit angebotenen Waren oder Dienstleistungen vermitteln, haben bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Erlaubnispflicht befreien zu lassen. Entscheidend ist insbesondere eine direkte Verbindung des Versicherungsprodukts zu der Haupttätigkeit, beispielsweise gilt bei einem Autohaus, das ein Fahrzeug verkauft, eine Kfz-Versicherung als produktakzessorisch.

Unter welchen Voraussetzungen wird die Erlaubnisbefreiung erteilt?

Bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen kann die zuständige IHK von der Erlaubnispflicht befreien:
a) Der Versicherungsvermittler stellt einen schriftlichen Antrag auf Befreiung. Hier finden Sie die Formulare zum Erlaubnisbefreiungsverfahren.
b) Die Vermittlung von Versicherungen dient als Ergänzung der im Rahmen der jeweiligen Haupttätigkeit gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen (= Akzessorietät).
c) Die Versicherungsvermittlung erfolgt unmittelbar im Auftrag eines oder mehrerer Versicherungsvermittler mit Erlaubnis nach § 34d Abs.1 GewO oder eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen.
d) Nachweis einer geeigneten Berufshaftpflichtversicherung (siehe dazu Punkt 6).
e) Schriftliche Erklärung des/der Auftraggeber(s), dass der Gewerbetreibende zuverlässig ist, nicht in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt und über eine angemessene Qualifikation im Bereich Versicherungsvermittlung verfügt (siehe dazu Punkt 7).

Wann sind Sie ein produktakzessorischer Versicherungsvermittler?

Das Merkmal der Produktakzessorietät ist nach dem Willen des Gesetzgebers eng auszulegen.
Produktakzessorietät ist gegeben bei der im Kfz-Handel üblichen Vermittlung von
  • Haftpflichtversicherungen,
  • Teil-/Vollkaskoversicherungen,
  • Garantie-/Reparaturversicherungen,
  • Verkehrsservice-/Mobilitätsversicherungen,
  • Insassenunfallversicherungen,
  • GAP (= Zusatz zur Kaskoversicherung, der bei einem Totalschaden oder Diebstahl des Leasingobjektes zur Anwendung kommt).
Produktakzessorisch ist auch die Vermittlung von
  • Lebensversicherungen als Sicherheit bei Abschluss von Darlehensverträgen.
Keine Produktakzessorietät hingegen liegt vor
  • bei der Vermittlung einer Hausratversicherung durch ein Kreditinstitut bei Aufnahme eines Hausbaudarlehens oder
  • wenn die Versicherung als zusätzlicher Baustein eines Finanzierungsmodells eingesetzt wird. In diesem Fall hat die Versicherung nur reine Anlagefunktion und sichert kein mit der Hauptleistung (Kfz-Verkauf, Darlehensvermittlung usw.) unmittelbar verbundenes Risiko.

Produktakzessorische Vermittlung im Auftrag eines anderen Versicherungsvermittlers?

Wird die Tätigkeit im Auftrag eines anderen Versicherungsvermittlers durchgeführt, kann eine Erlaubnisbefreiung des produktakzessorischen Versicherungsvermittlers nur dann erfolgen, wenn der auftraggebende Versicherungsvermittler (der so genannte “Obervermittler”) eine Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 der Gewerbeordnung hat. Nicht möglich ist eine Erlaubnisbefreiung, wenn der Obervermittler zum Beispiel als gebundener Versicherungsvertreter oder selbst als produktakzessorischer Versicherungsvermittler registriert ist. Da die Erlaubnisbefreiung erst erteilt werden kann, wenn der “Obervermittler” seine Erlaubnis bereits hat, empfehlen wir eine Abstimmung mit dem auftraggebenden Versicherungsvermittler vor Antragstellung.

Welchen Anforderungen muss die Berufshaftpflichtversicherung genügen?

Haftungsansprüche aus beruflichem Fehlverhalten (= Vermögensschäden aus Vermittlungs- und Beratungstätigkeit) müssen mit Deckungsbeträgen von mindestens 1,23 Millionen Euro pro Versicherungsfall und mindestens 1,85 Millionen. Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres versichert werden. Ansprüche von Versicherungsunternehmen müssen zusätzlich nur dann abgedeckt werden, soweit es sich um Regressansprüche wegen Schädigung Dritter handelt. Die Haftpflichtversicherung muss darüber hinaus unabhängig von einer Auslandstätigkeit des Vermittlers für das gesamte Gebiet der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gelten. Der Nachweis gegenüber der IHK erfolgt durch Vorlage einer Bescheinigung des Versicherungsunternehmens.

Sachkunde erforderlich als produktakzessorischer Vermittler?

Nein. Im Gegensatz zu anderen Versicherungsvertretern und -maklern muss der produktakzessorische Vermittler keine besondere Sachkunde nachweisen und deshalb auch nicht an einer IHK-Sachkundeprüfung teilnehmen.
Der produktakzessorische Vermittler bietet in der Regel wenige Versicherungen an und kann gerade aufgrund seiner Haupttätigkeit die Risiken seiner Produkte einschätzen. Damit kann er auch nach Ansicht des Gesetzgebers die entsprechende Versicherung beurteilen.
Für die angemessenen versicherungsspezifischen Kenntnisse des produktakzessorischen Vermittlers hat der auftraggebende Versicherungsvermittler oder das auftraggebende Versicherungsunternehmen zu sorgen. Ein Wissensstand, wie er für die Sachkundeprüfung vorgeschrieben wird, ist hierbei nicht erforderlich! Ausreichend sind Kenntnisse, die der Komplexität der jeweiligen Versicherung gerecht werden.
Eine präventive Überprüfung durch die zuständige IHK erfolgt nicht.

Wer ist Antragsteller?

Antragsteller kann eine natürliche oder juristische Person (zum Beispiel GmbH, Aktiengesellschaft) sein. Bei Personengesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit (zum Beispiel BGB-Gesellschaft, OHG, KG) ist die Erlaubniserteilung für jeden geschäftsführenden Gesellschafter erforderlich. Die nicht rechtsfähigen Personengesellschaften können im Gegensatz zu den juristischen Personen keine eigene Erlaubnisbefreiung erhalten. Bei der juristischen Person stellt diese selbst, vertreten durch ihre Organe (zum Beispiel der/die Geschäftsführer bei der GmbH), den Antrag auf Erlaubnisbefreiung.

Wo kann man die Erlaubnisbefreiung und Registrierung beantragen?

Zuständig ist in beiden Fällen die Industrie- und Handelskammer am Sitz des Gewerbetreibenden, der in Ergänzung seiner Haupttätigkeit Versicherungen vermittelt. Maßgeblich ist also nicht die Niederlassung des auftraggebenden Versicherungsvermittlers oder Versicherungsunternehmens!

Ist eine Eintragung in mehrere Kategorien möglich?

Nein. Es gibt keine Doppelregistrierung! Ein Versicherungsvermittler, der von den Voraussetzungen her sowohl produktakzessorischer als auch gebundener Vermittler ist, kann sich nicht gleichzeitig als “Versicherungsvertreter mit Erlaubnisbefreiung” und als “gebundener Versicherungsvertreter” registrieren lassen.
Ein produktakzessorischer Versicherungsvermittler kann jedoch, wenn er die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, alternativ zur Registrierung als produktakzessorischer Vermittler als gebundener Versicherungsvertreter oder auch als Versicherungsvermittler mit Erlaubnis ins Register eingetragen werden. Die Entscheidung hierüber trifft der Versicherungsvermittler. Es müssen dazu jedoch die jeweils erforderlichen Nachweise vorgelegt und das entsprechende Verfahren durchlaufen werden. Vergleichen Sie hierzu unsere gesonderten Informationen zu den Erlaubnisverfahren beziehungsweise der Registrierung als gebundener Versicherungsvermittler.
Die so genannten “gebundenen Versicherungsvertreter” arbeiten nur für ein Versicherungsunternehmen beziehungsweise für mehrere, wobei die Versicherungsprodukte nicht in Konkurrenz stehen. Die Erlaubnispflicht entfällt nur, wenn durch das oder die Versicherungsunternehmen die uneingeschränkte Haftung aus der Vermittlertätigkeit übernommen wird. Gebundene Vermittler bedürfen keiner Erlaubnis. Notwendig hingegen ist die Registrierung. Diese erfolgt über das/die Versicherungsunternehmen.

Vermittlung nicht akzessorischer Versicherungsprodukte - Erlaubnisbefreiung trotzdem möglich?

Für die Erlaubnisbefreiung ist erforderlich, dass alle vermittelten Versicherungsprodukte als produktakzessorisch betrachtet werden. Werden darüber hinaus noch weitere, nicht akzessorische Versicherungen angeboten, kann keine Erlaubnisbefreiung erfolgen. In diesen Fällen muss entweder eine Erlaubnis und Registrierung als ungebundener Versicherungsvermittler beantragt werden oder eine Registrierung als gebundener Versicherungsvertreter, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind.

Was passiert ohne Erlaubnisbefreiung und Registrierung?

Seit dem Inkrafttreten der neuen Vorschriften am 22. Mai 2007 darf grundsätzlich nur der Gewerbetreibende Versicherungen vermitteln, der eine Erlaubnis beziehungsweise Erlaubnisbefreiung hat und registriert ist. Die Versicherungsvermittlung ohne diese hoheitlichen Maßnahmen wird seitdem sanktioniert. Derjenige Vermittler, der sich nicht oder nicht rechtzeitig eine Erlaubnis bzw. Erlaubnisbefreiung verschafft und die Registereintragung nicht ordnungsgemäß vornehmen lässt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro und einem Berufsverbot rechnen.