08 | 2023

Wohlbefinden – Probleme nicht totschweigen

Depressionen, Belastungs- und Anpassungsstörungen, chronische Erschöpfung: Psychische Erkrankungen sind häufiger Grund für Fehlzeiten.
Die Leistungsfähigkeit von Künstlicher Intelligenz nimmt in immer kürzeren Abständen zu. Was Unternehmen dazu jetzt wissen müssen. 
Bereits im Jahr 2019, also noch vor Pandemie und Krieg als mögliche Belastungen, ging fast jede zweite Frühberentung auf psychische Erkrankungen zurück. 17,7 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage entfielen auf psychische Diagnosen. Die Betroffenen fallen mittlerweile immer länger aus, im Schnitt 48 Tage. Die Verluste für Unternehmen und Gesellschaft durch Fehlzeiten und vorzeitigen Renteneintritt sind enorm. Mit jedem Frührentner verlieren Betriebe Wissen und Fachexpertise, was in einer Zeit, in der Arbeitskräfte rar werden, für zusätzliche Brisanz sorgt. 
Zwar haben die Arbeitsbelastungen durch physische Faktoren wie intensiver Lärm, Handhabung schwerer Lasten oder ermüdende Körperhaltungen abgenommen, auch dank den Fortschritten im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Psychische Belastungen sind jedoch gestiegen – beispielsweise durch ein fremdbestimmtes Arbeitstempo, enge Zeitvorgaben oder schwindende Grenzen von Alltag und Arbeitszeit. 
Dass das Thema psychische Gesundheit an Relevanz deutlich zunimmt, zeigt eine Arbeitgeber-Studie der Techniker Krankenkasse. 38,5 Prozent der befragten Geschäftsführer, Gesundheitsverantwortlichen und Personaler geben an, dass psychische Belastungen am Arbeitsplatz wie Burnout, Überforderung und Depressionen bereits jetzt eine große Bedeutung in ihren Unternehmen haben. Auf die Frage, welche Rolle psychische Erkrankungen in drei Jahren spielen werden, sagen das sogar 70 Prozent der Befragten.
Die Gesundheit von Beschäftigten in Arbeitsprozessen und Unternehmenskultur fest zu verankern, ist eine große Herausforderung, der sich viele Unternehmen bereits stellen. Zum Beispiel Roche. In einem Pilotprojekt am Standort in Mannheim bildet das Diagnostik- und Pharmaunternehmen Mitarbeiter zu mentalen Ersthelfern aus. Ziel ist unter anderem das Tabu, das nach wie vor mit psychischen Erkrankungen verbunden ist, zu brechen. Weil aber auch Klein- und Kleinstunternehmen, die über kein unternehmensinternes Gesundheitsmanagement verfügen, gesunde Mitarbeiter brauchen, hat die Mannheimer Expedition gesundes Unternehmen GbR Boxen entwickelt, die jeder auf den Tisch bekommt und so dem Thema nicht entkommen kann.  
Dass es Menschen gibt, die nicht aufhören können zu arbeiten, weiß die Professorin Ute Rademacher. Arbeit ist dann der “Kick”, den sie brauchen, um sich nicht leer zu führen. Ein ebenfalls noch unterbeleuchteter Aspekt vor dem Hintergrund belastender Situationen am Arbeitsplatz ist der Umgang mit dem Tod eines Kollegen oder der eines Angehörigen eines Mitarbeiters. Dies kann schnell zum betrieblichen Risiko werden, warnt Stefan Hund und hat deshalb ein unternehmensspezifisches Trauermanagement entwickelt. Am Ende sind es oft die kleinen Dinge, die helfen, den Kopf wieder freizubekommen, wie die Heidelberger Unternehmerin Angelika Marlene Löffler weiß.  
 
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