03 | 2023

Heidelberg – Licht und Schatten

Die Stadt am Neckar belegt in Rankings oft Spitzenplätze. Doch beim Einzelhandel gibt es noch viel Luft nach oben.
Die Heidelberger Erfolgskurve scheint weiter steil nach oben zu zeigen. Beim Städteranking 2022 der WirtschaftsWoche schaffte es die Neckarmetropole unter die drei zukunftsfähigsten Städte des Landes. Auch bei der Studie “Vitale Innenstadt” konnte die Neckarstadt punkten: Laut Institut für Handelsforschung (IFH) schaffte Heidelberg eine glatte Zwei. Die Kommune liegt so vor ähnlich großen Städten (Durchschnitt 2,3). 
Heidelbergs Innenstadt punktet laut Studie bei den Passanten vor allem mit Ambiente, Aufenthaltsqualität sowie einem ausgewogenen Einzelhandelsangebot. Die Altstadt zählt laut IFH zu den lebendigsten und attraktivsten Zentren Deutschlands. Das Bild der Innenstadt ist durchweg positiv. Es ist viel im Umbruch. Dank einiger Neuansiedlungen gibt es wenig Leerstand, auch wenn die Kunden sicher den ein oder anderen leeren Laden sehen. “Meist ist dieser aber schon wieder vermietet oder Händler ziehen einfach in eine passendere Immobilie wie aktuell Douglas“, erklärt Susanne Schaffner. Die Vorsitzende des Citymarketingvereins Pro Heidelberg betreibt als Geschäftsführerin Tee Gschwendner in der Hauptstraße. 
Also alles palletti in der Heidelberger Innenstadt? IHK-Präsident Manfred Schnabel gibt mit Blick auf die die IFH-Umfrageergebnisse zu bedenken: “Dank guter Zusammenarbeit aller Beteiligten ist es über Corona hinweg gelungen, die Innenstadt am Leben zu halten. Doch auch wenn die Pandemie vorbei ist, kämpfen Betriebe um ihre Existenz. Geschwächt durch die staatlicherseits angeordneten Schließungen tragen sie schwer an der Inflation und an hohen Energiepreisen”. 
Ziel müsse es aus IHK-Sicht nun sein, möglichst allen Unternehmen durch diese Krise zu helfen, in dem die Heidelberger Innenstadtwirtschaft gestärkt werde. Beiträge hierfür wären, so Schnabel weiter, Entlastungen für Betriebe und eine Infrastruktur, die es den verschiedenen Kundengruppen unabhängig von ihrem Mobilitätsverhalten ermöglicht, die City gut zu erreichen können.
Stadt und Verwaltung planen, die Innenstadt Richtung Bahnhof auszudehnen. Es soll eine Achse von der Altstadt über Bergheim bis hin zum Hauptbahnhof entstehen. “Wir werden das bereits vorhandene Angebot nicht verdrängen, sondern mit neuen Nutzungen ergänzen. So ist eine Ansiedelung von großflächigerem Einzelhandel und Premiumfilialisten in der Altstadt aus Platzgründen meist nicht möglich – in der neuen Innenstadt jedoch schon”, erklärt Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner. Rund fünf Millionen Euro Fördergelder sollen dafür aufgewendet werden. 1,25 Millionen kommen dabei aus der Stadt selbst, weitere 3,75 Millionen Euro aus dem Bundesprogramm “Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren.” Die Stadt will über einen Fördertopf zudem Bürger, Initiativen, Vereine, Unternehmen und Einrichtungen unterstützen, die eigenverantwortlich Projekte in der neuen Innenstadt realisieren wollen. Für jeden Euro, den die Initiatoren für ihr Projekt einbringen, stellt die Stadt den gleichen Betrag als Förderung in Aussicht.
IHK-Geschäftsführer Andreas Kempff:
Es gibt Sorge, dass die Heidelberger Innenstadt zerfasert und sich rund um den Bahnhof ein zweiter Stadtkern entwickelt.
Pläne, die IHK-Geschäftsführer Andreas Kempff, durchaus kritisch sieht: “Es gibt die Sorge, dass die Innenstadt zerfasert und sich rund um den Bahnhof ein zweiter Stadtkern entwickelt und die Kaufkraft sich dorthin verlagert. Man muss sich auch die Frage stellen, ob die Kaufkraft für solch eine große Achse überhaupt ausreicht oder muss es gerade nach der Pandemie nicht darum gehen die kritische Masse zusammenzuhalten.” Schließlich gelingt es laut IHK-Analyse Heidelberg nicht, die vor Ort vorhandene Kaufkraft zu binden. Diese sogenannte Kaufkraftbindungsquote verharrt mit 96 Prozent das zweite Jahr in Folge unter 100 Prozent. Das ist für eine Stadt dieser Größe mehr als ungewöhnlich.
Auch Susanne Schaffner ist von den Plänen nicht vollständig überzeugt: “Ich glaube nicht, dass das langfristig funktionieren wird. Wenn man jetzt Probleme hat, Marken anzusiedeln, wird das nicht gelingen, wenn man weiter rausgeht.” Schaffner war bei der Erstellung des Konzepts dabei, räumt allerdings ein, dass sie die einzige Händlerin im Gremium war. 
Der Blick auf die Zukunft der Heidelberger ist also nicht sorgenfrei. Die Einzelhändlerin Schaffner zeigt sich zuversichtlich. “Wenn der Menglerbau (Anm. Red.: Das Carré) umgebaut wird, würde das die Innenstadt sicher aufwerten. Auch die Eröffnung des Kongresszentrums ist eine super Chance für den Handel, weil die Leute sicher auch in die Altstadt kommen und etwas Abwechslung möchten.”

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