06 |2023

"Mehr Gießkanne!"

Neustart vermasselt: In der ersten Kabinettssitzung nach der Sommerpause hat Familienministerin Lisa Paus ein Veto gegen das Wachstumschancengesetz ihres Kollegen Christian Lindner eingelegt. Die Hoffnungen auf ein effektiveres Arbeiten der Ampelkoalition sind damit verflogen. Dabei wäre das dringend notwendig: Der IWF prognostiziert, dass Deutschland als einzige große Volkswirtschaft in diesem Jahr schrumpfen wird. Grund hierfür ist eine ganze Reihe von strukturellen Problemen (siehe Standpunkt in der IHK-Magazin Ausgabe 05/2023).
“Wachstumschancen” sind daher in der Tat das, was wir jetzt brauchen. Das Gesetz enthält richtige Ansätze, greift aber zu kurz. Das eigentliche Problem: Wirtschafts-, Fiskal- und Geldpolitik wirken im Zusammenspiel wie ein Autofahrer, der gleichzeitig Gas gibt und auf die Bremse tritt. So verhindert die Zinspolitik auf der einen Seite Investitionen. Auf der anderen Seite soll die so bewusst abgekühlte Investitionsbereitschaft durch schuldenfinanzierte Konjunkturprogramm wieder befördert werden. Zielgerichtet wäre eine Angebotspolitik, die in der Breite dazu beiträgt, dass Engpässe beseitigt werden. Das würde entscheidend dazu beitragen, die Inflation zu bekämpfen.
Wir brauchen Entlastung in der Breite und keine Subventionen für einzelne ausgesuchte Unternehmen!
Auch sonst lässt die Bundesregierung nicht erkennen, dass sie eigentlich weiß, wie es um die Unternehmen steht: Unser Bundeskanzler träumt vom grünen Wirtschaftswunder, der Wirtschaftsminister will einige wenige Unternehmen mit einem Industriestrompreis beglücken und in einzelne Chipfabriken fließen Milliarden. Diese staatlich bezuschussten Investitionen nimmt die Politik dann als Beleg für die Attraktivität des Standorts. Und übersieht dabei, dass der Saldo der Direktinvestitionen im vergangenen Jahr bei minus 125 Milliarden Euro lag! Die Großen investieren eher im Ausland, viele an den Standort gebundenen Betriebe indes haben zu kämpfen.
Diese Realität scheint im politischen Berlin nicht angekommen. Wir brauchen daher Entlastung in der Breite und keine Subventionen für einzelne ausgesuchte Unternehmen! Ja, wir brauchen eine „Politik mit der Gießkanne“: Eine Politik, von der alle Unternehmen profitieren. Das heißt nicht Geld für alle, sondern weniger und bessere Regulatorik für alle. Auf Mikromanagement könnte die Bundesregierung dann verzichten.

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