03 | 2022

EU-Taxonomie - Green Finance statt Greenwashing

Die EU will mit ihrem Green Deal auch den Finanzsektor nachhaltiger und klimafreundlicher gestalten. Im Zentrum des Vorhabens steht die Taxonomieverordnung. 
Viele Unternehmen werden durch die Bank aufgefordert, einen Bericht über die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsprozesse vorzulegen. Das große Problem dahinter: Nur wenige Betriebe sind gut vorbereitet und in der Lage, alle Fragen des Kreditinstituts sofort zu beantworten. Wie kommt es zu dieser Anfrage? Die EU-Kommission plant für ihren Green Deal, Investitionen in nachhaltige Technologien und Unternehmen zu lenken und so den Übergang in eine klimaresistente und kreislauforientierte Wirtschaft zu realisieren. In diesem Sinne will die EU mit der sogenannten Taxonomie ein allgemein gültiges Klassifizierungssystem für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten schaffen. Die Ziele sind klar: Keine Chance für Greenwashing “grüne Verblendung” umweltschädlicher Praktiken) und eine verlässliche Orientierung für ethisch-nachhaltige Investments.
Doch wann operiert ein Unternehmen nachhaltig? Die EU-Taxonomie definiert jene wirtschaftlichen Tätigkeiten als nachhaltig, die zu einem der folgenden Umweltziele direkt oder indirekt erheblich beitragen, ohne einem oder mehreren der anderen Ziele zu schaden: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung, Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen.
Und was ist zu tun? Die Taxonomie-Verordnung schreibt zusammen mit der EU-Offenlegungs-Verordnung, der Bilanzrichtlinie und der Corporate-Sustainability-Reporting-Richtlinie für alle kapitalmarktorientierten Unternehmen der Realwirtschaft sowie für Kreditinstitute, Fonds und Versicherungsunternehmen umfangreiche Offenlegungspflichten fest, sofern sie mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen. In einem neuen Entwurf der EU ist sogar von mehr als 250 Arbeitnehmern die Rede. Diese Unternehmen müssen ab dem 1. Januar 2022 in einem Lagebericht erklären, inwiefern ihre “ökologisch nachhaltigen Geschäftstätigkeiten” oder Finanzprodukte den Taxonomie-Kriterien entsprechen.
Indirekt betroffen könnten jedoch auch kleinere Zulieferer mit weniger als 500 bzw. 250 Arbeitnehmern sein, denn die Berichtspflichten werden wohl in der Lieferkette “nach vorn” weitergegeben. Darüber hinaus werden auch Kreditinstitute und Versicherungen ihre Kundenbeziehungen prüfen, entsprechende Berichte anfordern und gegebenenfalls die Konditionen anpassen müssen.
Für die Unternehmen aller Branchen und Größenklassen bringt die Taxonomie somit mehr Verwaltungsaufwand. Ebenso können sich potenziell höhere Kreditkosten und sogar die Gefahr der Kreditverweigerung ergeben, wenn die Banken bei den betreffenden Unternehmen Klimarisiken identifizieren. Hinzu treten Unklarheiten bei der Ausgestaltung der EU-Verordnungen, die voraussichtlich erst in den nächsten Jahren behoben werden. Und grundsätzlich könnte die Fokussierung auf “Sustainable Finance” dazu beitragen, dass Investitionen in andere zukunftsträchtige Sektoren unterbleiben und der CO2-Handel behindert wird. Diesen Nachteilen stehen unternehmerische Chancen gegenüber, bei einer guten Vorbereitung neue Kunden zu gewinnen und bessere Konditionen bei der Finanzierung zu erzielen.
Deshalb ist es wichtig, dass sich alle Unternehmen, auch KMU, möglichst frühzeitig mit der eigenen Klima- und Umweltbilanz auseinandersetzen und diese mittelfristig verbessern. In einem ersten Schritt gilt es, Informationen zu sammeln. Diese Unterlagen lassen sich in einem ESG-Nachhaltigkeitsbericht zusammenführen. Noch existieren für diese Berichte keine verbindlichen Standards und keine externen Prüfungspflichten. Es empfiehlt sich jedoch, strategisch relevante Punkte klar darzulegen, mit passenden Kennzahlen zu illustrieren und in ihrer zeitlichen Entwicklung transparent zu machen. Gerade KMU können so jene Themenbereiche präsentieren, in denen sie besondere Fortschritte vorweisen.